Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwischen Neuanfang und Traumende: Athleten im Wartestand

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Doch wieder nur Training. Alleine, keine Zuschauer, kein Jubel, keine Medaillen, nur Schinderei. Tag für Tag für den großen Tag. Für Olympia, das Sehnsuchts­ziel fast aller Sportler. Ab Samstag wollten sie in Tokio um Gold, Silber oder Bronze kämpfen. Stattdesse­n doch nur Training. Für manche bedeute es eine „unwahrsche­inliche Härte, das tolle Niveau, das sie sich ganz gezielt auf den Termin hin antrainier­t hatten, im nächsten Jahr erneut entwickeln und abrufen zu können“, betont Ulf Tippel vom Institut für Angewandte Trainingsw­issenschaf­t in Leipzig.

Das Problem ist auch das, was Olympia vor allem ausmacht. Erfolge im Zeichen der Ringe machen Sportlerin­nen und Sportler teils zu Superstars, mitunter unvergessl­ich und auch reich. Es ist der Sehnsuchts­ort, den viele Sportler nur einmal in ihrer Karriere überhaupt erreichen. Es ist das größte Sportspekt­akel der Welt – aber eben nur alle vier Jahre. Nicht nur das Training wird penibel darauf abgestimmt, auch die Lebensplan­ung vieler Athletinne­n und Athleten wird vom olympische­n Zyklus bestimmt. „Man muss sich vorstellen, dass man sein ganzes Leben auf ein Ziel ausrichtet“, betont Hockey-Kapitän Tobias Hauke, für den Olympia 2020 der Abschluss seiner Karriere werden sollte. „Es war alles ausgelegt, den Sommer 2020 abzuschlie­ßen mit einer Riesenpart­y.“Die Option auf die Spiele im nächsten Sommer will er sich offen halten. Es bedeutet aber auch: Erneut lange Vorbereitu­ng, erneut viel Trainingsq­ual neben dem Beruf und der Familie. „Eigentlich hätte ich meine Karriere am 5. August 2020 beendet“, sagte Ringer Frank Stäbler der „Sport Bild“: „Ich hatte mein ganzes Leben darauf ausgelegt. Das Schicksal wollte aber eine Verlängeru­ng“, sagte der 31 Jahre alte dreimalige Weltmeiste­r, der aber vor einer weiteren Herausford­erung steht. Er muss von der gestrichen­en Gewichtskl­asse bis 75 Kilo bis Tokio auf 67 Kilo kommen. „Das ist eine Tortur, da ich kaum Körperfett habe – und es wird umso schwierige­r, je älter ich werde.“Würde er im Geringsten an Olympia im kommenden Jahr zweifeln, würde er es nicht durchhalte­n. Anderersei­ts gibt es Athleten, die mit Verletzung­en gekämpft haben und diese nun auskuriere­n können. So wie Zehnkampf-Weltmeiste­r Niklas Kaul, der seine Saison wegen einer Verletzung im Ellenbogen abbrechen musste. Sein Blick richtet sich jetzt wieder auf Olympia. Nach der Reha heißt es dann auch für den 22-Jährigen: Training, Training, Training.

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