Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baindt wächst um bis zu 700 Einwohner
Die Gemeinde im Schussental dehnt sich in den nächsten Jahren wie keine zweite aus
BAINDT - Die Gemeinde Baindt wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren so stark wachsen wie vermutlich keine zweite in der Umgebung. Rechnet man die erwartbaren Einwohner in den jeweils angedachten Baugebieten zusammen, kommt man auf 600 bis 700 zusätzliche Einwohner. Heute hat die Gemeinde 5300 Einwohner, in 20 Jahren könnten es dann 6000 sein. Das hat auch Folgen für die Infrastruktur.
Derzeit wird im Baugebiet Geigensack in Richtung Sulpach ordentlich gebaut. Bauherren stehen mit den Bauunternehmern zusammen und besprechen die letzten Details. Kräne prägen das Bild in dem Gebiet. Hier gibt es 30 Bauplätze. Rechnet man pro Haus etwa vier Einwohner, sind das allein in Geigensack schon 120 Einwohner. Das wird sich in Baindt bemerkbar machen. Aber Bürgermeisterin Simone Rürup sieht ihre Gemeinde gewappnet für die zusätzlichen Bürger.
Am Samstag ist die Einweihung des neuen Kindergartens bei der Klosterwiesenschule, den Bau hatte noch Altbürgermeister Elmar Buemann in die Wege geleitet. Mit dem Neubau kann die Gemeinde fünf Gruppen anbieten, dazu kommen der katholische Kindergarten und der Waldorf-Kindergarten. „Den Kindergarten werden wir brauchen“, ist sich Rürup sicher. Denn die steigende Geburtenrate und die zusätzlichen Wohngebiete machen sich auch in Baindt bemerkbar. „Man kann durchaus auch zusätzlich über eine Naturgruppe nachdenken“, sagt die Bürgermeisterin. Langfristig gesehen dürfte auch das Thema Schulentwicklung auf Baindt zukommen. Die Einnahmen, die die Gemeinde also über den Verkauf von Bauplätzen verbuchen kann, wird auch Folgekosten für die Infrastruktur haben.
In den nächsten Jahren sind diverse weitere Neubaugebiete beziehungsweise Erweiterungen in Planung.
Da wäre zum einen Marsweiler Ost mit 19 Wohnplätzen und zum anderen Vocken mit etwa 20 Plätzen, die Lilienstraße soll mit zehn Gebäuden erweitert werden und dann gibt es noch das Baugebiet Bühl, wo bis jetzt 40 Bauplätze vorgesehen sind.
Gerade bei letzterem stellt sich die Bürgermeisterin ein Musterbaugebiet vor. „Man sollte hier schon innovativ sein, und Klimaneutralität, Photovoltaikanlagen und Begrünung sollten eine große Rolle spielen“, sagt Simone Rürup, der eine nachhaltige Entwicklung wichtig ist. Deswegen stellt sie sich dort Kettenhäuser vor, also immer abwechselnd Haus, Garage, Haus, Garage ohne Freifläche dazwischen, um möglichst viel Wohnraum bei wenig Flächenversiegelung zu schaffen. Auch Mehrfamilienhäuser sollen in diesem Baugebiet unterkommen. Prinzipiell gelte bei der Entwicklung von Wohngebieten, dass landschaftsgerechte und naturnahe Gärten mit standorttypischen, heimischen Bäumen und Sträuchern so selbstverständlich seien wie eine insektenfreundliche Beleuchtung und Photovoltaikanlagen.
Dass in Baindt überhaupt so viel gebaut werden kann, hat mit dem umstrittenen Paragrafen 13b des Baugesetzbuches zu tun. Kurz gesagt, lässt der zeitlich begrenzt geltende Paragraf ein vereinfachtes Bauverfahren ohne ökologischen Ausgleich zu. Viele Gemeinden haben den Paragrafen in der Vergangenheit angewendet und Aufstellungsbeschlüsse für Baugebiete gefasst.
Wie groß die Nachfrage nach Bauplätzen im wirtschaftsstarken Zuzugsgebiet Schussental ist, zeigt das Baugebiet Marsweiler Ost. 13 Bauplätze sind im Einheimischen-Modell für 350 Euro/Quadratmeter verkauft worden, sechs werden nach Höchstgebot vergeben, das Mindestgebot liegt bei 375 Euro/Quadratmeter.
Innerhalb von 24 Stunden nach der Ausschreibung auf der Internetseite der Gemeinde lag die erste Bewerbung auf dem Schreibtisch des Baindter Bauamtes. „Und das, obwohl wir das Baugebiet noch nicht einmal beworben haben“, sagt Rürup.
Am meisten Einwohner wird Baindt in den nächsten Jahren beim Fischerareal gewinnen, also in dem Bereich am Ortseingang, wo im Juni der Bau einer Feneberg-Filiale begonnen hat. Hier entsteht ein neuer Ortsteil, in dem zwischen 150 und 200 Bürger ein Zuhause finden können. Ende November will der Gemeinderat zu diesem Thema in eine Klausurtagung gehen, um die Rahmenbedingungen auf dem Fischerareal festzuzurren. Dann kann in die Vermarktung eingestiegen werden. Angedacht ist hier den Weg der Konzeptvergabe. Sprich: Nicht der Bieter mit dem höchsten Gebot soll den Zuschlag bekommen, sondern der mit dem besten Konzept.
Wie bereits mehrfach berichtet, soll es auf dem Fischerareal Geschosswohnungsbau geben, um möglichst viel Wohnraum – im Gegensatz zu Einfamilienhäusern – zu schaffen. Und die Stiftung St. Franziskus hatte beabsichtigt, auf dem Fischerareal auf einer Fläche von 3500 Quadratmetern ein Altenzentrum für demenziell Erkrankte zu bauen. Doch diesen Plänen, die der Gemeinderat schon 2018 unterstützte, scheint sich jetzt ein Fragezeichen hintenan zu stellen. Ob dieses Zentrum wirklich kommt, steht auf der Kippe. Durch Änderungen im Bebauungsplan sei das angedachte Grundstück schwieriger zu bebauen, hieß es dazu in der jüngsten Gemeinderatssitzung. „Wir wollen aber auf jeden Fall daran festhalten, dort das Thema Wohnen im Alter unterzubringen“, sagt Simone Rürup.
Verbunden mit dem Fischerareal ist auch die Entwicklung des Dorfplatzes. Dazu wird auch der Sulzmoosbach, der durch Baindt fließt, offen gelegt werden. Dem hat der Gemeinderat jüngst zugestimmt.