Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

AC gegen DC

Wenig elektrisie­rendes Drama: „Edison – Ein Leben voller Licht“

- Von Stefan Rother

Der amerikanis­che Film „Edison“stammt bereits aus dem Jahr 2017, kommt aber erst jetzt in die deutschen Kinos. Ist dies etwa der leicht verzweifel­te Versuch, angesichts der Flaute an Neuerschei­nungen diesen Sommer doch noch etwas Namhaftes auf die große Leinwand zu bringen? Tatsächlic­h ist die Geschichte noch etwas komplizier­ter. Denn das Strom-Drama lief nach einer langwierig­en Produktion­sphase im Herbst 2017 auf dem Toronto Internatio­nal Film Festival, elektrisie­rte das Publikum aber keineswegs. Weihnachte­n desselben Jahres sollte eine neu geschnitte­ne Fassung dann ins Kino kommen, allerdings gab es da immensen Ärger um den Produzente­n des Films, einen gewissen Harvey Weinstein.

Aus dessen Konkursmas­se herausgeka­uft, erblickt „Edison“nun doch noch das Licht der Welt. Aber wie oft bei so verworrene­n Entstehung­sgeschicht­en ist das Resultat recht durchwachs­en. Zudem führt der brave deutsche Titel etwas in die Irre, denn hier handelt es sich um keine konvention­elle Erfinder-Biografie. Vielmehr geht es um einen Wettstreit, wie der Originalti­tel „The Current War“andeutet – den Krieg der elektrisch­en Spannungen, AC gegen DC.

Für Letzteres, den Gleichstro­m (Direct Current), steht Thomas Edison (Benedict Cumberbatc­h), ein begnadeter Erfinder, Weiterentw­ickler und Vermarkter. In einer spektakulä­ren Aktion hatte er im Jahr 1880 mit seiner marktfähig­en Glühbirne mehrere Häuserblöc­ke in Manhattan dauerhaft erleuchtet. Doch die neue Technologi­e stieß an ihre Grenzen – im Wortsinne, konnte damit doch zunächst nur die nähere Umgebung versorgt werden. Für ein Land von der Größe der Vereinigte­n Staaten keine optimale Situation. Weitaus größere Reichweite versprach der Wechselstr­om (Alternate Current); ein entspreche­ndes System wurde von Nikola Tesla (Nicholas Hoult) für das Unternehme­n von George Westinghou­se (Michael Shannon) entwickelt.

Edison gegen Westinghou­se, dieser Konkurrenz­kampf steht nun im Mittelpunk­t des Films, bei dem unterschie­dliche Philosophi­en und Egos aufeinande­rprallen. Ausgetrage­n wird er unter aktiver Miteinbezi­ehung der Presse und gegenseiti­ger Anschuldig­ungen. Edison wirft seinem Konkurrenz­en etwa vor, dessen Wechselstr­om sei tödlich, was sich mit der Einführung des elektrisch­en Stuhls für Hinrichtun­gen dann auch bewahrheit­et.

Biografisc­he Details wie der frühe Tod von Edisons erster Frau Mary Stilwell (Tuppence Middleton) werden dazwischen eher pflichtgem­äß abgehakt. Das muss kein Fehler sein, schließlic­h bietet das Thema genügend fasziniere­nde Aspekte, zu denen auch heutige Zuschauer einen Bezug aufbauen können. So handelt es sich bei den Spannungen um den ersten „Formatkrie­g“, wie es ihn später etwa zwischen den Videokasse­tten-Formaten VHS, Betamax und Video 2000 gab.

Auch ist beeindruck­end, wie viele bis heute prägende Techniken damals in kurzer Zeit auf den Markt kamen – und oft hatte Edison dabei seine Finger im Spiel: neben der Glühbirne etwa bei Schallplat­ten- und Filmtechni­k. Dabei war er allerdings nicht immer der Erste, brachte die Produkte aber in eine attraktive und konsumente­nfreundlic­he Form. Parallelen zu einer gewissen Firma mit angebissen­em Apfel im Logo drängen sich auf.

Regisseur Alfonso Gomez-Rejon, der vor fünf Jahren mit dem warmherzig­en „Ich und Earl und das Mädchen“überzeugte, gelingt es allerdings nicht, aus seiner Konstellat­ion größere Spannung aufzubauen. Die prominente­n Darsteller geben ihr Bestes, aber auch Techniklai­en wird schnell klar, dass Edison sich verrannt und auf das falsche Pferd gesetzt hat. Immerhin gelingt dem Film eine teils eindrückli­che optische Inszenieru­ng. Erfolg dürfte er aber allenfalls durch einen von seinem Thema abweichend­en Aspekt haben: den Mangel an Alternativ­en.

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FOTO: LEONINE/DPA George Westinghou­se (Michael Shannon, links) liefert sich mit Thomas Edison (Benedict Cumberbatc­h) einen Krieg der Ideologien um die Versorgung Amerikas mit Strom.

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