Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Lage ist verzwickt
Der Petitionsausschuss des Landtages hat sich mit dem Kiesabbau befasst – Die wichtigsten Fragen und Antworten
VOGT - Selten dauert ein Vor-OrtTermin des Petitionsausschusses des Landtags so lange wie er am Montag in Vogt gedauert hat. Gut dreieinhalb Stunden hat sich die Kommission des Ausschusses mit dem umstrittenen Kiesabbau bei Grund befasst. Selten bei Petitionen ist auch, dass sich gleich mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister positionieren und ihre Gemeinderäte hinter sich wissen. Die Wangener Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Petitionsausschusses Petra Krebs (Grüne) machte aber gleich zu Beginn der Sitzung deutlich: Eine Entscheidung wird es an diesem Montag nicht geben. Trotzdem sind alle Argumente zur Sprache gekommen und noch einmal wurde klar: Die Menschen der Region wollen keinen Kiesabbau in Grund – aus vielen Gründen. Auch wenn sich viele eine einfach Lösung wünschen, hat sich gezeigt, dass die nicht greifbar ist. Es sei denn das Land BadenWürttemberg trifft eine Entscheidung. Aber fällt Grund, könnte das ein anderes Problem auslösen, wie Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke ausführte. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Um welche Petition geht es? Zurzeit gibt es zwei Petitionen. Die erste Petition aus dem Jahr 2019 richtet sich gegen den geplanten Kiesabbau bei Grund in der Gemeinde Vogt. Die zweite Petition fordert, dass der Altdorfer Wald als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen wird. Diese ist zusammen mit 13 500 Unterschriften im Juli in Stuttgart abgegeben worden. Indirekt hat diese auch zum Ziel, eine neue Kiesgrube im Wald zu verhindern. Die Kommission des Petitionsausschusses hat sich mit der ersten Petition beschäftigt.
Wer war am Montag in Vogt?
In der Sirgensteinhalle sind die Landtagsabgeordneten auf die Petenten sowie die Behördenvertreter getroffen. Neben Vertretern des Landratsamtes Ravensburg waren auch Vertreter des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben, des Regierungspräsidiums Tübingen, des Wirtschafts- und Umweltsministeriums sowie Kiesunternehmer Rolf Mohr in Vogt. Mohr ist Geschäftsführer der Kiesgesellschaft Karsee, die zum Unternehmen „Meichle und Mohr“gehört. Er will in Grund abbauen. Als Landtagsabgeordnete waren anwesend Petra Krebs (Grüne) aus Wangen, August Schuler (CDU) aus Ravensburg, Klaus Burger (CDU) aus Sigmaringen und Andreas Kenner (SPD) aus Kirchheim unter Teck.
Warum soll die Grube in Grund kommen?
Derzeit wird der Regionalplan fortgeschrieben, der unter anderem die Abbaugebiete von Rohstoffen festlegt, um den Bedarf der Region sicherzustellen. Kiese und Sande werden benötigt, um Asphalt und Beton herzustellen. Kies ist ein elementarer Baurohstoff. Durch den Bauboom steigt der Bedarf an Kies und Sand.
Welche Rolle spielt die Asphaltmischanlage in Grenis?
Fällt Grund, fällt auch die Asphaltmischanlage in Grenis. Also soll mit einer neuen Grube in Grund auch der Fortbestand der Asphaltmischanlage gesichert werden. Diese wird von der Deutschen Asphalt GmbH betrieben, die wiederum eine Tochter von Strabag ist. Die Genehmigung dieser Anlage ist an die Genehmigung des Kiesabbaus in Grenis gekoppelt, wo sich die genehmigten Vorräte dem Ende zuneigen. Folglich könnte Nachschub für die Anlage und das Kieswerk aus Grund kommen. Das wird als Satellitenkonzept bezeichnet. Tatsächlich gibt es nicht viele Asphaltmischanlagen in der Region Bodensee-Oberschwaben. Außer Grenis gibt es solche Anlagen in Leukirch und in Ostrach. In Meckenbeuren musste eine aufgegeben werden. Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke machte deutlich, dass die Wege für den Lastwagenverkehr
von und zur Asphaltmischanlage in anderen Regionen zunehmen. Die Verkehrsbelastung würde dadurch zunehmen.
