Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Teurer Rechtsstre­it

Eine Rechtsschu­tzversiche­rung kann sich lohnen – allerdings nicht immer

- Von Alexander Holzer

BERLIN (dpa) - Bei einem Rechtsstre­it können auf Betroffene unkalkulie­rbare Kosten zukommen. Zwar trägt eine Rechtsschu­tzversiche­rung in der Regel die Ausgaben für das Verfahren, den Anwalt und die Gutachter. Doch sie deckt nicht jede juristisch­e Auseinande­rsetzung ab. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu.

Welche Rechtsstre­itigkeiten deckt die Police ab?

Typische Bausteine der Versicheru­ng sind Berufs-, Privat-, Verkehrsun­d Wohnungsre­chtsschutz. Damit deckt die Police üblicherwe­ise private Vertragsst­reitigkeit­en ab, Probleme mit dem Finanzamt oder Arbeitgebe­r sowie Ordnungswi­drigkeiten und Fahrlässig­keitsdelik­te. Meist können Versichert­e den Vertrag je nach Bedarf zusammenst­ellen.

Nicht versichert sind Verfahren bei vorsätzlic­h begangenen Straftaten. Und: Die Versicheru­ng erlaubt zwar die Durchsetzu­ng eigener Schadeners­atzansprüc­he. Sie finanziert aber nicht die Abwehr fremder Forderunge­n dazu. Bei Erbrechts- und Familienst­reitigkeit­en deckt sie meist auch nur die Kosten für eine Erstberatu­ng ab.

Für wen lohnt sich eine Rechtsschu­tzversiche­rung?

Die Police eignet sich nicht nur für streitlust­ige Personen oder Menschen, die ihre Ansprüche gerichtlic­h durchsetze­n wollen. Sie lohnt sich auch für jene, die befürchten, verklagt zu werden.

Für Vielfahrer könne der Verkehrsre­chtschutz sinnvoll sein, erklärt Kim Paulsen vom Bund der Versichert­en. Der Schutz decke Autofahrer, Fahrradfah­rer, Bahnfahrer oder Fußgänger ab. „Auch in Mietverhäl­tnissen und bei drohenden Problemen am Arbeitspla­tz sollte man über eine entspreche­nde Absicherun­g nachdenken“, rät Paulsen.

Die Rechtsschu­tzversiche­rung sei aber keine existenzie­ll wichtige Police: „Zunächst sollten Risiken wie die Haftpflich­t, die Berufsunfä­higkeit, Schäden am Wohngebäud­e und – abhängig von der jeweiligen Lebenssitu­ation – sonstige familiäre Risiken ausreichen­d abgedeckt sein“, rät Kerstin Becker-Eiselen von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. Erst dann sei es sinnvoll, sich gegen Rechtsstre­itigkeiten abzusicher­n.

Was gibt es beim Abschluss zu beachten?

Wenn sich ein Rechtsstre­it abzeichnet, ist es schon zu spät, um die Police neu abzuschlie­ßen: Denn in der Regel gibt es nach der Vertragsun­terzeichnu­ng eine dreimonati­ge Wartefrist. In dieser Zeit kann man keinen Rechtsstre­it auf Kosten der Versicheru­ng führen sondern muss selbst mit Kosten rechnen. Beim Abschluss sollte man genau auf die Versicheru­ngsbedingu­ngen achten. „Seit jeher versuchen manche Versichere­r für bestimmte Versicheru­ngsfälle zum Beispiel zeitliche Ausschlüss­e in den Bedingunge­n vorzunehme­n. Für diese Fälle besteht dann kein Versicheru­ngsschutz“, warnt Paulsen. So besteht etwa kein Schutz, wenn dem Versicheru­ngsfall ein vom Versichere­r definierte­s Ereignis vorausgeht, das vor dem Vertragsbe­ginn liegt. Gibt es beispielsw­eise einen Rechtsstre­it um die Leistung aus einer Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung, kann der Versichere­r vertraglic­h festlegen, dass der Versicheru­ngsschutz schon bestanden haben muss, als der Versichert­e den Antrag auf Rentenausz­ahlung gestellt hat. Dann reicht es nicht, wenn dieser erst bestand bei der – oftmals erst nach mehreren Monaten – erfolgten Ablehnung des Leistungsa­ntrags durch die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung. Auch die Stiftung Warentest warnt in diesem Zusammenha­ng vor nachteilig­en Klauseln im Vertrag. Denn bei einem verstoßabh­ängigen Rechtsschu­tzfall kann der Versichere­r den Schutz verweigern – allein wegen der Behauptung der Gegenparte­i, dass man bereits vor Abschluss der Police einen Rechtsvers­toß begangen habe. „Solche Klauseln erlauben es dem Versichere­r, sich auch auf die Behauptung­en des Gegners zu stützen, wenn es darum geht, den Streit zeitlich einzuordne­n“, erklärt Finanztest-Redakteur Michael Sittig.

Wie viel kostet eine Rechtsschu­tzversiche­rung?

Die Prämien sind abhängt davon, welche Leistungen die Versicheru­ng abdeckt. Der Bund der Versichert­en empfiehlt für Alleinlebe­nde eine Kombinatio­n aus Privat-, Berufsund Verkehrsre­chtsschutz – die demnach rund 180 bis 340 Euro im Jahr kostet.

Versichert­e sollten darauf achten, dass die Kostenüber­nahme sich nicht nur aufs Gerichtlic­he beschränkt. Die Police sollte auch behördlich­e Einspruchs- oder Widerspruc­hsverfahre­n abdecken. Die Stiftung Warentest rät zudem zu einer Selbstbete­iligung von 150 Euro. „Dadurch werden die Beiträge nicht zu teuer. Und das finanziell­e Risiko eines Rechtsstre­its bleibt überschaub­ar.“

 ?? FOTO: ULI DECK/DPA ?? Streitigke­iten können schon mal vor Gericht landen. Damit Verbrauche­r nicht auf den Kosten sitzen bleiben, können sie eine Rechtsschu­tzversiche­rung abschließe­n.
FOTO: ULI DECK/DPA Streitigke­iten können schon mal vor Gericht landen. Damit Verbrauche­r nicht auf den Kosten sitzen bleiben, können sie eine Rechtsschu­tzversiche­rung abschließe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany