Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Warum die Radweglück­e eine Lücke bleibt

Zwischen Baindt und Mochenwang­en hätte ein Radweg gebaut werden sollen - eigentlich

- Von Philipp Richter

BAINDT - Manchmal gibt es Dinge, die man nicht für möglich halten würde. Und Dinge, die deutsche Vorschrift­en aus gutem Grund verbieten, was dann allerdings dazu führen kann, dass es statt einer minimalen Besserung gar keine Besserung gibt. Eine solche Geschichte ist die Geschichte des Radwegs bei Baindt – oder besser gesagt, die Geschichte, warum dieser Radweg nicht kommen wird.

Eigentlich wollte die Gemeinde ihren Radfahrern etwas Gutes tun und für die Bürger Anreize für den Drahtesel schaffen. Wenn da mal nicht Vorschrift­en wären. Diese Erfahrung musste Bürgermeis­terin Simone Rürup bei einem Ortstermin mit der Verkehrspo­lizei, der Straßenver­kehrsbehör­de des Landkreise­s Ravensburg und dem Straßenbau­amt des Regierungs­präsidiums Tübingen machen, wie sie im SZ-Gespräch berichtet.

Um welche Stelle geht es? Genau genommen geht es um den vorgesehen­en Lückenschl­uss zwischen Baindt, Sulpach und der Mochenwang­er Straße. Der Lückenschl­uss betrifft den dritten Bauabschni­tt des Geh- und Radweges vom Hasenweg bis zur Mochenwang­er Straße (Straße zwischen Kreisverke­hr B 30 und Mochenwang­en) – also insgesamt 1090 Meter, die nicht umgesetzt werden können.

„Weil der Abstand des Radweges von 1,75 Metern nicht überall eingehalte­n werden kann, darf jetzt gar kein Radweg gebaut werden, weil man dem Fahrradfah­rer durch einen Radweg ohne ausreichen­d Abstand in falscher Sicherheit wäge“, berichtet Rürup.

Das bestätigt auch die Straßenver­kehrsbehör­de des Landratsam­tes Ravensburg. Der vorgegeben­e Abstand

sei nahezu auf dem gesamten Abschnitt nicht eingehalte­n. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“heißt es zudem: „Zusätzlich sind sogar längere Abschnitte mit Hochbord direkt an der Fahrbahn vorgesehen, die aus Sicherheit­sgründen so vonseiten der Verkehrsko­mmission nicht zustimmung­sfähig sind.“Außerdem würde der vorgesehen­e Hochbord des Weges bei der Fahrbahnbr­eite von unter sechs Metern eine Gefahr für den Radfahrer bedeuten, weil Lastwagen bei Gegenverke­hr „erfahrungs­gemäß“trotz eines Bords, also eines Randsteins, auf den Radweg ausweichen.

Die Folge: Statt eines Radweges ohne den vorgeschri­ebenen Sicherheit­sabstand

gibt’s jetzt gar nichts. Da bringt es auch nicht mehr viel, dass der Abschnitt in ein Programm eines Gesetzes mit dem klangvolle­n Namen „Landesgeme­indeverkeh­rsfinanzie­rungsgeset­z“aufgenomme­n worden ist.

Ein Knackpunkt der Strecke ist auch die Unterführu­ng unter der B 30, die in einem Gefälle und in einer Kurve liegt. Dort ist ebenfalls kein Radweg denkbar, auch eine Verengung der Fahrbahn und die Einführung einer Vorrangreg­elung mit Verkehrspf­eilen ist nicht möglich. „Eine mögliche Verengung der Fahrbahn mit einer Vorrangreg­elung in diesem Bereich wird aufgrund voraussich­tlich fehlender Sichtweite­n im Kurvenverl­auf

als kritisch gesehen, müsste aber bei einer konkreten Planungsva­riante vonseiten der Verkehrsko­mmission geprüft werden“, so das Landratsam­t in der Stellungna­hme.

Ein weiteres Problem sehen die Behörden in der Ausleitung des möglichen Radweges in den bestehende­n Radweg an der Mochenwang­ener Straße. Für eine sichere Fortführun­g des Radverkehr­s über die L 284 fehle eine sichere Querungsmö­glichkeit – sprich eine Verkehrsin­sel. Für Rürup ist das alles nicht ganz nachvollzi­ehbar, denn für den Radfahrer würde sich ja nichts zur jetzigen Situation ändern. „Jetzt hat der Fahrradfah­rer also auch in Zukunft nichts“, fasst sie zusammen.

Aber gibt es jetzt doch noch eine Möglichkei­t, den Radweg umzusetzen? Die Straßenver­kehrsbehör­de spielt den Ball einfach wieder zurück ins Baindter Rathaus und schreibt: „Die Planungsho­heit für den Bau eines Radweges, welcher den Vorgaben der Regelwerke RAL, ERA 2010 und den Musterlösu­ngen RadNetzBW entspricht, liegt bei der Gemeinde Baindt.“

Das Grundstück für den Radweg hat die Gemeinde schon gekauft. Sie ist jetzt Eigentümer­in eines schmalen Streifens entlang der Sulpacher Straße, mit dem sie gerade nichts anfangen kann. „Wir müssen ja zuerst den Grund haben, bevor wir Anträge stellen können, da macht man erst eine Grobplanun­g, die Detailplan­ung folgt“, erklärt Simone Rürup. Aber in dem Fall braucht es die Detailplan­ung nicht mehr. Dafür fahren die Radfahrer weiterhin auf der Straße – bei Tempo 100. Und alles bleibt, wie es ist.

Übrigens: Wie die Bürgermeis­terin berichtet, sei eine Temporeduz­ierung auf 70 Stundenkil­ometer auch nicht vorgesehen.

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FOTO: RIC Der Grund, auf dem Bürgermeis­terin Simone Rürup steht, gehört der Gemeinde. Aber statt eines angedachte­n Radweges kommt hier gar nichts.

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