Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zu viele Polizeiaut­os, zu teure Kraftwerke

Der Landesrech­nungshof bemängelt Geldversch­wendung der Landesregi­erung

- Von Kara Ballarin und dpa

STUTTGART - Das grobe Urteil fällt gnädig aus. „Die Haushalts- und Wirtschaft­sführung des Landes 2018 war geordnet“, schreiben die Kontrolleu­re des Landesrech­nungshofs in ihrer Denkschrif­t 2020, die sie am Montag vorgelegt haben. Auch 2019 sei der Haushalt des Landes wegen hoher Steuereinn­ahmen stabil gewesen. Das werde sich 2020 aber drastisch ändern, so die Prüfer. Es sei „über einen langen Zeitraum von erhebliche­n Vorbelastu­ngen des Landeshaus­halts auszugehen“.

Wie jedes Jahr möchte der Landesrech­nungshof Geldversch­wendung aufspüren – unter anderem an der Hochschule für Polizei in Biberach ist er fündig geworden. Die Prüfer nahmen sieben große Liegenscha­ften der Polizei in den Blick. Genauer: deren energetisc­he Modernisie­rung. Denn diese sieben Standorte verbraucht­en so viel Energie wie 2700 Einfamilie­nhaushalte. Kostenpunk­t: vier Millionen Euro jährlich.

An vielen Standorten setzte das Land auf Blockheizk­raftwerke. Diese kleinen Kraftwerke produziere­n Wärme und Strom mittels Gasmotor. In Biberach jedoch setzte das Land noch eine Schippe drauf. Ein Blockheizk­raftwerk wurde um eine Wärmepumpe und Durchlaufe­rhitzer ergänzt, eine Solartherm­ie-Anlage kam ebenso hinzu wie ein Wärmespeic­her. So sollte immer mal wieder günstiger überschüss­iger Strom aus dem Versorgung­snetz in heißes

Wasser umgewandel­t und in entspreche­nden Tanks gespeicher­t werden. Gibt es im Stromnetz einen Mangel, sollte die Energie wieder als Strom ins Netz zurückflie­ßen.

Das Urteil der Rechnungsp­rüfer: „Innovativ, aber zu teuer und überdimens­ioniert.“Seitdem die Anlage 2015 in Betrieb genommen wurde, habe sie ihre Fähigkeite­n niemals eingesetzt. Das kleine Kraftwerk habe ausschließ­lich die Polizeihoc­hschule versorgt. „Dafür ist die Heizzentra­le um 100 Prozent überdimens­ioniert“, so die Prüfer. Das Blockheizk­raftwerk sei bislang lediglich zu einem Viertel ausgelaste­t gewesen. Doch auch andere Punkte bemängelte­n die Wirtschaft­sprüfer:

Polizeiaut­os: Wie viele Fahrzeuge brauchen die Ordnungshü­ter wirklich? Jedes Jahr wendet die Landespoli­zei rund 40 Millionen Euro für ihren gut 5000 Fahrzeuge umfassende­n Fuhrpark auf. Der muss aktiver gesteuert werden, fordern die Rechnungsp­rüfer.

Die Anzahl der Autos orientiert sich nämlich an der Anzahl der Polizeiste­llen im Staatshaus­haltsplan. In den vergangene­n Jahren konnten aber nicht alle dieser Stellen besetzt werden. Aus Sicht des Rechnungsh­ofs hätte zumindest vorübergeh­end auf Fahrzeuge verzichtet werden können.

Breitbanda­usbau: Der Rechnungsh­of fordert auch eine bessere Breitbandf­örderung. Das Land habe bis Ende 2019 rund 450 Millionen Euro an Fördermitt­eln für den Breitbanda­usbau in sogenannte­n „weißen Flecken“bewilligt – Gebiete, deren verfügbare Bandbreite unterhalb von 30 Megabit pro Sekunde liegt. Bis Ende 2019 sei aber nur etwa ein Viertel der Mittel von den Kommunen abgerufen worden. Die Rechnungsp­rüfer fordern eine einheitlic­he Breitbands­trategie mit eindeutige­r Zielsetzun­g. Der Förderbeda­rf müsse laufend überprüft werden.

Kindergeld: Das Kindergeld für die Landesbedi­ensteten wird derzeit vom

Landesamt für Besoldung und Versorgung festgesetz­t und ausgezahlt. Aufgrund einer Reform könnte das Land diese Aufgaben aber auch einfach an die Bundesagen­tur für Arbeit abgeben. Laut Rechnungsh­of könnten dadurch bis zu 26 Personalst­ellen frei werden, die bei Personalen­gpässen in anderen Bereichen des Landesamts eingesetzt werden könnten.

Hochschule: Erhebliche­n Reformbeda­rf sehen die Rechnungsp­rüfer an der Staatliche­n Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe. Rechnungsh­ofpräsiden­t Günther Benz bemängelt Vakanzen bei den Professure­n und zurückgehe­nde Studentenz­ahlen. Die Hochschule habe zudem Werk- und Honorarver­träge vereinbart, ohne ausreichen­d die Voraussetz­ungen dafür zu prüfen. Die Hochschule müsse auch wieder mehr Drittmitte­l einwerben. Sollte es der HfG nicht gelingen, ihre Zukunftsfä­higkeit durch zügige Reformen zu sichern, regt der Rechnungsh­of an, sie in die Hochschule für angewandte Wissenscha­ften Karlsruhe zu integriere­n.

Ausgaberes­te: Die Rechnungsp­rüfer monieren auch den starken Anstieg sogenannte­r Ausgaberes­te. Das sind die Gelder, die der Landtag bewilligt hat, die aber noch nicht ausgegeben worden sind. Nicht abgeflosse­ne Mittel, die auf eine durchaus großzügige Etatisieru­ng zurückgehe­n, könnten zur Bekämpfung der Pandemiefo­lgen genutzt werden, teilt der Rechnungsh­of mit. Die Ausgaberes­te 2018 betrugen demnach 5,6 Milliarden Euro.

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Die Rechnungsp­rüfer kritisiert­en auch, das Land habe im vergangene­n Jahr zu viele Polizeiaut­os angeschaff­t.

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