Warum regt sich Widerstand? Die Bevölkerung befürchtet mehr Schwerlastverkehr auf den kleinen Straßen rund um Vogt. Die Gemeinden Baienfurt und Baindt (zusammen etwa 12 500 Einwohner) beziehen ihr Trinkwasser aus der Quelle Weißenbronnen, etwa zwei Kilometer von der angedachten Abbaustätte entfernt. Sie fürchten um ihr Trinkwasser und haben bereits ein Gutachten erstellen lassen. Die Quellen Damoos und Rohrmoos der Gemeinde Vogt seien von einem Kiesabbau nicht betroffen. Ein weiterer Punkt ist der Export in die Nachbarländer Österreich und Schweiz, wo der Kies deutlich teurer ist als hierzulande. Die Bürger ärgert, dass der Abbau mit dem Bedarf in der Region begründet wird und trotzdem Kies exportiert wird, weil in den Nachbarländern Kiesabbau klein gehalten und mit Naturschutzabgaben belastet wird. Außerdem stößt auf, dass Grund bisher als Ausschlussgebiet für Kiesabbau galt.
Ist das Trinkwasser in Gefahr? Das kann nicht so einfach beantwortet werden. Prinzipiell ist Kiesabbau im Wasserschutzgebiet unter Auflagen möglich und in Deutschland gängige Praxis, weil: Wo es Kies gibt, gibt es in der Regel Wasser. Dem Industrieverband Steine-Erden zufolge gibt es keinen Fall, wo es zu Komplikationen gekommen sei. Das Gutachten von Hydrogeologen Hermann Schad kam zu dem Schluss, dass die Quelle in Weißenbronnen bis zu 80 000 Menschen im Schussental mit Trinkwasser versorgen könnte und das Wasserschutzgebiet zu klein bemessen ist. Das hat inzwischen auch das Geologische Landesamt erkannt. Das Schutzgebiet wird erweitert, aber selbst in der Schutzgebietszone III, in das Grund fallen würde, ist Kiesabbau zulässig. Der Kommission erklärte Schad die geologische Besonderheit des Waldburger Rückens, der geologisch sehr heterogen sei. „Ich werde in einer anderen Region einen Kiesabbau im Wasserschutzgebiet empfehlen, allerdings ist die Lage hier sehr komplex. Sollte es je zu einem Unfall kommen, ist die Chance sehr gering, dass wir die Schadstofffahne messen können“, sagte er. Im Übrigen sei der Waldburger Rücken erdgeschichtlich mit der Jungmoränenlandschaft oder den Drumlins zu vergleichen.
Was wären Lösungsansätze?
Der Regionalverband kann den gesamten Altdorfer Wald als Grünzug ausweisen und Kiesabbau untersagen. Allerdings könnte das auch beklagt werden. Das Land Baden-Württemberg hat als Eigentümer des Waldstückes die Fläche an die Kiesgesellschaft Karsee verpachtet und könnte vom Vertrag zurücktreten oder Kiesabbau verbieten. Wolfeggs Bürgermeister Peter Müller sagte: „Dass abgebaut werden muss, ist uns allen klar. Unser Vorschlag: Wir verzichten auf den Neuaufschluss in Grund und erweitern die Fläche in Molpertshaus um die elf Hektar. Das wäre problemlos möglich, auch wenn es für Wolfegg der schlechtere Vorschlag ist, weil es mehr Verkehr bedeuten würde.“
Wie geht es jetzt weiter?
Nach der Sommerpause wird sich der Petitionsausschuss wieder mit dem Thema befassen und weitere Fragen stellen, damit alle wichtigen geklärt sind. Noch vor Jahresende möchte Petra Krebs den Kiesabbau in den Ausschuss einbringen, wo er dann debattiert wird. Dann muss der Ausschuss entscheiden, ob das Thema in den Landtag kommt. Die Mehrheit haben auch in diesem Ausschuss hier die Regierungsparteien Grüne und CDU. Wichtig sei auch, so Andreas Kenner (SPD): Die bloße Anzahl an Unterstützern hat keinen Einfluss auf den Erfolg einer Petition.
Weitere Hintergründe zum Kiesabbau gibt es in einem Dossier zusammengefasst unter der Adresse: www.schwäbische.de/kiesabbau