Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
AC gegen DC
Wenig elektrisierendes Drama: „Edison – Ein Leben voller Licht“
Der amerikanische Film „Edison“stammt bereits aus dem Jahr 2017, kommt aber erst jetzt in die deutschen Kinos. Ist dies etwa der leicht verzweifelte Versuch, angesichts der Flaute an Neuerscheinungen diesen Sommer doch noch etwas Namhaftes auf die große Leinwand zu bringen? Tatsächlich ist die Geschichte noch etwas komplizierter. Denn das Strom-Drama lief nach einer langwierigen Produktionsphase im Herbst 2017 auf dem Toronto International Film Festival, elektrisierte das Publikum aber keineswegs. Weihnachten desselben Jahres sollte eine neu geschnittene Fassung dann ins Kino kommen, allerdings gab es da immensen Ärger um den Produzenten des Films, einen gewissen Harvey Weinstein.
Aus dessen Konkursmasse herausgekauft, erblickt „Edison“nun doch noch das Licht der Welt. Aber wie oft bei so verworrenen Entstehungsgeschichten ist das Resultat recht durchwachsen. Zudem führt der brave deutsche Titel etwas in die Irre, denn hier handelt es sich um keine konventionelle Erfinder-Biografie. Vielmehr geht es um einen Wettstreit, wie der Originaltitel „The Current War“andeutet – den Krieg der elektrischen Spannungen, AC gegen DC.
Für Letzteres, den Gleichstrom (Direct Current), steht Thomas Edison (Benedict Cumberbatch), ein begnadeter Erfinder, Weiterentwickler und Vermarkter. In einer spektakulären Aktion hatte er im Jahr 1880 mit seiner marktfähigen Glühbirne mehrere Häuserblöcke in Manhattan dauerhaft erleuchtet. Doch die neue Technologie stieß an ihre Grenzen – im Wortsinne, konnte damit doch zunächst nur die nähere Umgebung versorgt werden. Für ein Land von der Größe der Vereinigten Staaten keine optimale Situation. Weitaus größere Reichweite versprach der Wechselstrom (Alternate Current); ein entsprechendes System wurde von Nikola Tesla (Nicholas Hoult) für das Unternehmen von George Westinghouse (Michael Shannon) entwickelt.
Edison gegen Westinghouse, dieser Konkurrenzkampf steht nun im Mittelpunkt des Films, bei dem unterschiedliche Philosophien und Egos aufeinanderprallen. Ausgetragen wird er unter aktiver Miteinbeziehung der Presse und gegenseitiger Anschuldigungen. Edison wirft seinem Konkurrenzen etwa vor, dessen Wechselstrom sei tödlich, was sich mit der Einführung des elektrischen Stuhls für Hinrichtungen dann auch bewahrheitet.
Biografische Details wie der frühe Tod von Edisons erster Frau Mary Stilwell (Tuppence Middleton) werden dazwischen eher pflichtgemäß abgehakt. Das muss kein Fehler sein, schließlich bietet das Thema genügend faszinierende Aspekte, zu denen auch heutige Zuschauer einen Bezug aufbauen können. So handelt es sich bei den Spannungen um den ersten „Formatkrieg“, wie es ihn später etwa zwischen den Videokassetten-Formaten VHS, Betamax und Video 2000 gab.
Auch ist beeindruckend, wie viele bis heute prägende Techniken damals in kurzer Zeit auf den Markt kamen – und oft hatte Edison dabei seine Finger im Spiel: neben der Glühbirne etwa bei Schallplatten- und Filmtechnik. Dabei war er allerdings nicht immer der Erste, brachte die Produkte aber in eine attraktive und konsumentenfreundliche Form. Parallelen zu einer gewissen Firma mit angebissenem Apfel im Logo drängen sich auf.
Regisseur Alfonso Gomez-Rejon, der vor fünf Jahren mit dem warmherzigen „Ich und Earl und das Mädchen“überzeugte, gelingt es allerdings nicht, aus seiner Konstellation größere Spannung aufzubauen. Die prominenten Darsteller geben ihr Bestes, aber auch Techniklaien wird schnell klar, dass Edison sich verrannt und auf das falsche Pferd gesetzt hat. Immerhin gelingt dem Film eine teils eindrückliche optische Inszenierung. Erfolg dürfte er aber allenfalls durch einen von seinem Thema abweichenden Aspekt haben: den Mangel an Alternativen.