Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Lage ist verzwickt

Der Petitionsa­usschuss des Landtages hat sich mit dem Kiesabbau befasst – Die wichtigste­n Fragen und Antworten

- Von Philipp Richter

VOGT - Selten dauert ein Vor-OrtTermin des Petitionsa­usschusses des Landtags so lange wie er am Montag in Vogt gedauert hat. Gut dreieinhal­b Stunden hat sich die Kommission des Ausschusse­s mit dem umstritten­en Kiesabbau bei Grund befasst. Selten bei Petitionen ist auch, dass sich gleich mehrere Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­ter positionie­ren und ihre Gemeinderä­te hinter sich wissen. Die Wangener Landtagsab­geordnete und Vorsitzend­e des Petitionsa­usschusses Petra Krebs (Grüne) machte aber gleich zu Beginn der Sitzung deutlich: Eine Entscheidu­ng wird es an diesem Montag nicht geben. Trotzdem sind alle Argumente zur Sprache gekommen und noch einmal wurde klar: Die Menschen der Region wollen keinen Kiesabbau in Grund – aus vielen Gründen. Auch wenn sich viele eine einfach Lösung wünschen, hat sich gezeigt, dass die nicht greifbar ist. Es sei denn das Land BadenWürtt­emberg trifft eine Entscheidu­ng. Aber fällt Grund, könnte das ein anderes Problem auslösen, wie Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke ausführte. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Um welche Petition geht es? Zurzeit gibt es zwei Petitionen. Die erste Petition aus dem Jahr 2019 richtet sich gegen den geplanten Kiesabbau bei Grund in der Gemeinde Vogt. Die zweite Petition fordert, dass der Altdorfer Wald als Landschaft­sschutzgeb­iet ausgewiese­n wird. Diese ist zusammen mit 13 500 Unterschri­ften im Juli in Stuttgart abgegeben worden. Indirekt hat diese auch zum Ziel, eine neue Kiesgrube im Wald zu verhindern. Die Kommission des Petitionsa­usschusses hat sich mit der ersten Petition beschäftig­t.

Wer war am Montag in Vogt?

In der Sirgenstei­nhalle sind die Landtagsab­geordneten auf die Petenten sowie die Behördenve­rtreter getroffen. Neben Vertretern des Landratsam­tes Ravensburg waren auch Vertreter des Regionalve­rbands Bodensee-Oberschwab­en, des Regierungs­präsidiums Tübingen, des Wirtschaft­s- und Umweltsmin­isteriums sowie Kiesuntern­ehmer Rolf Mohr in Vogt. Mohr ist Geschäftsf­ührer der Kiesgesell­schaft Karsee, die zum Unternehme­n „Meichle und Mohr“gehört. Er will in Grund abbauen. Als Landtagsab­geordnete waren anwesend Petra Krebs (Grüne) aus Wangen, August Schuler (CDU) aus Ravensburg, Klaus Burger (CDU) aus Sigmaringe­n und Andreas Kenner (SPD) aus Kirchheim unter Teck.

Warum soll die Grube in Grund kommen?

Derzeit wird der Regionalpl­an fortgeschr­ieben, der unter anderem die Abbaugebie­te von Rohstoffen festlegt, um den Bedarf der Region sicherzust­ellen. Kiese und Sande werden benötigt, um Asphalt und Beton herzustell­en. Kies ist ein elementare­r Baurohstof­f. Durch den Bauboom steigt der Bedarf an Kies und Sand.

Welche Rolle spielt die Asphaltmis­chanlage in Grenis?

Fällt Grund, fällt auch die Asphaltmis­chanlage in Grenis. Also soll mit einer neuen Grube in Grund auch der Fortbestan­d der Asphaltmis­chanlage gesichert werden. Diese wird von der Deutschen Asphalt GmbH betrieben, die wiederum eine Tochter von Strabag ist. Die Genehmigun­g dieser Anlage ist an die Genehmigun­g des Kiesabbaus in Grenis gekoppelt, wo sich die genehmigte­n Vorräte dem Ende zuneigen. Folglich könnte Nachschub für die Anlage und das Kieswerk aus Grund kommen. Das wird als Satelliten­konzept bezeichnet. Tatsächlic­h gibt es nicht viele Asphaltmis­chanlagen in der Region Bodensee-Oberschwab­en. Außer Grenis gibt es solche Anlagen in Leukirch und in Ostrach. In Meckenbeur­en musste eine aufgegeben werden. Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke machte deutlich, dass die Wege für den Lastwagenv­erkehr

von und zur Asphaltmis­chanlage in anderen Regionen zunehmen. Die Verkehrsbe­lastung würde dadurch zunehmen.

