Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eine Kämpfernatur
Letzter Star aus „Vom Winde verweht“– Olivia de Havilland gestorben
Olivia de Havilland hat ihre Leinwandpartner aus dem Südstaatenepos „Vom Winde verweht“aus dem Jahr 1939 lange überlebt. Clark Gable alias Rhett Butler starb 1960, gerade 59 Jahre alt. Vivian Leigh, die die schöne Scarlett O'Hara spielte, war 53, als sie 1967 leblos neben ihrem Bett gefunden wurde. Leslie Howard, im Film der Gatte der tugendhaften Melanie Hamilton (de Havilland), kam schon im Zweiten Weltkrieg ums Leben.
Mit 104 Jahren ist nun die zweifache Oscar-Preisträgerin de Havilland in Paris gestorben, wie ihre Sprecherin mitteilte. Die Filmlegende lebte bereits seit vielen Jahren in der französischen Hauptstadt. 1955 hatte sie in zweiter Ehe den französischen Schriftsteller und Journalisten Pierre Galante (1909-1998) geheiratet und Hollywood den Rücken gekehrt.
Bis ins hohe Alter war de Havilland kämpferisch. Einen Tag vor ihrem 101. Geburtstag zog sie in Los Angeles im Streit um die TV-Serie „Feud“noch vor Gericht. Die im Stil einer Pseudo-Dokumentation gedrehte Serie handelte von der langjährigen Rivalität der beiden Hollywood-Diven Joan Crawford und Bette Davis, de Havilland wurde von Catherine Zeta-Jones dargestellt. Sie sei immer um Integrität und Würde bemüht gewesen. Klatsch und Lügen habe sie abgelehnt. In der Serie jedoch würden ihr in einem erfundenen Interview falsche Aussagen in den Mund gelegt. Ihr guter Ruf werde dadurch geschädigt, machte die Schauspielerin in der Klage geltend. Doch im März 2018 erlitt sie vor einem Berufungsgericht in Los Angeles eine Niederlage.
De Havilland hatte einen Traumstart in Hollywood. Als Kind britischer Eltern in Tokio geboren, kam sie noch als Kleinkind nach Kalifornien. Der österreichische Theatermann Max Reinhardt entdeckte sie 19-jährig in der Rolle der Hermia in Shakespeares „Sommernachtstraum“. Das Filmstudio Warner Brothers nahm sie gleich für sieben Jahre unter Vertrag und brachte sie an der Seite von Errol Flynn groß heraus.
Acht Filme drehte sie mit dem Herzensbrecher, darunter die Abenteuerschinken „Der Verrat des Surat Khan“und „Robin Hood, König der Vagabunden“. Auf der Leinwand knisterte es heftig, doch allen Gerüchten zum Trotz seien sie nie ein Liebespaar gewesen, beteuerte die Schauspielerin.
1946 gewann di Havilland ihren ersten Oscar in der Hauptrolle von „To Each His Own“. Das Drama um eine ledige Mutter lief in Deutschland unter dem Titel „Mutterherz“. Drei Jahre später kam die Auszeichnung als beste Schauspielerin in William Wylers Rachedrama „Die Erbin“. Der frühe Ruhm in Hollywood hatte seinen Preis. Der Zeitschrift „Vanity Fair“vertraute de Havilland im Jahr 2016 an, dass sie damals „keine richtigen Freunde“hatte und unter dem harten Wettbewerb litt.
Ihre letzten großen Auftritte hatte sie als neurotische Exzentrikerin in „Der schwarze Spiegel“(1946), in „Meine Cousine Rachel“(1952) und mit ihrer langjährigen Freundin Bette Davis in dem Psychothriller „Wiegenlied für eine Leiche“(1964).
Auch im hohen Alter, das man de Havilland kaum ansah, zeigte sich der Hollywood-Star noch in der Öffentlichkeit. 2003 flog sie zum 75. Jubiläum der Oscar-Verleihung nach Los Angeles und sprach auf der Bühne über ihre Liebe für den Film. (dpa)