Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Warnung vor geschlosse­nen Fonds

Die Südwest-Verbrauche­rzentrale rät von der immer beliebter werdenden Anlageform ab

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Geschlosse­ne Fonds erfreuen sich zunehmende­r Beliebthei­t. Per Ende 2019 steckten die Deutschen den Rekordwert von 26,8 Milliarden Euro in diese Anlageart – und das mit stark steigender Tendenz. Im Gegensatz zum offenen wird beim geschlosse­nen Fonds nur zu Beginn eine bestimmte Geldsumme durch den Verkauf von Anteilen eingesamme­lt. Dieses Geld dient dann dem Aufbau eines ganz bestimmten Projekts, etwa der Finanzieru­ng eines Bürogebäud­es, eines Containers­chiffes oder eines Einkaufsze­ntrums. Sobald innerhalb eines Platzierun­gszeitraum­s genügend Geld eingesamme­lt wurde, macht der Fonds dicht, sodass nicht weiter in das Projekt investiert werden kann. Um möglichst sicherzust­ellen, dass ausreichen­d Anleger ihr Geld investiere­n, wird der Vertrieb regelmäßig auf einen Vertriebsp­artner übertragen. Und dieser Vertriebsp­artner kann durchaus eine Filialbank sein, die dann versuchen wird, ihren Privatkund­en Anteile an einem solchen geschlosse­nen Fonds schmackhaf­t zu machen. Die Neutralitä­t der Filialbank kann in einem solchen Fall getrost angezweife­lt werden, kassiert sie doch in der Regel ein „Agio“, also einen Aufschlag auf den Anlagebetr­ag von nicht selten fünf Prozent. Und auch das restliche Geld werde keineswegs vollständi­g investiert, heißt es bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Vielmehr können sich im Fondsprosp­ekt versteckt Hinweise finden, dass Treuhänder, Steuerbera­ter, Initiatore­n und Kreditverm­ittler weitere hohe Beträge, zum Teil sogar fortlaufen­d, aus der Fondsanlag­e ziehen. „Die Entgelte, welche Anleger zu bezahlen haben, sind sicher, während die Renditever­sprechen der Initiatore­n nur vage Prognosen sind“, sagt dazu Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale. Je stärker die Initiatore­n in den Topf der Anlegergel­der greifen, desto schwierige­r wird es in der Folge sein, diese Lücken am Markt durch Gewinne zu schließen. „Die Stiftung Warentest hat längst belegt, dass Anleger von geschlosse­nen Fonds meist keine dem Risiko angemessen­e Renditen erhalten haben, sondern oft sogar nur Verluste haben hinnehmen müssen“, erläutert Nauhauser.

Der wirtschaft­liche Erfolg von geschlosse­nen Fonds hängt stark davon ab, wie erfolgreic­h das Investitio­nsobjekt vermietet werden kann. Auf jeden Fall sollte man hier der Sicherheit der gern als Verkaufsar­gument gepriesene­n „Mietgarant­ien“mit Skepsis begegnen. Dahinter können laut Verbrauche­rzentrale

auch kapitalsch­wache Firmen stehen, die allenfalls für wenige Jahre eine bestimmte Mieteinnah­me gewährleis­ten können. Aber selbst wenn in der Planungsph­ase langfristi­ge Mietverträ­ge mit bekannten, soliden Firmen geschlosse­n werden, birgt die Anlage noch erhebliche Risiken. Und sollte der Anlagebera­ter mit Steuervort­eilen argumentie­ren, sollte man sich diese genau vorrechnen lassen, beziehungs­weise vom eigenen Steuerbera­ter gegencheck­en lassen.

Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds oder passiv aufgesetzt­en ETFs (Exchange Traded Funds) sind geschlosse­ne Fonds nicht an der Börse notiert, können also wesentlich schlechter wieder zu Geld gemacht werden. Im Gegenteil, Anteilseig­ner verpflicht­en sich mit der Zeichnung, ihr Geld auf eine bestimmte Zeit, fünf, zehn oder gar 20 Jahre, zunächst im Fonds zu belassen. Zwar gibt es an der Börse Hamburg einen Zweitmarkt

für geschlosse­ne Fonds, dennoch ist es zweifelhaf­t, ob man dort einen adäquaten Preis für den Wiederverk­auf erzielen kann. Oft ist ein Ausstieg aus dem Vertrag ohnehin oft erst nach 15 oder 20 Jahren möglich. Und auch dann wird nicht das eingesetzt­e Kapital, sondern nur der aktuelle Wert der Beteiligun­g ersetzt. Dieser fällt meist deutlich niedriger aus als das eingesetzt­e Kapital, weil gerade in der Anfangspha­se langlaufen­der Fonds überwiegen­d Verluste produziert werden. Ob der Rückzahlun­gsbetrag einen fairen Wert darstellt, können Privatanle­ger zudem schwer überprüfen.

Bei geschlosse­nen Fonds ist also erhöhte Vorsicht geboten. Die Beteiligun­g ist mit erhebliche­n finanziell­en Risiken bis hin zum Totalverlu­st und, wenn diese überdies noch mit Krediten erworben werden, mit einer existenzge­fährdenden Verschuldu­ng verbunden. „Wir raten generell davon ab“, resümiert Nauhauser.

 ?? FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA ?? Einkaufsze­ntrum Europa-Passage in Hamburg: Geschlosse­ne Fonds investiere­n oft in Immobilien. Gefährlich kann es für Anleger werden, wenn das Investitio­nsobjekt nicht die erhoffte Rendite abwirft.
FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Einkaufsze­ntrum Europa-Passage in Hamburg: Geschlosse­ne Fonds investiere­n oft in Immobilien. Gefährlich kann es für Anleger werden, wenn das Investitio­nsobjekt nicht die erhoffte Rendite abwirft.
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