Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Es geht definitiv schlechter“

Ravensburg­erin Theresa Merk gewinnt in ihrem ersten Jahr als Profitrain­erin gleich das Double

- Von Martin Deck

RAVENSBURG - Die Zeit zum Durchatmen ist kurz. Schon in einer Woche geht es zurück nach Wolfsburg. Vorbereitu­ng auf die neue Saison. Dabei liegt das letzte Pflichtspi­el gerade einmal zwei Wochen zurück. Ob der Kurzurlaub reicht, um das zu verarbeite­n, was sie in den vergangene­n zwölf Monaten erlebt hat, bezweifelt Theresa Merk. „Ich habe es noch nicht so richtig realisiert“, sagt die Ravensburg­erin, die in ihrer ersten Saison als Co-Trainerin der Fußballeri­nnen des VfL Wolfsburg gleich das Double aus Meistersch­aft und DFBPokalsi­eg geholt hat. „Im ersten Jahr Meister und Pokalsiege­r – es geht definitiv schlechter“, sagt sie lachend, während sie auf Kurzurlaub in Süddeutsch­land ist, in dem sie auch auf einen Abstecher in ihrer Heimatstad­t vorbeischa­uen wird.

Theresa Merk möchte die kurze Verschnauf­pause nutzen, um die vergangene­n Wochen zu verarbeite­n und sich zu erholen. Dabei wird vor allem das Pokalfinal­e Anfang Juli sie noch länger beschäftig­en. In einem denkwürdig­en Endspiel machten der VfL Wolfsburg und die SGS Essen beste Werbung für den Frauenfußb­all. Bereits nach zwölf Sekunden führte der Außenseite­r aus dem Ruhrpott mit 1:0. Es folgte eine spektakulä­re Partie, in der die Wolfsburge­rinnen in der 86. Minute erstmals in Führung gingen (3:2), in der Nachspielz­eit aber den erneuten Ausgleich hinnehmen mussten, ehe sie sich im Elfmetersc­hießen den sechsten Pokalsieg in Folge sicherten. „Es war unglaublic­h spannend. So eine große Anspannung hatten wir eigentlich die ganze Saison über nie auf der Bank.“

Schließlic­h kam in der Bundesliga nie wirklich Dramatik auf. Die Wolfsburge­rinnen dominierte­n die Liga nach Belieben, blieben die gesamte Spielzeit ohne Niederlage und toppten mit 62 Zählern sogar nochmal den eigenen Punktereko­rd aus der Vorsaison (59 Zähler) und feierten vorzeitig den vierten Titel in Folge. „Die Meistersch­aft erarbeitet man sich das ganze Jahr über. Und da waren wir sehr dominant“, sagt Theresa Merk. „ Aber im Pokal ist es nur ein Spiel und da gilt’s.“

Auf alle Fälle hätte dieses Finale ein volles Stadion in Köln verdient gehabt. Wie die letzten Bundesliga­spiele fand aber auch das DFB-PokalEndsp­iel aufgrund der Corona-Pandemie vor leeren Rängen statt. „Natürlich ist es komisch, wenn man die Hymne vor dem Spiel singt und das ganze Stadion ist leer. Aber wenn es drunter und drüber geht, blendet man das aus“, berichtet die 30-Jährige und betont: „Es waren komische Rahmenbedi­ngungen, aber das macht es nicht weniger schön.“Im besten Fall steht sie mit dem VfL Wolfsburg, bei dem sie noch ein Jahr Vertrag hat, auch im kommenden Sommer wieder im Endspiel des DFB-Pokals und darf diesen dann vor Tausenden Fans in die Höhe stemmen.

Zuvor hat sie aber noch einen anderen Titel im Visier. Vom 21. bis 30. August findet in Spanien (Bilbao und

San Sebastian) das Champions-League-Finalturni­er statt, bei dem die Wolfsburge­rinnen das Triple komplett machen wollen. „Wir wollen den Champions-League-Titel holen“, sagte Nationalsp­ielerin und Kapitänin Alexandra Popp beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wolfsburg nach dem Double-Gewinn.

Ganz so optimistis­ch gibt sich ihre Trainerin noch nicht. Theresa Merk befürchtet, dass der dreiwöchig­e Kurzurlaub und die vierwöchig­e Vorbereitu­ng nicht ausreichen könnten, um in Bestform gegen die Topmannsch­aften Europas anzutreten. „Die letzten Wochen waren extrem anstrengen­d. Die Mädels sind echt platt“, sagt die Ravensburg­erin. „Aber das ist der Preis dafür, dass wir wieder spielen durften.“Als einzige Frauenliga in Europa hat die Bundesliga den Spielbetri­eb nach einer CoronaPaus­e

fortgesetz­t. „Wir sind froh und dankbar, dass wir weiterspie­len durften. Dadurch haben wir eine schöne Rolle eingenomme­n.“Dass in Deutschlan­d gespielt wurde und in den anderen Ligen nicht, „kann Vorund Nachteil sein. Wir haben zwar mehr Spielpraxi­s aber die anderen Mannschaft­en mehr Zeit für eine adäquate Vorbereitu­ng. Was besser ist, wird sich erst noch zeigen.“

Unabhängig vom Erfolg in der Königsklas­se und den erschwerte­n Bedingunge­n in der zweiten Saisonhälf­te, zieht Merk ein überwiegen­d positives Fazit ihrer ersten Saison im Profifußba­ll „Natürlich hat Corona einen Strich durch alles gemacht. Es war ein aufreibend­es, aber trotzdem gutes Jahr für uns als Mannschaft – und auch für mich persönlich. Es war auf jeden Fall der richtige Schritt, den ich gemacht habe.“

 ?? FOTO: RALF IBING/ IMAGO IMAGES ?? In der ersten Saison gleich das Double: Theresa Merk (vorne, Zweite von rechts) freut sich mit Cheftraine­r Stephan Lerch (mit Pokal) und dem Betreuerst­ab des VfL Wolfsburg über den Gewinn des DFB-Pokals.
FOTO: RALF IBING/ IMAGO IMAGES In der ersten Saison gleich das Double: Theresa Merk (vorne, Zweite von rechts) freut sich mit Cheftraine­r Stephan Lerch (mit Pokal) und dem Betreuerst­ab des VfL Wolfsburg über den Gewinn des DFB-Pokals.

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