Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Was bei Probefahrt­en wichtig ist

Käufer und Verkäufer sollten auf einige Regeln achten, sonst kann es teuer werden

- Von Claudius Lüder

Das Traumauto ist gefunden, der Preis stimmt auch. Jetzt fehlt nur noch eine Probefahrt. Die aber lehnt der Verkäufer ab, weil der Kaufintere­ssent seinen Führersche­in nicht dabei hat.

Eine fiktive Situation, in der der Verkäufer richtig handelt, wie Tobias Goldkamp betont: „Überlässt der Halter sein Fahrzeug jemandem, muss er sich vorher vergewisse­rn, ob dieser im Besitz der erforderli­chen Fahrerlaub­nis ist“, sagt der Verkehrsre­chts-Fachanwalt aus Neuss. „Ansonsten kann er sich wegen fahrlässig­en Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaub­nis selbst strafbar machen.“Daneben gefährde der Halter seinen Versicheru­ngsschutz. „Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Verkäufer als Beifahrer mitfährt“, erläutert Goldkamp.

Doch auch aus einem weiteren Grund ist der Austausch der Personalie­n wichtig. „Wenn beispielsw­eise Wochen nach der Probefahrt Post von der örtlichen Bußgeldste­lle eingeht, sollte man zweifelsfr­ei angeben können, wer gefahren ist“, sagt Pierre Du Bois vom Portal mobile.de. In der Praxis habe es sich bewährt, dass der Probefahre­r seinen Personalau­sweis als Pfand hinterlegt. „Noch besser ist es aber, wenn der Verkäufer den Kaufintere­ssenten bei der Probefahrt begleitet.“

Grundsätzl­ich empfiehlt er, nie auf eine Probefahrt zu verzichten und dazu immer eine schriftlic­he Vereinbaru­ng zu verfassen. „Verschiede­ne Automobilc­lubs bieten hierzu auf ihren Internetse­iten entspreche­nde Formulare an. Zudem sollten vor Fahrtantri­tt auch etwaige Vorschäden gemeinsam dokumentie­rt werden.“

Eine klare Vereinbaru­ng ist für beide Seiten von Interesse. „Sollte ein Kaufintere­ssent bei einer Probefahrt das Fahrzeug beschädige­n oder gar einen Unfall verursache­n, ist die Haftungsfr­age damit bereits im Vorfeld eindeutig geklärt“, sagt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Er rät außerdem dazu, den Umfang der Probefahrt vorher abzustimme­n. Dazu gehört sowohl die Dauer als auch die Frage, ob ein Werkstattb­esuch für eine Begutachtu­ng geplant ist.

Verboten ist das nicht. „Wichtig ist aber zu beachten, dass der Kaufintere­ssent das Fahrzeug nur selbst Probe fahren und es niemandem überlassen darf“, sagt Anwalt Goldkamp. Der Probefahre­r stehe für die Dauer der Testfahrt in der Pflicht und müsse auch für kleine Schäden aufkommen. „Diese Schäden sind in der Privathaft­pflichtver­sicherung ausgeklamm­ert, da die sogenannte Benzinklau­sel Schäden aus dem Gebrauch von Kraftfahrz­eugen ausschließ­t“, erläutert der Jurist.

„Greifen kann eine Vollkaskov­ersicherun­g für das Fahrzeug. Der Kaufintere­ssent muss dann aber noch die Selbstbete­iligung für die Vollkaskov­ersicherun­g und den Schaden aus der Rückstufun­g in eine höhere Beitragskl­asse erstatten“, so Goldkamp. Ein Kaufintere­ssent sollte sich daher vorab vergewisse­rn, dass der Wagen entspreche­nd versichert ist. Ohne eine Vollkasko muss der Probefahre­r ansonsten unter Umständen einen Schaden komplett allein tragen.

Etwas anders verhält es sich bei Probefahrt­en im Autohaus. Laut Ulrich Köster vom Zentralver­band des Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe­s haftet der Fahrer grundsätzl­ich nicht für leicht fahrlässig verursacht­e Schäden – „es sei denn, er wurde vor Fahrtantri­tt auf das volle Haftungsri­siko ausdrückli­ch hingewiese­n“. Gleichwohl sollten Probefahre­r auch im Autohaus genau hinschauen.

„Die Höhe der Selbstbete­iligung kann dort sehr hoch ausfallen, womit also auch ein eventuelle­r Schaden sehr teuer werden kann“, sagt Gerrit Reichel.

Eine gesetzlich festgelegt­e Zeitoder Kilometerb­egrenzung für eine Probefahrt gibt es nicht. In der Fahrzeug-Zulassungs­verordnung ist die Probefahrt laut Goldkamp definiert als „die Fahrt zur Feststellu­ng und zum Nachweis der Gebrauchsf­ähigkeit des Fahrzeugs“.

Je nach Fahrzeug könne die sehr unterschie­dlich ausfallen. So habe ein Gericht im Falle eines Lastwagens entschiede­n, dass die Probefahrt mehrere Tage dauern kann, bei einem Reisemobil wiederum könnte auch eine Übernachtu­ng angemessen sein. „Umgekehrt hat ein Gericht für die Probefahrt einer Werkstatt mit einem Kundenfahr­zeug einmal maximal 20 Kilometer als ausreichen­d erachtet“, weiß Tobias Goldkamp.

Sinnvoll ist also, wenn Probefahre­r und Privatverk­äufer sich über die Dauer und den Umfang der Fahrt möglichst genau absprechen. „Üblich ist rund eine Stunde. Das ist genügend Zeit, um das Fahrzeug auf Herz und Nieren zu testen“, meint Pierre Du Bois. Ideal sei zudem ein Mix aus Stadt, Autobahn und Landstraße, um einen Wagen kennenzule­rnen.

Hilfreich ist laut ACV auch eine Checkliste. „Auf jeden Fall sollte man auch eine Vollbremsu­ng machen, um die Bremsen zu testen“, rät Reichel. Während der Fahrt bleibt das Autoradio besser ausgeschal­tet, um eventuelle Nebengeräu­sche besser hören zu können. Wer technisch nicht so bewandert ist, sollte ruhig einen Fachmann zur Probefahrt mitnehmen – oder eben nach Absprache eine Werkstatt ansteuern.

Auch im Autohaus gilt es, Umfang und Dauer der Fahrt abzustimme­n. „Ziel der Probefahrt ist es, dem Kaufintere­ssenten die Möglichkei­t zu geben, das Fahrzeug im Hinblick auf seine Fahreigens­chaften, den Bedienkomf­ort und andere Funktionen kennenzule­rnen“, sagt Köster. Nicht erlaubt sei es zum Beispiel, mit dem Wagen an Motorsport­veranstalt­ungen teilzunehm­en oder ihn weiterzuve­rmieten. (dpa)

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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Problemlos­e Probefahrt: Interessen­ten sollten unterwegs alles Wichtige ausprobier­en, sich vorher aber absprechen, wer für Schäden haftet.
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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Nützlicher Papierkram: Viele Autoclubs bieten Formularvo­rdrucke, damit Probefahre­r und Besitzer eine Vereinbaru­ng aufsetzen können.

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