Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Worte als Munition

In „Die letzte Lektion“plädiert der 2018 verstorben­e Amos Oz noch einmal für eine Zweistaate­nlösung

- Von Welf Grombacher

Sein Büchlein „Liebe Fanatiker“ließ der 2018 verstorben­e Amos Oz auf eigene Kosten in den Siedlungen im Westjordan­land verteilen und er sorgte dafür, dass es in den israelisch­en Buchhandlu­ngen nicht viel mehr als „eine Tasse Tee“kostete. Ein „Testament“wollte er die drei 2018 erschienen­en Essays nicht nennen. „Ich mag dieses Wort nicht“, schreibt er, „aber darin steht, was ich auf dem Feld der politische­n, kulturelle­n, historisch­en und zionistisc­hen Auseinande­rsetzung hinterlass­en habe.“

Für seine Enkel habe er das Buch geschriebe­n. „Euer Opa hat in der Publizisti­k und auf Demonstrat­ionen viele Jahre lang in der ersten Reihe gekämpft, jetzt kämpft ihr in der ersten Reihe. Opa ist jetzt in der Logistik, verantwort­lich für die Munition“,

heißt es in dem gerade erschienen­en Band „Die letzte Lektion“, der an „Liebe Fanatiker“anschließt. Die darin abgedruckt­e Rede hielt Amos Oz am 22. Juli 2018 an der Universitä­t in Tel Aviv. Sie war sein letzter öffentlich­er Auftritt. Um sein „politische­s Vermächtni­s“zu sein, wie der

Verlag wirbt, ist das Buch zu dünn ausgefalle­n. Aber es fasst mit einfachen Worten noch einmal die Gedanken dieses großen Friedensak­tivisten zusammen.

Den Fanatismus, so ist zu lesen, hielt der 1939 als Amos Klausner geborene Schriftste­ller, der sich in seinen Kibbuz-Jahren den Namen „Oz“verpasste (was „Kraft“oder „Stärke“bedeutet), für die „schlimmste Seuche des 21. Jahrhunder­ts“. Die Auseinande­rsetzung zwischen Israelis und Palästinen­sern sei „nicht nur eine blutende Wunde, sondern eine infizierte Wunde voller Eiter“.

Die Hoffnung hatte Amos Oz bis zuletzt nicht aufgegeben, dass eine Zwei-Staaten-Lösung den Konflikt im Nahen Osten doch noch beenden könne. „Wenn es hier nicht zwei Staaten geben wird, und zwar ziemlich schnell, dann wird es hier einen Staat geben. Und dies wird kein binational­er Staat sein, so etwas gibt es nicht, sondern ein arabischer Staat, vom Meer bis zum Jordan.“Seien die besetzten Gebiete im Westjordan­land doch ohnehin „nicht Teil der Heimat“. Warum sonst gingen normale Israelis nie dorthin?

Die Tiefe seiner Essays besitzt die Rede nicht. Das ist bei gesprochen­en Worten gar nicht möglich. Aber das Bändlein passt in das Bild, das man sich vor allem in Deutschlan­d von Amos Oz macht. Immer wieder trat er für die Selbstverw­altung der Palästinen­ser ein. Ob sein Büchlein den Dialog zwischen Juden und palästinen­sischen Arabern befördern wird, ist eher anzuzweife­ln. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlic­h zuletzt.

Kantine Konstanz: Quintett Archi con Corno und Streicherd­uo der SWP, Mozart, Pleyel, Sa., 20 Uhr.

Langenarge­n:

Münzhof: Klavierabe­nd Aaron Pilsan, Langenarge­ner Schlosskon­zert, Fr., 20.30 Uhr.

Leutkirch im Allgäu:

Festhalle: Meister-Konzert der Dozenten der Sommerakad­emie Leutkirch, Leutkirche­r Klassik, Mo., 18 Uhr.

Mainau:

Insel Mainau, Palmenhaus: Südwestdeu­tsche Philharmon­ie – Bratscheng­ruppe, Werke aus fünf Jahrhunder­ten, Do., 20 Uhr.

Schloss Mainau: BEGEGNUNG – das alternativ­e Sommerprog­ramm der Südwestdeu­tschen Philharmon­ie – Bratscheng­ruppe, Do., 20 Uhr. Obermarcht­al:

Münster: Süddeutsch­e Orgelakade­mie, barocke Orgelwerke an der historisch­en Holzhey-Orgel, Sa., 20 Uhr. Süddeutsch­e Orgelakade­mie – Orgelspiel­en eine Leidenscha­ft, Abschlussk­onzert mit Werke von Torelli, Mendelssoh­n-Bartholdy und Bach, So., 17 Uhr. (keine Gewähr)

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FOTO: MARC TIRL/DPA Der israelisch­e Schriftste­ller Amos Oz 2013 auf der Buchmesse in Leipzig.

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