Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Forscher entdecken Werkzeugkasten aus der Eiszeit
BLAUBEUREN (dkd) - Die eiszeitliche Grabungsstätte „Hohle Fels“bei Schelklingen hat auch im vergangenen Jahr wieder sensationelle Funde freigegeben. Das Team der Wissenschaftler um den Tübinger Professor Nicholas Conard barg dort ein weltweit einzigartiges, dreiteiliges Set an Meißeln aus Mammut-Elfenbein. Es ist nicht nur durch seinen hervorragenden Erhaltungszustand so wertvoll. Die Meißel zählen, wie viele andere in den eiszeitlichen Höhlen im Ach- und Lonetal gefundenen Objekte, wieder einmal zu den ältesten Entdeckungen ihrer Art weltweit und machen den Fund dadurch archäologisch noch bedeutsamer. Nach der Entdeckung der Venus vom Hohle Fels, der Gänsegeier-Knochenflöte und des Löwenmenschen, erlaubt diese Ausgrabung einen interessanten Blick über die Schulter der steinzeitlichen Handwerker. Conard präsentierte die Funde zusammen mit der promovierten Archäologin und Elfenbeinexpertin, Sybille Wolf, am Montagvormittag in Blaubeuren der Öffentlichkeit.
„Bei diesem Werkzeugkasten aus der Eiszeit, handelt es sich um einmalige Stücke in ganz Europa und darüber hinaus“, sagt Nicholas Conard über die drei Meißel, welche die Wissenschaftler vor rund einem Jahr im Hohle Fels bei Grabungen freigelegt haben. Zudem sei der Erhaltungszustand der Funde, die immerhin rund 40 000 Jahre alt sind, bemerkenswert. „Wir kennen das schon von früheren Entdeckungen, aber wir sind immer wieder überrascht, wie gut die Funde erhalten sind. Ich kenne weltweit keine Fundstätte, die Ähnliches zu Tage fördert, auch nicht in in Russland,“so Conard.
Die im Hohle Fels gefundenen Meißel sind aus der Außenschicht, dem Zement, eines Mammut-Stoßzahnes geschnitten, erklärt Sybille Wolf: „Hier wurde unter großem Kraftaufwand und mit entsprechender Technik gezielt ein Werkzeug geschaffen.“Die Wissenschaftler kennen diese Arbeitstechniken aus nachfolgenden Epochen. Aber eine so frühe Verwendung, konnte bisher noch nicht belegt werden. Die Werkzeuge wurden höchstwahrscheinlich zur Bearbeitung von weicheren Elfenbeinteilen, Horn oder Holz eingesetzt. Bei entsprechenden Experimenten mit Repliken, wollen die Forscher deren genaue Verwendung und Handhabung klären.