Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Draisaitl auf Nowitzkis Spuren
Eishockeystar ist aussichtsreicher Kandidat für den herausragenden Spieler der NHL
EDMONTON (dpa) - Von der Form, die ihn zum Topscorer und Kandidaten für den Preis des herausragenden Spielers in der NHL gemacht hat, ist Leon Draisaitl nach den ersten paar Tagen zurück auf dem Eis weit entfernt. „Im Eishockey brauchst du normalerweise ein paar Wochen, um wieder rein zu kommen. Durch die drei, vier Monate Pause wird es 'ne Weile dauern, in den Rhythmus zu kommen und diese Normalität wieder zu bekommen“, sagte der 24-jährige Kölner. „Nach den ersten paar Tagen ist man natürlich ein bisschen kaputt und spürt das in den Knochen. Aber das wird von Tag zu Tag besser.“
Am 1. August geht es für Draisaitl mit den Edmonton Oilers zum Auftakt der erweiterten Play-offs gegen die Chicago Blackhawks, drei Siege braucht das Team für den Einzug in die nächste Runde. Ab dann gilt der übliche Best-of-Seven-Modus . „Jedes Team, das jetzt dabei ist, hat eine Chance, den Stanley Cup zu gewinnen. Wir wollen dieses Team sein“, sagte der Angreifer. Doch egal, wie weit die Oilers kommen: Schon jetzt ist die Saison 2019/20 die beste in der Karriere des Nationalspielers.
In nur 15 der 71 Hauptrundenspiele war er nicht direkt an einem Treffer seiner Mannschaft beteiligt, mit 110 Punkten holte er die Art Ross Trophy, gewann als erster Deutscher in einer der großen US-Ligen die Scorerwertung und bekam dafür Glückwünsche und Lob aus allen Richtungen. Als Kandidat für den MVP-Award als wertvollster Spieler der Saison galt er seitdem ohnehin, seit vergangener Woche ist er auch offiziell einer der drei Nominierten für den Ted-Lindsay-Pokal, den Preis für den herausragenden Spieler der Saison, der durch die Spielergewerkschaft der NHL gewählt wird. „Das ist die größte Trophäe, die man gewinnen kann von seinen Mitspielern und Gegnern. Als MVP gewählt zu werden, das ist am besondersten. Das würden alle Spieler so sagen“, sagte Draisaitl. „Ich bin da in einer gewissen Art und Weise auch sehr stolz darauf.“
Einzig Basketball-Ikone Dirk Nowitzki bekam die Auszeichnung als MVP in den USA überreicht, im Eishockey wäre Draisaitl auch damit der erste Sportler aus Deutschland. „Es ist eine große Ehre, von den Spielern in der ganzen Liga dafür nominiert zu werden“, sagte er. Vergeben wird der Pokal während der Conference-Finals, und sollte er gewinnen, wäre Draisaitl sicher gerne als aktiver Spieler dabei und nicht schon ausgeschieden. Damit das klappt, hofft der Hundefreund auf Mitspieler, die sich von den ganzen Begleiterscheinungen eines Saisonfinals zu Pandemie-Zeiten nicht ablenken lassen.
„Körperlich probiert man sich so gut wie möglich vorzubereiten, aber trotzdem wird sich viel im Kopf abspielen. Wer die Bedingungen akzeptiert, ohne frustriert zu werden, dem wird es am einfachsten fallen, einen normalen Rhythmus zu bekommen“, sagte er. „Die Familie nicht sehen für was weiß ich wie lange, im Hotel sein für Monate – solche Sachen. Ich glaube, dass das nicht ganz so einfach ist für viele Jungs und Familien.“
Gespielt wird in zwei Gruppen. Die Teams aus der Eastern Conference sind in Toronto, die aus der Western Conference in Edmonton. Sorgen um eine Infektion mit dem Coronavirus hat Draisaitl nicht: „Die Regeln sind sehr klar und deutlich, bis jetzt fühlt sich jeder, glaube ich, sehr sicher.“