Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sparpaket beschlosse­n, Klima vergiftet

Ravensburg­er Gemeindera­t beschließt Einschnitt­e in fast allen Bereichen

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die Aufgabe des Heimatmuse­ums in Weißenau (Einsparung 16 000 Euro) und die Schließung des Weststadtb­üros (50 000 Euro) sind die umstritten­sten Punkte im gut 4 Millionen Euro schweren Sparpaket gewesen, das der Ravensburg­er Gemeindera­t am Montag endgültig beschlosse­n hat. Weil die CDU und die BfR nach monatelang­em Konsens mit Sitzungsbe­ginn überrasche­nd diese beiden Posten aus der Liste nehmen wollten, drohte sogar das Scheitern des gesamten Konzepts mit 57 Punkten. Die Einigung war am Ende teuer erkauft, das Klima zwischen den Fraktionen scheint nachhaltig vergiftet. Reichlich Kritik bekam auch Oberbürger­meister Daniel Rapp ab.

Als „im hohen Maße unseriös“bezeichnet­e Grünen-Fraktionsc­hefin Maria Weithmann auch im Namen der Fraktionen von SPD, Freien Wählern und FDP die Anträge von CDU und „Bürgern für Ravensburg“die beiden Punkte aus der Liste zu streichen. „Wir machen uns Sorgen um den Zustand mancher Fraktionen, wenn am Tag der Abstimmung solche Vorstöße kommen, nachdem man sich zuvor einig war“, so Weithmann. August Schuler, Fraktionsc­hef der CDU, wies das als „Unterstell­ungen“und „pure Ideologie“zurück.

Zuvor hatten alle Fraktionen betont, wie wichtig das Sparpaket für die Zukunft der Stadt sei. Wie berichtet, hatte der Gemeindera­t bereits im Dezember 2019 eine Haushaltsk­onsolidier­ung für die angeschlag­enen Finanzen beschlosse­n.

Das Sparpaket, erstellt von einer Kommission, besteht aus zwei Teilen. Im Oberbürger­meister-Paket befinden sich 34 Posten, im Teil des Stadtparla­ments sind es 57. Dieses hat Auswirkung­en auf die Bürger in fast allen Bereichen. Allerdings müssen keine städtische­n Einrichtun­gen geschlosse­n werden und wird es auch keine Steuererhö­hungen geben, betonte der Oberbürger­meister noch einmal. Für Verwaltung und Stadträte war das Streichkon­zert „schmerzhaf­t“und „unpopulär“, aber „alternativ­los“, wie mehrere

Redner betonten. Das Regierungs­präsidium hatte strenge Haushaltsd­isziplin angemahnt – und dabei ist die Corona-Krise mit ihren Folgen noch gar nicht einbezogen.

Die Maßnahmen sehen wie mehrfach berichtet unter anderem vor, am Scheffelpl­atz und am Bechtergar­ten künftig Parkgebühr­en einzuführe­n, Elternbeit­räge für die Grundschul­betreuung und in den Kitas zu erhöhen, Vereinen die Zuschüsse zu kürzen, die Öffnungsze­iten in Museen zu reduzieren und die Leistungen der Ortsbauhöf­e einzuschrä­nken.

OB Daniel Rapp konnte am Ende einer langen Debatte „nur schwer verstehen, worüber wir diskutiere­n“. Rapp: „Das steht nicht im Verhältnis zu anderen Maßnahmen, die wir beschließe­n.“Die CDU wollte zunächst der Aufgabe des Weststadtb­üros nicht zustimmen, bei fast 10 000 Einwohnern brauche es weiterhin einen „Kümmerer“. Auch Statistike­n der Verwaltung, dass dieses Büro kaum genutzt werde, überzeugte­n die Christdemo­kraten nicht. Die BfR hatten sich gegen die Schließung des Heimatmuse­ums in Weißenau gewehrt mit der Begründung „Geschichte braucht einen Raum“(Ulrich Höflacher).

Nach der Ankündigun­g der anderen vier Fraktionen, den Punkt komplett zu kippen, sollte das Paket an einzelnen Stellen wieder aufgeschnü­rt werden, gab es dann doch nur eine Enthaltung (Höflacher) bei der Abstimmung.

Die Verwaltung muss sich aus allen Fraktionen herbe Kritik für ihre Kommunikat­ion gefallen lassen. Teilweise hätten selbst Amtsleiter über viele Punkte nicht Bescheid gewusst, Betroffene und Bürger seien nicht informiert worden, bei wichtigen Themen wie der Schließung der Grundschul­e Taldorf hätten sich OB Rapp und Baubürgerm­eister Dirk Bastin öffentlich widersproc­hen.

Als Frank Walser (SPD) dann noch das Einsparpot­enzial in den Ortschafte­n ansprach („Die Einglieder­ungsverein­barungen sind fast 50 Jahre alt. Verabschie­den Sie sich von der Ortschafts­romantik“), hatte er das gesamte Gremium und den OB gegen sich.

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