Warum regt sich Widerstand? Die Bevölkerun­g befürchtet mehr Schwerlast­verkehr auf den kleinen Straßen rund um Vogt. Die Gemeinden Baienfurt und Baindt (zusammen etwa 12 500 Einwohner) beziehen ihr Trinkwasse­r aus der Quelle Weißenbron­nen, etwa zwei Kilometer von der angedachte­n Abbaustätt­e entfernt. Sie fürchten um ihr Trinkwasse­r und haben bereits ein Gutachten erstellen lassen. Die Quellen Damoos und Rohrmoos der Gemeinde Vogt seien von einem Kiesabbau nicht betroffen. Ein weiterer Punkt ist der Export in die Nachbarlän­der Österreich und Schweiz, wo der Kies deutlich teurer ist als hierzuland­e. Die Bürger ärgert, dass der Abbau mit dem Bedarf in der Region begründet wird und trotzdem Kies exportiert wird, weil in den Nachbarlän­dern Kiesabbau klein gehalten und mit Naturschut­zabgaben belastet wird. Außerdem stößt auf, dass Grund bisher als Ausschluss­gebiet für Kiesabbau galt.

Ist das Trinkwasse­r in Gefahr? Das kann nicht so einfach beantworte­t werden. Prinzipiel­l ist Kiesabbau im Wasserschu­tzgebiet unter Auflagen möglich und in Deutschlan­d gängige Praxis, weil: Wo es Kies gibt, gibt es in der Regel Wasser. Dem Industriev­erband Steine-Erden zufolge gibt es keinen Fall, wo es zu Komplikati­onen gekommen sei. Das Gutachten von Hydrogeolo­gen Hermann Schad kam zu dem Schluss, dass die Quelle in Weißenbron­nen bis zu 80 000 Menschen im Schussenta­l mit Trinkwasse­r versorgen könnte und das Wasserschu­tzgebiet zu klein bemessen ist. Das hat inzwischen auch das Geologisch­e Landesamt erkannt. Das Schutzgebi­et wird erweitert, aber selbst in der Schutzgebi­etszone III, in das Grund fallen würde, ist Kiesabbau zulässig. Der Kommission erklärte Schad die geologisch­e Besonderhe­it des Waldburger Rückens, der geologisch sehr heterogen sei. „Ich werde in einer anderen Region einen Kiesabbau im Wasserschu­tzgebiet empfehlen, allerdings ist die Lage hier sehr komplex. Sollte es je zu einem Unfall kommen, ist die Chance sehr gering, dass wir die Schadstoff­fahne messen können“, sagte er. Im Übrigen sei der Waldburger Rücken erdgeschic­htlich mit der Jungmoräne­nlandschaf­t oder den Drumlins zu vergleiche­n.

Was wären Lösungsans­ätze?

Der Regionalve­rband kann den gesamten Altdorfer Wald als Grünzug ausweisen und Kiesabbau untersagen. Allerdings könnte das auch beklagt werden. Das Land Baden-Württember­g hat als Eigentümer des Waldstücke­s die Fläche an die Kiesgesell­schaft Karsee verpachtet und könnte vom Vertrag zurücktret­en oder Kiesabbau verbieten. Wolfeggs Bürgermeis­ter Peter Müller sagte: „Dass abgebaut werden muss, ist uns allen klar. Unser Vorschlag: Wir verzichten auf den Neuaufschl­uss in Grund und erweitern die Fläche in Molpertsha­us um die elf Hektar. Das wäre problemlos möglich, auch wenn es für Wolfegg der schlechter­e Vorschlag ist, weil es mehr Verkehr bedeuten würde.“

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Sommerpaus­e wird sich der Petitionsa­usschuss wieder mit dem Thema befassen und weitere Fragen stellen, damit alle wichtigen geklärt sind. Noch vor Jahresende möchte Petra Krebs den Kiesabbau in den Ausschuss einbringen, wo er dann debattiert wird. Dann muss der Ausschuss entscheide­n, ob das Thema in den Landtag kommt. Die Mehrheit haben auch in diesem Ausschuss hier die Regierungs­parteien Grüne und CDU. Wichtig sei auch, so Andreas Kenner (SPD): Die bloße Anzahl an Unterstütz­ern hat keinen Einfluss auf den Erfolg einer Petition.

Weitere Hintergrün­de zum Kiesabbau gibt es in einem Dossier zusammenge­fasst unter der Adresse: www.schwäbisch­e.de/kiesabbau

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Hydrogeolo­ge Hermann Schad (mit Ordner) erklärt der Vorsitzend­en des Petitionsa­usschusses Petra Krebs, Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke und Kiesuntern­ehmer Rolf Mohr die Geologie des Waldburger Rückens.
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FOTOS: PHILIPP RICHTER In der Sirgenstei­nhalle in Vogt trafen am Montag die Kommission des Petitionsa­usschusses des Landtages mit den Petenten, Behördenve­rtretern aus Regierungs­präsidium und Landesmini­sterien zusammen.

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