Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

In einer eigenen Liga

Hamilton triumphier­t in Ungarn und stellt Rekord ein – Vettel mit bestem Saisonerge­bnis

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BUDAPEST (SID) - Sebastian Vettel versuchte gar nicht erst, irgendwas schönzured­en. Bereits zwölf Runden vor Ende des Rennens auf dem Hungarorin­g war er von Lewis Hamilton überrundet worden, aber „wir wissen ja nicht erst seit heute, dass Mercedes in einer eigenen Liga fährt“.

Während Hamilton und Mercedes nach ihrem Sieg in Superlativ­en badeten, durfte sich Vettel allenfalls ganz leise freuen. Rang sechs, erzielt nach einem bravouröse­n Kampf in einem bockigen und schwer zu fahrenden Ferrari, ist sein bestes Ergebnis im dritten Saisonrenn­en. Teamkolleg­e Charles Leclerc (Monaco) schaffte es als Elfter nicht mal in die Punkte.

Auf seiner atemberaub­enden Jagd nach sämtlichen Bestmarken der Formel 1 stellte Hamilton derweil mit seinem achten Sieg auf dem Hungarorin­g einen weiteren Rekord von Michael Schumacher ein: Acht Siege auf derselben Strecke hatte zuvor nur Schumacher beim Großen Preis von Frankreich in Magny Cours geholt. Kaum vorstellba­r, dass dessen Rekord von sieben WM-Titeln Hamiltons Ansturm über das Saisonende hinaus standhält. „Ob ihr es glaubt oder nicht, ich musste trotzdem Gas geben“, sagte Hamilton: „Es ist eines meiner Lieblingsr­ennen, ich habe fast mein eigenes Rennen fahren können. Aber ohne dieses Team und dieses Auto hätte ich es nicht geschafft. In den letzten beiden Rennen war alles fantastisc­h, auf den Punkt.“Die Plätze zwei und drei belegten Max Verstappen (Niederland­e) im Red Bull und Hamiltons Teamkolleg­e Valtteri Bottas (Finnland).

Der Mann des Tages bedankte sich gewohnt wortreich bei seiner Crew. „Es erfüllt mich mit Demut, weil ich mit so einer fantastisc­hen Gruppe zusammenar­beiten darf“, sagte Hamilton: „Vielen, vielen Dank an jeden zu Hause und hier an der Strecke, mein Auto läuft wie auf Schienen.“Auf dem nur 4,3 Kilometer langen Kurs hatte der sechsmalig­e Champion lange Zeit mehr als 25 Sekunden Vorsprung, sodass er sich kurz vor Rennende noch bequem einen weiteren Reifenwech­sel leisten konnte – um anschließe­nd den Rundenreko­rd zu brechen. In zwei Wochen kann er seine Siegesfahr­ten auf dem Weg zum siebten WM-Triumph fortsetzen: es geht in der verspätete­n und verkürzten Corona-Notsaison zum ersten von zwei Heimrennen des Briten in Silverston­e.

90 Minuten vor dem Start hatte heftiger Regen über dem Hungarorin­g eingesetzt, die Strecke trocknete nicht rechtzeiti­g ab, sodass fast alle Fahrer auf Intermedia­te-Reifen setzten. Bottas und Perez kamen beim Start überhaupt nicht vom Fleck, dafür machten Vettel und Leclerc richtig Tempo.

Nach vier Runden hatten sich die Verhältnis­se so verändert, dass die Mehrzahl auf Slicks wechselte. Der Verkehr in der Boxengasse kostete vor allem Vettel viel Zeit, er brauchte danach einige Runden, um sich wieder heranzukäm­pfen, steckte aber nie auf. „Ich hatte gehofft, dass ein bisschen mehr drin ist, ich hätte am Schluss gern mehr dagegengeh­alten. Aber im Moment ist es das, was möglich ist für uns“, sagte Vettel.

An der Spitze zog Hamilton einsam seine Kreise. Dahinter etablierte sich Verstappen, dessen Teilnahme nach einem Crash in der Anfahrt zur Startaufst­ellung infrage gestanden hatte. „Es ist die Aufhängung“, funkte Verstappen in die Box, rettete sein demolierte­s Auto aber an den Start, wo die Mechaniker in einer HauRuck-Aktion den Boliden klarmachte­n. Mit dem reparierte­n Auto biss sich Verstappen dann entschloss­en hinter Hamilton fest, ohne den Weltmeiste­r jemals gefährden zu können. „Wir können uns eigentlich nur selbst gefährlich werden“, hatte Mercedes-Teamchef Toto Wolff vor dem Start bei Sky gesagt.

Vettel und Ferrari werden vorerst wohl keine Gefahr mehr für die in dieser Saison schwarz lackierten Silberpfei­le. Wie es für Vettel nach der Trennung von der Scuderia weitergeht, blieb auch in Ungarn offen. Seinen Flirt mit Racing Point, das 2021 im Aston-Martin-Werksteam aufgehen wird, wollten weder er selbst noch RP-Teamchef Otmar Szafnauer bestätigen. „Es ist gerade aufregend, es ergeben sich immer neue Möglichkei­ten“, sagte der Hesse im Gespräch mit dem Sender Sky: „Was es dann am Ende wird, weiß ich wirklich noch nicht, vielleicht bleibe ich in der Formel 1, vielleicht fahre ich in einer anderen Rennserie, vielleicht ziehe ich mich auch eine Weile zurück.“

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FOTO: STEVEN TEE/IMAGO IMAGES Lewis Hamilton dominiert den Großen Preis von Ungarn und bedankt sich bei seinem Team.

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