Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Truppenabzug trifft auch den Freistaat hart
Politiker in Deutschland reagieren mit Unverständnis auf Trumps Pläne – Söder verspricht Hilfen für die Region
WASHINGTON/MÜNCHEN (dpa) Die Zahl der US-Soldaten in Bayern und anderen Bundesländern soll insgesamt um fast 12 000 verringert werden. Das ist deutlich mehr als bislang bekannt. Von dem geplanten Abzug wären neben Stuttgart auch die Standorte Vilseck und Grafenwöhr in der Oberpfalz massiv betroffen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versprach der Region Hilfen.
Rund 6400 Soldaten sollen insgesamt in die USA zurückgeholt werden. Weitere 5600 sollen in andere Nato-Länder verlegt werden, wie Verteidigungsminister Mark Esper am Mittwoch in Washington mitteilte. Die Kommandozentrale für die US-Truppen in Europa soll von Stuttgart nach Mons in Belgien verlegt werden. Dort befindet sich bereits eines der beiden militärischen Hauptquartiere der Nato.
Mindestens 4500 Soldaten sollen demnach Vilseck verlassen. Esper sagte, dass das zweite Kavallerie-Regiment abgezogen werde. Edgar Knobloch (CSU), Bürgermeister von Grafenwöhr, geht sogar davon aus, dass bis zu 4900 Soldaten aus Vilseck abgezogen werden könnten. Für den benachbarten Standort Grafenwöhr konnte Knobloch zunächst keine Schätzung abgeben. Gerechnet wird hier mit möglicherweise rund 1000 Soldaten. Derzeit sind an beiden Standorten insgesamt mehr als 10 000 Soldaten stationiert. Für die Region sei das ein enormer Wirtschaftsfaktor, sagte Knobloch. So seien etwa 3000 Einheimische bei der US-Armee und deren Vertragspartnern beschäftigt. Söder kündigte umgehend Unterstützung für die Regionen an. „Wir werden allen betroffenen Standorten helfen. Vor allem die Bundeswehr ist gefragt. Wir warten jetzt ab, ob die Entscheidung auf Dauer bleibt“, sagte er.
Bislang hatte die US-Regierung von einem Abzug von rund 10 000 der etwa 36 000 Soldaten in Deutschland gesprochen. Esper zufolge werde durch die nun in großem Maße geplanten Truppenabzüge die „strategische Flexibilität“der US-Streitkräfte erhöht. Der Teilabzug solle nun „so schnell wie möglich“umgesetzt werden. Einige Aspekte könnten innerhalb von Wochen realisiert werden, für andere Veränderungen sei mehr Zeit nötig. Einen exakten Zeitplan legte Esper nicht vor. Die Umsetzung des Plans werde nach ersten Schätzungen einen einstelligen Milliardenbetrag kosten, sagte er. Die Bundesregierung in Berlin war vor der Bekanntgabe nicht informiert worden.
In Deutschland trafen die Pläne Trumps auf Kritik. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung,
Peter Beyer, nannte sie „bitter für die betroffenen Gemeinden, Landkreise und Bundesländer“. Die Reduzierung liege „nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands oder der Nato – und macht auch geopolitisch für die USA keinen Sinn“, sagte er. Auch Söder kritisierte die Pläne scharf. „Dies belastet leider das deutsch-amerikanische Verhältnis. Dabei ist der militärische Nutzen nicht erkennbar“, sagte er. Auf Dauer schwäche die Entscheidung auch die Nato und die USA selbst.
Die US-Truppen galten in der Zeit des Kalten Krieges als Sicherheitsgarant für die Bundesrepublik. Damals gab es zeitweise fast 250 000 US-Soldaten in Deutschland. Nach dem Fall der Mauer wurde allerdings radikal reduziert: Im Jahr 2000 waren es nur noch 70 000 US-Soldaten, zehn Jahre später 48 000 und heute sind nur noch 36 000 übrig. Damit ist Deutschland aber immer noch der zweitwichtigste Truppenstandort der USA weltweit nach Japan.
Die Truppenstationierung ist aber auch heute noch ein wesentliches Bindeglied zwischen beiden Ländern. Da ist einerseits der zwischenmenschliche Aspekt: Über die Jahrzehnte sind Tausende Freundschaften, Partnerschaften und Ehen zwischen Deutschen und Amerikanern entstanden. Für die Regionen um die US-Stützpunkte kommt der wirtschaftliche Aspekt hinzu.