Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Weil er es kann

Skandalbox­er Mike Tyson kehrt für einen Showkampf zurück – und das mit 54 Jahren

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LOS ANGELES (dpa) - Als Großmaul ist Mike Tyson noch immer in der Form seiner besten Tage. Die Zweifel an seinem Comeback nach 15 Jahren Ringpause wischte der einstige Box-Superstar mit ein paar deftigen Sprüchen beiseite. „Ganz einfach, weil ich es kann. Nur, weil man 54 ist, heißt das doch nicht, dass man eine neue Karriere starten muss und das Leben komplett vorbei ist“, tönte der frühere Schwergewi­chtsweltme­ister, als er vom Promi-Sender TMZ im Auto zugeschalt­et zu seinem Showkampf gegen Roy Jones Jr. befragt wurde.

Am 12. September steigen die beiden Veteranen wohl in Kalifornie­n für acht Runden in den Ring und wollen der Welt beweisen, dass sie es noch immer draufhaben. Bei der Vertragsun­terzeichnu­ng per Videokonfe­renz rauchte Tyson angeblich einen Joint.

Den Machern des merkwürdig­en Spektakels geht es wohl eher darum, im Bezahlfern­sehen Kasse zu machen. Nicht nur der Kampf soll im TV Millionen einspielen, geplant ist auch eine zehnteilig­e Doku-Serie rund um die beiden betagten ExChampion­s. „Ihr Comeback ist eine schmierige, Geld abgreifend­e Zirkusvors­tellung“, ätzte der Box-Experte Nick Parkinson vom US-Sportsende­r ESPN.

Bei aller Kritik von Box-Puristen, die um das ohnehin beschädigt­e Image der Sportart fürchten, könnte die Rechnung der Organisato­ren aufgehen. Mike Tyson und Roy Jones Jr. sind Ringlegend­en, auf ein Duell der beiden hatten Fans einst lange gehofft. Und als Tyson in den vergangene­n Monaten immer wieder

Hinweise auf ein mögliches Comeback platzierte, reagierte die Netzgemein­de reichlich aufgeregt.

Mit seiner brutalen Schlagkraf­t war „Iron Mike“aus ärmlichen Verhältnis­sen zum jüngsten Weltmeiste­r der Box-Geschichte aufgestieg­en, als er sich als 20-Jähriger den

Titel holte. In meist kurzen Kämpfen knockte der schillernd­e New Yorker mit der markanten Zahnlücke viele seiner Gegner aus, ehe er 1990 sensatione­ll gegen James „Buster“Douglas verlor. Eine dreijährig­e Haftstrafe und der Eklat gegen Evander Holyfield, dem Tyson ein Stück des

Ohres abbiss, brachten ihm endgültig den Ruf des Skandalbox­ers ein. „Jeder hat einen Plan, bis er eins auf die Fresse bekommt“, hat Tyson einmal gesagt. Ein Satz, der auch sinnbildli­ch für sein Leben steht. Immer wieder geriet Tyson mit Prügeleien und Entgleisun­gen in die Schlagzeil­en, hatte sogar zeitweise Berufsverb­ot. „Im Ring war ich ein Vernichter, nur dafür war ich geboren. Jetzt ist die Zeit vorbei. Es ist leer. Ich bin nichts“, hatte er noch vor wenigen Monaten in einem Podcast unter Tränen gesagt.

Nun will Tyson wieder zurück in den Ring, wo er seine größten Erfolge erlebte. „Ich habe nie viele Schläge abbekommen“, entgegnete er zu Sorgen um seine Gesundheit. „Ich habe das Gefühl, dass ich mich besser um meinen Körper und meinen Geist gekümmert habe als die meisten Kämpfer vor mir, die aufgehört haben und dann wieder zurückgeko­mmen sind“, sagte Tyson nun.

Er und Jones Jr. seien „versierte Boxer, wir können auf uns aufpassen“, versichert­e Tyson. Sein Gegner hatte 2018 seinen letzten Kampf bestritten. Auf dem Gipfel seiner Karriere galt der inzwischen 51 Jahre alte Mehrfach-Weltmeiste­r als technisch brillantes­ter Boxer seiner Zeit, vereinte Schnelligk­eit und Ringintell­igenz. Doch seine Ära endete spätestens 2004 mit der K.o.-Niederlage gegen Antonio Tarver, danach war er nur noch ein Schatten seiner selbst. „Ich habe versucht, meinen Ruhestand zu genießen, aber die Leute wollen wohl nicht, dass ich aufhöre“, ließ Jones Jr. wissen. Und damit Vorhang auf für das große Schmierent­heater.

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FOTO: BRADLEY COLLYER Mike Tyson steigt noch einmal in den Ring – mit 54 Jahren.

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