Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pandemie der Unwörter

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Corona, selbst Bundesbatt­eriezellen­ministerin Andrea Karliczek hat es erkannt, „nervt“. Doch mit dieser bahnbreche­nden Erkenntnis aus dem Munde der geschätzte­n Forschungs­ministerin wollen wir es natürlich nicht bewenden lassen. Nicht nur das gefährlich­e Virus nervt, sondern auch all die gruseligen und oftmals auch noch aus dem Englischen – wieso eigentlich nicht Chinesisch­en? – entliehene­n Wörter, die es so mit sich gebracht hat. Lockdown etwa – oder der ebenso doofe Shutdown. Muss man nicht haben, die ganzen Downs.

Dennoch übt sich unsereiner natürlich konsequent im Social Distancing, wird zum Schnellsho­pper, ärgert sich über den Akkuverbra­uch der Tracing- oder Tracking-App, videochatt­et overzoomed mit den im Homeoffice Workenden, meidet Virushotsp­ots wie den Wolfgangse­e und Supersprea­derevents wie die Mittagspau­se in der Kantine. Nicht, dass am Ende die R-Wert-Ampel auf Rot switcht, wir zum Smartworki­ng gezwungen sind – und der RKI-Chef einem im allmorgend­lichen Briefing wieder irgendwas von der Sieben-Tage-Inzidenz erzählt.

Übersetzt oder erklärt wird hier und heute übrigens nix. Wir halten es da mit der Wortschatz­forscherin Annette Klosa-Kückelhaus. „Meine Schätzung ist, dass vielleicht 80 Prozent der Wörter wieder verschwind­en“, sagte sie. „Einfach weil wir sie nicht mehr benötigen.“Hoffentlic­h! Zumindest den Maskomaten und die Spuckschut­ztrennsche­ibe. Und übrigens: Die Dame ist keinem LoriotSket­ch entsprunge­n, sondern heißt echt so. Sie arbeitet am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache. (jos)

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FOTO: IMAGO IMAGES Extreme Social Desert-Distancing.

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