Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neuer Vorstand will die Linse konsolidie­ren

Ehrenamtli­che sollen stärker in die Arbeit des Kulturzent­rums eingebunde­n werden

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Finanziell­e Schieflage, personelle Querelen und jetzt noch die Corona-Krise – das Kulturzent­rum Linse durchläuft schwierige Zeiten. Bei der Mitglieder­versammlun­g Anfang Juli ist nun ein neuer Vorstand gewählt worden, der die soziokultu­relle Einrichtun­g, die weit über Weingarten hinaus strahlt, mit neuem Konzept nun endlich auf Erfolgskur­s bringen will.

Ist das Chaos nun vorbei, die drohende Insolvenz vom Tisch? Die drei neuen Vorstände des Kulturvere­ins

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Linse strahlen zumindest große Zuversicht aus und sind hoch motiviert, ihre geliebte Linse wieder auf Kurs und in ruhigere Fahrwasser zu bringen. Mit „überwältig­ender Mehrheit“wurden Ursula BelliSchil­linger, Thomas Volz und Ulrike Zähringer zu den neuen Vorständen gewählt. Vom alten Vorstandst­eam war nur noch Dannika Rominger übrig, die nicht mehr antreten wollte.

Das Zeug zu einer Konsolidie­rung der seit Längerem defizitär arbeitende­n Einrichtun­g hat das neue Trio. Ursula Belli-Schillinge­r ist Geschäftsf­ührerin der Zieglersch­en Sozialeinr­ichtungen, Thomas Volz leitet ein Photovolta­ikunterneh­men, und Ulrike Zähringer ist Orthopädie-Schuhmache­rin – und auf feste Füße soll die Linse ja gestellt werden. Da Erste und Zweiter kurz vor der Pensionier­ung stehen, bringen sie auch die zeitlichen Ressourcen mit, die dieses aufwendige Ehrenamt erfordert. „Diese Wahl war ein schönes Votum und schafft ein gutes Fundament für unser Team“, sagt Ursula Belli-Schillinge­r. Als Team seien sie sich einig über die großen Linien, wie es für die Linse künftig weitergehe­n soll.

Coronabedi­ngt war das Kulturzent­rum mit Kino, Liveverans­taltungen und Gastronomi­e von März bis Ende Juni geschlosse­n, was die ohnehin schon wirtschaft­lich schwierige Situation nicht einfacher gemacht hat. Eine Taskforce wurde gegründet, die Soforthilf­en beantragt und alle Mitarbeite­r bis auf den Geschäftsf­ührer Klaus Scharfenbe­rg in Kurzarbeit geschickt. Mit Spenden der Mitglieder und der Bürgerstif­tung des Landkreise­s hätte man so die finanziell­e Situation stabil halten und die Fixkosten von 15 000 Euro monatlich weiter stemmen können. „2019 standen wir kurz davor, Insolvenz anzumelden, davon sind wir nun weit entfernt“, sagt Thomas Volz.

Seit 18. Juni ist die Linse nun wieder geöffnet, jede Woche für drei Tage mit abgespeckt­em Kinoprogra­mm. Statt wie früher sechs Filme pro Tag gibt es jetzt nur zwei. Die beiden Säle wurden auf Abstand getrimmt und können maximal 26 beziehungs­weise 35 Besucher aufnehmen, was natürlich auch weniger Geld in die Kasse spült. In der Gastronomi­e läuft wegen der Entzerrung der Tische ebenfalls weniger als zu normalen Zeiten. Dafür wurde der Biergarten mit Sichtschut­z zur Liebfrauen­straße hin aufgewerte­t.

Thomas Volz ist zufrieden mit dem Start: „Es ist sehr positiv angelaufen“, findet er. Es hätte schon Tage gegeben, wo sie voll ausgebucht gewesen seien. Jetzt wäre man dabei, zu überlegen, mehr Tage pro Woche zu öffnen. Vor Corona hatte die Linse sieben Tage die Woche offen. Immer noch steht das OpenAir-Kino Ende August im Schlössleg­arten im Raum, jedoch müsste dafür noch einiges mit der Stadt Weingarten abgesproch­en werden. Insgesamt wollen die neuen Vorstände auf Sicht fahren und nicht länger als ein, zwei Monate im Voraus das Programm planen. Liveverans­taltungen soll es vorerst nicht geben – bei weniger als 50 Besuchern würde sich die Sache nicht rechnen. Statt dem Linse-Programmhe­ft für zwei Monate gibt es jetzt einen monatliche­n Flyer.

Kosten senken und Verluste minimieren – das haben sich die neuen Vorstände auf die Fahnen geschriebe­n. Ihr Ziel ist es, bis Ende 2021 ein positives Jahreserge­bnis zu erwirtscha­ften und bis dahin das 1000. Mitglied in der Linse willkommen zu heißen (aktuelle Zahl: 850). Im Einnahmenb­ereich setzt der Vorstand ferner auf vermehrtes Kulturspon­soring von Unternehme­n. Zum neuen Konzept gehört laut Volz, das Finanzwese­n zu profession­alisieren und ein Controllin­g einzuführe­n. Die vielen Minijobs wolle man reduzieren. Das sei aus dem Ruder gelaufen, so Volz, und hätte die Linse, die in einem normalen Jahr circa eine Million Euro umsetzt, beträchtli­ch Geld gekostet.

Ehrenamtli­che sollen dafür wieder mehr in die Arbeit des Kulturzent­rums eingebunde­n werden. Das war auch ein Auftrag aus der Mitglieder­versammlun­g – sei es, bei der Auswahl der Filme, an der Kasse oder auch im Livebereic­h die Künstlerbe­treuung. „Da gibt es viel kreatives Potenzial und unterschie­dliche Perspektiv­en, die müssen wir für unser Kulturzent­rum viel stärker nutzen, damit die Linse ihr attraktive­s Kulturange­bot weiter in ihrer ganzen Breite anbieten kann.“

Wer sich als Ehrenamtli­cher in die Arbeit der Linse einbringen oder Mitglied im Kulturzent­rum werden will, kann sich per E-Mail an vorstand@kulturzent­rum-linse.de melden (Ansprechpa­rtner ist Thomas Volz).

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FOTO: MARGRET WELSCH Die neu gewählten Vorstände wollen das Kulturzent­rum Linse wieder auf Erfolgskur­s bringen (von links): Ursula BelliSchil­linger, Ulrike Zähringer und Thomas Volz.
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