Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sparpaket beschlossen, Klima vergiftet
Ravensburger Gemeinderat beschließt Einschnitte in fast allen Bereichen
RAVENSBURG - Die Aufgabe des Heimatmuseums in Weißenau (Einsparung 16 000 Euro) und die Schließung des Weststadtbüros (50 000 Euro) sind die umstrittensten Punkte im gut 4 Millionen Euro schweren Sparpaket gewesen, das der Ravensburger Gemeinderat am Montag endgültig beschlossen hat. Weil die CDU und die BfR nach monatelangem Konsens mit Sitzungsbeginn überraschend diese beiden Posten aus der Liste nehmen wollten, drohte sogar das Scheitern des gesamten Konzepts mit 57 Punkten. Die Einigung war am Ende teuer erkauft, das Klima zwischen den Fraktionen scheint nachhaltig vergiftet. Reichlich Kritik bekam auch Oberbürgermeister Daniel Rapp ab.
Als „im hohen Maße unseriös“bezeichnete Grünen-Fraktionschefin Maria Weithmann auch im Namen der Fraktionen von SPD, Freien Wählern und FDP die Anträge von CDU und „Bürgern für Ravensburg“die beiden Punkte aus der Liste zu streichen. „Wir machen uns Sorgen um den Zustand mancher Fraktionen, wenn am Tag der Abstimmung solche Vorstöße kommen, nachdem man sich zuvor einig war“, so Weithmann. August Schuler, Fraktionschef der CDU, wies das als „Unterstellungen“und „pure Ideologie“zurück.
Zuvor hatten alle Fraktionen betont, wie wichtig das Sparpaket für die Zukunft der Stadt sei. Wie berichtet, hatte der Gemeinderat bereits im Dezember 2019 eine Haushaltskonsolidierung für die angeschlagenen Finanzen beschlossen.
Das Sparpaket, erstellt von einer Kommission, besteht aus zwei Teilen. Im Oberbürgermeister-Paket befinden sich 34 Posten, im Teil des Stadtparlaments sind es 57. Dieses hat Auswirkungen auf die Bürger in fast allen Bereichen. Allerdings müssen keine städtischen Einrichtungen geschlossen werden und wird es auch keine Steuererhöhungen geben, betonte der Oberbürgermeister noch einmal. Für Verwaltung und Stadträte war das Streichkonzert „schmerzhaft“und „unpopulär“, aber „alternativlos“, wie mehrere
Redner betonten. Das Regierungspräsidium hatte strenge Haushaltsdisziplin angemahnt – und dabei ist die Corona-Krise mit ihren Folgen noch gar nicht einbezogen.
Die Maßnahmen sehen wie mehrfach berichtet unter anderem vor, am Scheffelplatz und am Bechtergarten künftig Parkgebühren einzuführen, Elternbeiträge für die Grundschulbetreuung und in den Kitas zu erhöhen, Vereinen die Zuschüsse zu kürzen, die Öffnungszeiten in Museen zu reduzieren und die Leistungen der Ortsbauhöfe einzuschränken.
OB Daniel Rapp konnte am Ende einer langen Debatte „nur schwer verstehen, worüber wir diskutieren“. Rapp: „Das steht nicht im Verhältnis zu anderen Maßnahmen, die wir beschließen.“Die CDU wollte zunächst der Aufgabe des Weststadtbüros nicht zustimmen, bei fast 10 000 Einwohnern brauche es weiterhin einen „Kümmerer“. Auch Statistiken der Verwaltung, dass dieses Büro kaum genutzt werde, überzeugten die Christdemokraten nicht. Die BfR hatten sich gegen die Schließung des Heimatmuseums in Weißenau gewehrt mit der Begründung „Geschichte braucht einen Raum“(Ulrich Höflacher).
Nach der Ankündigung der anderen vier Fraktionen, den Punkt komplett zu kippen, sollte das Paket an einzelnen Stellen wieder aufgeschnürt werden, gab es dann doch nur eine Enthaltung (Höflacher) bei der Abstimmung.
Die Verwaltung muss sich aus allen Fraktionen herbe Kritik für ihre Kommunikation gefallen lassen. Teilweise hätten selbst Amtsleiter über viele Punkte nicht Bescheid gewusst, Betroffene und Bürger seien nicht informiert worden, bei wichtigen Themen wie der Schließung der Grundschule Taldorf hätten sich OB Rapp und Baubürgermeister Dirk Bastin öffentlich widersprochen.
Als Frank Walser (SPD) dann noch das Einsparpotenzial in den Ortschaften ansprach („Die Eingliederungsvereinbarungen sind fast 50 Jahre alt. Verabschieden Sie sich von der Ortschaftsromantik“), hatte er das gesamte Gremium und den OB gegen sich.