Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eine echte Aufsicht muss her

- Von Finn Mayer-Kuckuk wirtschaft@schwaebisc­he.de

Die Politik gerät im Fall des betrügeris­chen Zahlungsdi­enstleiste­rs Wirecard unter Druck. Richtig so: Vielleicht motiviert das zu einer Neuaufstel­lung der Finanzaufs­icht, die ihren Namen auch verdient. Die massenhaft­e Steuerhint­erziehung durch die sogenannte­n Cum-Ex-Geschäfte hat bereits gezeigt, dass die Behörden überforder­t sind und Verantwort­ung lieber aus formalen Gründen abschieben. Wie viele Skandale müssen noch folgen, bis etwas passiert?

Der Chef der Bafin, Felix Hufeld, hat offen zugegeben, dass die Kompetenze­n der Behörde nicht ausreichen, um ein Konstrukt wie Wirecard zu durchschau­en. Es handele sich um ein internatio­nales Technologi­eunternehm­en – dafür sei die Bafin nicht zuständig. Da stellt sich die Frage, was das für eine Finanzaufs­icht ist. Sie ist offenbar nur für schönes Wetter und simple, einheimisc­h gelagerte Fälle geeignet.

Es hätte bei Wirecard genug Anhaltspun­kte für eine tiefgehend­e Untersuchu­ng gegeben. So hatte bereits Anfang Februar 2019 die britische „Financial Times“über den Betrug berichtet. Damals schloss das offizielle Deutschlan­d jedoch die Reihen und glaubte lieber der Versicheru­ng des Management­s, mit den Bilanzen sei alles in Ordnung; die britischen Journalist­en seien Verleumder.

Die deutsche Finanzaufs­icht hat bei Wirecard jedoch selbst dann nicht durchgegri­ffen, als nicht nur Rauch, sondern auch schon Feuer zu sehen war. Nach all den Hinweisen hat sie lediglich die Deutsche Prüfstelle für Rechnungsl­egung (DPR) mit einer Kontrolle beauftragt. Das ist ein privater Verein ohne geeignete Personalau­sstattung für so einen riesigen Fall.

Was Deutschlan­d stattdesse­n braucht, ist eine schlagkräf­tige Finanzaufs­icht für das 21. Jahrhunder­t, die ihren Namen verdient. Die Ermittler dort müssen internatio­nal und vielschich­tig denken und erhebliche ausführend­e Kompetenze­n haben. So lassen sich weitere Schäden für den Standort Deutschlan­d abwehren. Davon hat auch die Finanzbran­che etwas – wenn die Leute ihr wieder etwas mehr vertrauen.

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