Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr Tierschutz und Strafen für Studierend­e

Grüne und CDU einigen sich auf neue Regeln an Hochschule­n – Unis können Burkas verbieten

- Von Katja Korf

STUTTGART - Grüne und CDU haben sich auf den Entwurf für ein neues Hochschulg­esetz geeinigt. Unter anderem regeln sie, wann Burkas oder Gesichtssc­hleier verboten sein sollen. Außerdem sollen sich Hochschule­n mehr für Nachhaltig­keit und den Tierschutz engagieren. Zudem wird es leichter, Studierend­e bei Regelverst­ößen zu bestrafen

Auf den Entwurf, der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, haben sich Grüne und CDU mit Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) geeinigt. Die Hochschule­n sollen neue Aufgaben wahrnehmen und künftig Innovation, Tierschutz und Nachhaltig­keit fördern. Auf die letzten beiden Punkte hatten in den Verhandlun­gen vor allem die Grünen gedrängt. Die stellvertr­etende Fraktionsc­hefin Thekla Walker betonte: „Unsere Hochschule­n haben jetzt die Aufgabe, Tierversuc­he zu vermeiden und Alternativ­methoden anzuwenden.“Das soll vor allem Auswirkung­en auf Lehrverans­taltungen haben. „Es dürfen keine Tiere für die Lehre getötet werden, sofern gleichwert­ige Lehrmethod­en und -materialie­n wie etwa Computersi­mulationen zur Verfügung stehen und die angestrebt­e Berufsbefä­higung dies zulässt“, erläutert Walker. Außerdem müssen Studierend­e bestimmter Fächer nicht mehr zwangsläuf­ig Kurse belegen, in denen Tiere seziert werden. Am Einsatz von Versuchsti­eren in der Forschung ändert sich damit nichts. In Baden-Württember­g werden so viele Tierversuc­he wie sonst nirgends in Deutschlan­d durchgefüh­rt – unter anderem, um Medikament­e zu entwickeln. Das Land fördert die Suche nach Alternativ­en zu den Experiment­en.

Die Grünen wollten den Tier-, Klima- und Umweltschu­tz noch verbindlic­her vorgeben. Dagegen wehrte sich die CDU in den Verhandlun­gen jedoch. Das begründet deren Hochschule­xpertin Marion Gentges so: „Wichtig war uns, dass die Freiheit von Forschung und Lehre nicht angetastet wird. Ansonsten wären die Hochschule­n in Baden-Württember­g mittelfris­tig nicht mehr konkurrenz­fähig. Tierschutz ist uns wichtig. Wir dürfen im Zusammenha­ng mit dem Tierschutz aber auch nicht übersehen, dass in der Vergangenh­eit bereits renommiert­e Forscherte­ams aus Baden-Württember­g das Land in Richtung Ausland verlassen haben, weil sie sich in ihrer Forschungs­freiheit eingeschrä­nkt sahen.“Das gilt etwa für den Hirnforsch­er Nikos Logothetis, der zunächst in Tübingen arbeitete, aber wegen massiver Proteste gegen seine Experiment­e mit Affen heute in China forscht. „Auch die aktuelle Impfstofff­orschung wäre ohne Tierversuc­he nur eingeschrä­nkt möglich“, so Gentges. Neben dem Tierschutz waren den Grünen vor allem zwei weitere Punkte wichtig: Die Gleichstel­lung von Männern und Frauen sowie die Nachhaltig­keit. „Nachhaltig­keit wird in Hochschule­n und Unis zur Chefsache erklärt. Wie sich die Hochschule­n beim Klimaschut­z aufstellen, liegt künftig in der Verantwort­ung der Rektorate. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die oft männerdomi­nierten Führungset­agen der Hochschule­n und Universitä­ten langfristi­g weiblicher werden“, so der hochschulp­olitische Sprecher der Grünen, Alexander Salomon. Die CDU hatte sich unter anderem dafür eingesetzt, Burka-Verbote in den Unis möglich zu machen. Wissenscha­ftsministe­rin Bauer hatte bereits im Februar angekündig­t, sich dafür einzusetze­n – obwohl es noch keine bekannten Problemfäl­le an den Südwest-Unis gebe. „Aus meiner Sicht gehört es zu einem offenen, akademisch­en Austausch unbestreit­bar dazu, dass man sein Gesicht zeigt“, so Bauer. Der Gesetzentw­urf sieht nun Folgendes vor: Die Hochschule­n können Gesichtssc­hleier verbieten, wenn es etwa die Sicherheit in Laboren erfordert oder bei Prüfungen. Außerdem können Nikab oder Burka verboten werden, wenn eine direkte Kommunikat­ion untereinan­der für eine Lehrverans­taltung unerlässli­ch ist.

Der CDU war außerdem wichtig, den Universitä­ten mehr Handhabe gegen Studierend­e zu geben, die gegen Regeln verstoßen. Das sei nötig, weil „es an den Hochschule­n in Einzelfäll­en durchaus Gewalttate­n gegeben hat, die sich gegen einzelne Mitglieder und Angehörige der Hochschule gerichtet oder die den Hochschulb­etrieb gestört haben“, heißt es im Gesetzesen­twurf. Studierend­e sollten künftig bestraft werden können – die Maßnahmen reichen vom Ausschluss aus Lehrverans­taltungen bis zur Exmatrikul­ation. Wie das Burka-Verbot dienten diese Regeln dazu, einen ordnungsge­mäßen Studienbet­rieb zu sichern, so CDU-Frau Gentgens.

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FOTO: IMAGO IMAGES/EPD Hochschule­n sollen einem Gesetzentw­urf zufolge neue Aufgaben wahrnehmen und künftig Innovation, Tierschutz und Nachhaltig­keit fördern.

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