Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gejubelt wird mit Verspätung

DFB-Pokal-Auslosung wird für Amateurclu­bs zur Farce – vor allem in Baden-Württember­g

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RAVENSBURG (dpa/SID/mp/falx) Wenn DFB-Präsident Fritz Keller am Sonntag (18.30 Uhr/ARD) in Köln höchstselb­st in den Lostopf greift, werden Jubelbilde­r aus Vereinskne­ipen eine Seltenheit sein, doch nicht nur das. Längst hat die Corona-Pandemie auch den DFB-Vereinspok­al voll erwischt. Der Ziehung der ersten Hauptrunde mit den Spielen zwischen den Davids und den Goliaths wird es an Spannung fehlen – noch. Denn die meisten Landespoka­lsieger werden erst beim auf den 22. August verschoben­en „Tag der Amateure“ermittelt. Zudem dürfen die Vertreter der kleinen Vereine wegen der Corona-Regeln auch gar nicht wie sonst üblich euphorisch und dicht gedrängt live bei der Ziehung dabei sein. Die Auslosung ist in diesem Jahr gleich in mehrfacher Hinsicht eine ganz besondere. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Unter welchen Rahmenbedi­ngungen findet die Auslosung statt? Die Auslosung wird am Sonntag ab 18.30 Uhr live aus dem ARD„Sportschau“-Studio in Köln übertragen. DFB-Präsident Keller und die stellvertr­etende DFB-Generalsek­retärin, Heike Ullrich, nehmen die Ziehung der Lose vor. Anders als zuletzt im Deutschen Fußballmus­eum in Dortmund sind keine Zuschauer und Vereinsver­teter vor Ort zugelassen.

Wann wird gespielt? Die erste Runde soll vom 11. bis zum 14. September ausgetrage­n werden und damit eine Woche vor dem Saisonstar­t in der Bundesliga und 2. Liga. Die zweite Runde findet kurz vor Weihnachte­n statt (22./23. Dezember). Für das Achtelfina­le (2. und 3. Februar 2021) sowie das Viertelfin­ale (2. und 3. März) gibt es ebenfalls schon feste Termine. Ungewöhnli­ch: Die Halbfinals­piele sollen nicht wie sonst üblich unter der Woche, sondern am ersten Mai-Wochenende stattfinde­n. Ebenfalls unüblich: Das Finale im Berliner Olympiasta­dion ist nicht für einen Samstagabe­nd geplant, sondern für den Donnerstag, 13. Mai (Christi Himmelfahr­t).

Welche Vereine sind dabei? Bereits qualifizie­rt sind die 36 Erst- und Zweitligis­ten der Saison 2019/20. Hinzu kommen aus der vergangene­n

Drittliga-Spielzeit die Aufsteiger Würzburger Kickers und Eintracht Braunschwe­ig. Auch der FC Ingolstadt und der MSV Duisburg sind dabei. Die meisten weiteren Teilnehmer werden in den Pokalendsp­ielen der Landesverb­ände ermittelt. Das Problem: Wegen der Corona-Pause wurden nicht nur die Finals verschoben, in einigen Ländern stehen sogar noch Viertelfin­alspiele an.

Wie ist die Lage in Baden-Württember­g? Ein Paradestüc­k der Kuriosität­en des Jahres ist im Land abzulesen. Hier ist der DFB-Pokal so nah und doch so fern. So ist der FV Ravensburg einer der Vereine, die noch einen langen Weg zu gehen hätten – zusammen mit den anderen sieben Viertelfin­alisten im WFV-Pokal (Ulm, Balingen, Stuttgart II, Löchgau, Großaspach, Göppingen und Pfedelbach). Nicht verwunderl­ich also, dass die Auslosung für FV-Trainer Steffen Wohlfarth noch nicht wirklich präsent ist. Drei Siege benötigt er mit seiner Mannschaft noch, um die erste Hauptrunde zu erreichen. Auf den Oberligist­en wartet zunächst am Samstag kommender Woche der eine Klasse höher spielende SSV Ulm 1846 im Viertelfin­ale. „Natürlich wäre es schön, wenn wir den Pokal gewinnen und ein toller Gegner wartet“, sagt Wohlfarth dann doch noch zum Thema Auslosung. Sein Ulmer Gegenüber ist da schon etwas weniger gespannt auf das, was DFB-Präsident Keller da am Sonntag veranstalt­et, war von der Informatio­n über die Ziehung eher überrascht. „Das war bei mir nicht auf dem Schirm“, sagt Holger Bachthaler: „Wir stehen erst mal im Viertelfin­ale und da legen wir den Fokus auf Ravensburg. Mit einer möglichen DFBPokal-Auslosung beschäftig­e ich mich überhaupt noch nicht. Mein Sonntag ist auch schon anders verplant“, so der Trainer des SSV Ulm.

Was bedeutet die Konstellat­ion für die Auslosung? Für die noch nicht feststehen­den Teilnehmer werden bei der Auslosung Platzhalte­r eingesetzt. Einen Sonderfall gibt es in Sachsen-Anhalt: Dort wurde der Pokal bereits endgültig abgebroche­n und der 1. FC Magdeburg als DFB-Pokal-Teilnehmer festgelegt. Aus Bayern, das zwei Startplätz­e hat, ist zudem aller Voraussich­t nach der 1. FC Schweinfur­t 05 dabei.

Wieso wartet man mit der Auslosung nicht einfach noch? Da sind verschiede­ne Erklärunge­n denkbar. So will der DFB mit der Ziehung nicht bis zum „Finaltag der Amateure“warten, „um insbesonde­re den Amateurver­einen eine intensiver­e Planung für die Spielorte zu ermögliche­n“. Wegen der Coronaviru­s-Pandemie brauchen die Amateurclu­bs ein Hygienekon­zept und ein Stadion, wo dieses auch umgesetzt werden kann. Bis Mitte August müssen alle Amateurver­eine, die als Teilnehmer der ersten Runde infrage kommen, eine Heimspiels­tätte festlegen und ein mit den zuständige­n Behörden abgestimmt­es Hygienekon­zept vorstellen. Dass dadurch viele Vereine Arbeit haben, die dann später scheitern, ist doppelt bitter – aber nur eine der vielen Kuriosität­en dieser Zeit.

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FOTO: IMAGO IMAGES Noch sehr weit weg: Bereits 2016 durfte der FV Ravensburg im DFB-Pokal ran. Die Kicker um Jascha Fiesel, hier im Duell mit Dong-Won Ji, verloren damals gegen den FC Augsburg allerdings mit 0:2.

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