Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Es geht definitiv schlechter“
Ravensburgerin Theresa Merk gewinnt in ihrem ersten Jahr als Profitrainerin gleich das Double
RAVENSBURG - Die Zeit zum Durchatmen ist kurz. Schon in einer Woche geht es zurück nach Wolfsburg. Vorbereitung auf die neue Saison. Dabei liegt das letzte Pflichtspiel gerade einmal zwei Wochen zurück. Ob der Kurzurlaub reicht, um das zu verarbeiten, was sie in den vergangenen zwölf Monaten erlebt hat, bezweifelt Theresa Merk. „Ich habe es noch nicht so richtig realisiert“, sagt die Ravensburgerin, die in ihrer ersten Saison als Co-Trainerin der Fußballerinnen des VfL Wolfsburg gleich das Double aus Meisterschaft und DFBPokalsieg geholt hat. „Im ersten Jahr Meister und Pokalsieger – es geht definitiv schlechter“, sagt sie lachend, während sie auf Kurzurlaub in Süddeutschland ist, in dem sie auch auf einen Abstecher in ihrer Heimatstadt vorbeischauen wird.
Theresa Merk möchte die kurze Verschnaufpause nutzen, um die vergangenen Wochen zu verarbeiten und sich zu erholen. Dabei wird vor allem das Pokalfinale Anfang Juli sie noch länger beschäftigen. In einem denkwürdigen Endspiel machten der VfL Wolfsburg und die SGS Essen beste Werbung für den Frauenfußball. Bereits nach zwölf Sekunden führte der Außenseiter aus dem Ruhrpott mit 1:0. Es folgte eine spektakuläre Partie, in der die Wolfsburgerinnen in der 86. Minute erstmals in Führung gingen (3:2), in der Nachspielzeit aber den erneuten Ausgleich hinnehmen mussten, ehe sie sich im Elfmeterschießen den sechsten Pokalsieg in Folge sicherten. „Es war unglaublich spannend. So eine große Anspannung hatten wir eigentlich die ganze Saison über nie auf der Bank.“
Schließlich kam in der Bundesliga nie wirklich Dramatik auf. Die Wolfsburgerinnen dominierten die Liga nach Belieben, blieben die gesamte Spielzeit ohne Niederlage und toppten mit 62 Zählern sogar nochmal den eigenen Punkterekord aus der Vorsaison (59 Zähler) und feierten vorzeitig den vierten Titel in Folge. „Die Meisterschaft erarbeitet man sich das ganze Jahr über. Und da waren wir sehr dominant“, sagt Theresa Merk. „ Aber im Pokal ist es nur ein Spiel und da gilt’s.“
Auf alle Fälle hätte dieses Finale ein volles Stadion in Köln verdient gehabt. Wie die letzten Bundesligaspiele fand aber auch das DFB-PokalEndspiel aufgrund der Corona-Pandemie vor leeren Rängen statt. „Natürlich ist es komisch, wenn man die Hymne vor dem Spiel singt und das ganze Stadion ist leer. Aber wenn es drunter und drüber geht, blendet man das aus“, berichtet die 30-Jährige und betont: „Es waren komische Rahmenbedingungen, aber das macht es nicht weniger schön.“Im besten Fall steht sie mit dem VfL Wolfsburg, bei dem sie noch ein Jahr Vertrag hat, auch im kommenden Sommer wieder im Endspiel des DFB-Pokals und darf diesen dann vor Tausenden Fans in die Höhe stemmen.
Zuvor hat sie aber noch einen anderen Titel im Visier. Vom 21. bis 30. August findet in Spanien (Bilbao und
San Sebastian) das Champions-League-Finalturnier statt, bei dem die Wolfsburgerinnen das Triple komplett machen wollen. „Wir wollen den Champions-League-Titel holen“, sagte Nationalspielerin und Kapitänin Alexandra Popp beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wolfsburg nach dem Double-Gewinn.
Ganz so optimistisch gibt sich ihre Trainerin noch nicht. Theresa Merk befürchtet, dass der dreiwöchige Kurzurlaub und die vierwöchige Vorbereitung nicht ausreichen könnten, um in Bestform gegen die Topmannschaften Europas anzutreten. „Die letzten Wochen waren extrem anstrengend. Die Mädels sind echt platt“, sagt die Ravensburgerin. „Aber das ist der Preis dafür, dass wir wieder spielen durften.“Als einzige Frauenliga in Europa hat die Bundesliga den Spielbetrieb nach einer CoronaPause
fortgesetzt. „Wir sind froh und dankbar, dass wir weiterspielen durften. Dadurch haben wir eine schöne Rolle eingenommen.“Dass in Deutschland gespielt wurde und in den anderen Ligen nicht, „kann Vorund Nachteil sein. Wir haben zwar mehr Spielpraxis aber die anderen Mannschaften mehr Zeit für eine adäquate Vorbereitung. Was besser ist, wird sich erst noch zeigen.“
Unabhängig vom Erfolg in der Königsklasse und den erschwerten Bedingungen in der zweiten Saisonhälfte, zieht Merk ein überwiegend positives Fazit ihrer ersten Saison im Profifußball „Natürlich hat Corona einen Strich durch alles gemacht. Es war ein aufreibendes, aber trotzdem gutes Jahr für uns als Mannschaft – und auch für mich persönlich. Es war auf jeden Fall der richtige Schritt, den ich gemacht habe.“