Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Warnung vor geschlossenen Fonds
Die Südwest-Verbraucherzentrale rät von der immer beliebter werdenden Anlageform ab
STUTTGART - Geschlossene Fonds erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Per Ende 2019 steckten die Deutschen den Rekordwert von 26,8 Milliarden Euro in diese Anlageart – und das mit stark steigender Tendenz. Im Gegensatz zum offenen wird beim geschlossenen Fonds nur zu Beginn eine bestimmte Geldsumme durch den Verkauf von Anteilen eingesammelt. Dieses Geld dient dann dem Aufbau eines ganz bestimmten Projekts, etwa der Finanzierung eines Bürogebäudes, eines Containerschiffes oder eines Einkaufszentrums. Sobald innerhalb eines Platzierungszeitraums genügend Geld eingesammelt wurde, macht der Fonds dicht, sodass nicht weiter in das Projekt investiert werden kann. Um möglichst sicherzustellen, dass ausreichend Anleger ihr Geld investieren, wird der Vertrieb regelmäßig auf einen Vertriebspartner übertragen. Und dieser Vertriebspartner kann durchaus eine Filialbank sein, die dann versuchen wird, ihren Privatkunden Anteile an einem solchen geschlossenen Fonds schmackhaft zu machen. Die Neutralität der Filialbank kann in einem solchen Fall getrost angezweifelt werden, kassiert sie doch in der Regel ein „Agio“, also einen Aufschlag auf den Anlagebetrag von nicht selten fünf Prozent. Und auch das restliche Geld werde keineswegs vollständig investiert, heißt es bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Vielmehr können sich im Fondsprospekt versteckt Hinweise finden, dass Treuhänder, Steuerberater, Initiatoren und Kreditvermittler weitere hohe Beträge, zum Teil sogar fortlaufend, aus der Fondsanlage ziehen. „Die Entgelte, welche Anleger zu bezahlen haben, sind sicher, während die Renditeversprechen der Initiatoren nur vage Prognosen sind“, sagt dazu Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale. Je stärker die Initiatoren in den Topf der Anlegergelder greifen, desto schwieriger wird es in der Folge sein, diese Lücken am Markt durch Gewinne zu schließen. „Die Stiftung Warentest hat längst belegt, dass Anleger von geschlossenen Fonds meist keine dem Risiko angemessene Renditen erhalten haben, sondern oft sogar nur Verluste haben hinnehmen müssen“, erläutert Nauhauser.
Der wirtschaftliche Erfolg von geschlossenen Fonds hängt stark davon ab, wie erfolgreich das Investitionsobjekt vermietet werden kann. Auf jeden Fall sollte man hier der Sicherheit der gern als Verkaufsargument gepriesenen „Mietgarantien“mit Skepsis begegnen. Dahinter können laut Verbraucherzentrale
auch kapitalschwache Firmen stehen, die allenfalls für wenige Jahre eine bestimmte Mieteinnahme gewährleisten können. Aber selbst wenn in der Planungsphase langfristige Mietverträge mit bekannten, soliden Firmen geschlossen werden, birgt die Anlage noch erhebliche Risiken. Und sollte der Anlageberater mit Steuervorteilen argumentieren, sollte man sich diese genau vorrechnen lassen, beziehungsweise vom eigenen Steuerberater gegenchecken lassen.
Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds oder passiv aufgesetzten ETFs (Exchange Traded Funds) sind geschlossene Fonds nicht an der Börse notiert, können also wesentlich schlechter wieder zu Geld gemacht werden. Im Gegenteil, Anteilseigner verpflichten sich mit der Zeichnung, ihr Geld auf eine bestimmte Zeit, fünf, zehn oder gar 20 Jahre, zunächst im Fonds zu belassen. Zwar gibt es an der Börse Hamburg einen Zweitmarkt
für geschlossene Fonds, dennoch ist es zweifelhaft, ob man dort einen adäquaten Preis für den Wiederverkauf erzielen kann. Oft ist ein Ausstieg aus dem Vertrag ohnehin oft erst nach 15 oder 20 Jahren möglich. Und auch dann wird nicht das eingesetzte Kapital, sondern nur der aktuelle Wert der Beteiligung ersetzt. Dieser fällt meist deutlich niedriger aus als das eingesetzte Kapital, weil gerade in der Anfangsphase langlaufender Fonds überwiegend Verluste produziert werden. Ob der Rückzahlungsbetrag einen fairen Wert darstellt, können Privatanleger zudem schwer überprüfen.
Bei geschlossenen Fonds ist also erhöhte Vorsicht geboten. Die Beteiligung ist mit erheblichen finanziellen Risiken bis hin zum Totalverlust und, wenn diese überdies noch mit Krediten erworben werden, mit einer existenzgefährdenden Verschuldung verbunden. „Wir raten generell davon ab“, resümiert Nauhauser.