Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hoffnung auf Rückkehr der Fans wächst
Positive Signale aus dem Kanzleramt – Nicht überall stoßen DFL-Pläne auf Zustimmung
FRANKFURT (SID) - Was in der Corona-Krise lange undenkbar schien, nimmt immer stärker Formen an: Der deutsche Profifußball darf mehr denn je auf eine baldige Rückkehr der Fans in die Stadien hoffen – schließlich hat er nun sogar einen prominenten Fürsprecher auf höchster politischer Ebene. Angela Merkels Kanzleramtschef Helge Braun unterstützt die Pläne der Deutschen Fußball Liga (DFL) für eine Wiederzulassung von Zuschauern.
„Mit Abstand und Hygienekonzept können Sportveranstaltungen mit Zuschauern durchgeführt werden“, sagte der 47 Jahre alte CDU-Politiker, einer der engsten Vertrauten von Kanzlerin Merkel, der „Bild am Sonntag“. Und damit gießt er Wasser auf die Mühlen der DFL, die den 36 Clubs der 1. und 2. Bundesliga erst am vergangenen Mittwoch einen 41seitigen Leitfaden mit Empfehlungen für Hygiene- und Schutzkonzepte zugeschickt hatte.
„Zu großes Gedränge“, so betonte Braun, „muss aber noch vermieden werden. Die Stadien werden also nicht ausverkauft sein können, und das muss gut organisiert und kontrolliert werden. Dann müssen sie aber nicht mehr leer sein, finde ich.“
Damit sie dies möglicherweise schon zum Saisonstart der Bundesliga am 18. September nicht sind, haben die Clubs in der Sommerpause viel Arbeit vor sich. In Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden müssen sie detailliert auf das jeweilige Stadion angepasste Sicherheitskonzepte entwickeln. „Das oberste Gebot“, sagte Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß beim Sonntags-Stammtisch des Bayerischen Rundfunks, sei dabei die Gesundheit: „Wir dürfen kein Risiko eingehen.“
Um eben das von Braun befürchtete Gedränge vor und im Stadion zu verhindern, empfiehlt die DFL in ihrem Leitfaden etwa die Anreise der Zuschauer zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem eigenen Auto, Ein- und Auslass sollen räumlich und zeitlich entzerrt werden – und natürlich sollen die Fans mit möglichst viel Abstand zueinander auf den Tribünen verteilt werden.
Entscheidend für die Zulassung von Fans ist jedoch stets das regionale Infektionsgeschehen um den jeweiligen Spielort. Gibt es unter 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in den sieben Tagen vor einem Spiel, ist eine Teilzulassung denkbar. Ein einheitliches Konzept für alle Clubs schließt die DFL deshalb aus. Genau dies fordert aber der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas
Rettig. Er folge dem jetzigen DFL-Boss Christian Seifert „nicht in der Frage, dass man es den lokalen Behörden und den Vereinen überlassen sollte, wie viele Zuschauer sie ins Stadion lassen“, sagte der 57-Jährige in der Montagsausgabe des „Kicker“.
Die Sorge vor einem starken Ungleichgewicht ist groß. Aus Rettigs Sicht sei es ein gravierender Unterschied, „wenn der eine das Stadion vollmachen darf und der andere darf es nicht“. Deshalb könne sich das Konzept nur am „Schwächsten“orientieren. „Wenn am Ende nur 15 Prozent ins Stadion dürfen, dann ist es halt für alle so, auch wenn woanders mehr Zuschauer ins Stadion dürften“, sagte Rettig. Die Gefahr eines Flickenteppichs ist freilich gegeben. Während Sachsen etwa schon ab dem 1. September wieder Zuschauer in den Stadien erlauben will, sind andere Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg in dieser Frage noch deutlich zurückhaltender.
Die Sportministerkonferenz (SMK) hatte am Donnerstag für den bundesweiten Wiedereinstieg in den Wettkampfsport gleiche Voraussetzungen für Mannschaften und Vereine aus allen Bundesländern gefordert. Dies beinhalte auch die Zulassung von Zuschauern, hieß es.