Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wann Kinder in Kita und Schule dürfen
Viel Lob von Eltern und Ärzten für Richtlinien von Land und Gesundheitsamt
STUTTGART - Überfüllte Kinderarztpraxen, verunsicherte Eltern, besorgte Erzieher und Lehrer: Damit soll nun Schluss sein. Seit Freitag gibt es eine Handreichung, die klar und verständlich erklärt, mit welchen Krankheitssymptomen ein Kind zur Schule oder in die Kita gehen darf, wann es zum Arzt soll und wann es zu Hause bleiben muss. Die Details im Überblick:
Was ist das für eine Handreichung? Seit Wochen gehen Kitas und Schulen unterschiedlich mit Kindern um, die Krankheitssymptome zeigen. Manche haben die Kinder wegen einer Rotznase nach Hause geschickt – oder auch, wenn das Geschwisterkind Krankheitssymptome hatte. Die Kinderarztpraxen waren überfüllt. Eltern verlangten massenhaft Atteste, dass ihr Kind nicht mit dem Coronavirus infiziert sei. Bislang gab es keine klaren Vorgaben vom Land im Umgang mit solchen Symptomen. Nach einem sogenannten Schnupfen-Gipfel mit betroffenen Verbänden haben Kultus- und Sozialministerium das Landesgesundheitsamt beauftragt, einheitliche und klare Vorgaben zu entwickeln.
Darf ein Kind nun mit Rotznase in Kita und Schule?
Ja, wenn dies das einzige Symptom ist. „Schnupfen ohne weitere Krankheitszeichen ist, genauso wie leichter oder gelegentlicher Husten bzw. Halskratzen, kein Ausschlussgrund“, heißt es in dem Info-Blatt.
Wann muss das Kind zu Hause bleiben?
Hierfür nennt das Gesundheitsamt drei Symptome: Fieber ab 38 Grad Celsius, ein gestörter Geschmacksoder Geruchssinn ohne Schnupfen sowie ein trockener Husten, der nicht von einer chronischen Erkrankung wie Asthma herrührt. Sobald das Kind eins dieser Symptome zeigt, darf es nicht zum Unterricht oder in die Betreuung. Dabei geht es immer um aktute Symptome, also nicht um chronische Krankheitsmerkmale.
Und wenn das Kind eins dieser Symptome zeigt?
Dann müssen die Eltern abwägen, ob sie mit ihrem Kind einen Arzt aufsuchen sollten. Falls sie sich dagegen entscheiden, muss das Kind so lange zu Hause bleiben, bis es mindestens einen Tag lang kein Fieber hatte und auch sonst einen guten Allgemeinzustand zeigt.
Und wenn die Eltern sich für den Arztbesuch entscheiden?
So sollten sie zunächst beim Arzt anrufen. Wenn sie dann mit ihrem Kind in die Praxis gehen, entscheidet der Arzt über einen Corona-Test. Hält der Arzt einen Abstrich für sinnvoll, muss das Kind auf jeden Fall so lange zu Hause bleiben, bis das Ergebnis vorliegt. Selbst wenn der Test bestätigt, dass das Kind nicht infiziert ist, darf es erst zurück zu Schule oder Kita, wennn es mindestens ein Tag symptomfrei ist.
Was, wenn der Test positiv ist? Dann darf es erst wieder in den Unterricht oder in die Betreuung, wenn es zwei Tage lang symptomfrei war. Ab dem Zeitpunkt, an dem die ersten Symptome aufgetreten sind, muss das Kind aber mindestens zehn Tage zu Hause bleiben.
Ist für die Rückkehr ein ärztliches Attest nötig?
Nein. Verunsicherte Schulen und Kitas können höchstens eine Erklärung von den Eltern verlangen, dass sie das Vorgehen mit dem Arzt abgestimmt haben.
Was ist mit Geschwisterkindern? Wenn sie gesund sind und keine Krankheitsmerkmale zeigen, dürfen sie zur Schule und in die Kita – außer das Gesundheitsamt hat eine Quarantäne verhängt.
Wie sind die Reaktionen auf die Handreichung?
In Summe sehr positiv. „Alles super“, sagt etwa Michael Mittelstaedt, Vorsitzender des Landeselternbeirats. Er lobt den Schnupfen-Gipfel, in dem sich auch sein Verband eingebracht hat – und nun das Ergebnis. Und er begrüßt, dass die Handreichung noch in Englisch, Französisch und Türkisch nachgereicht werden soll. Auch eine Sprecherin des Städtetags äußert sich zufrieden. „Die Kitas haben damit jetzt belastbare und eindeutige Leitlinien, die praktikabel sind.“Ähnlich äußert sich eine Sprecherin des Gemeindetags – appelliert aber zugleich an die Eltern, die Regeln nun auch klar zu befolgen.
Roland Fressle, Landeschef des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte, bezeichnet das Papier als „eindeutig, gut und praktikabel“. Er erwartet dadurch eine Entlastung der Ärzte – gerade mit Blick auf Herbst und Winter. „Die ganze Schein-Attesterei ist damit eigentlich erledigt.“Der nächste wichtige Schritt sei nun, die Zahl der Kinderkrankheitstage für Eltern zu erhöhen, mahnt er in Richtung Politik.
Kritischer äußert sich Matthias Schneider, Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Letztlich fragen sich Lehrer und Erzieher, können Sie sich auf die Einschätzungen der Eltern verlassen?“, sagt er. Er appelliert an Schulund Kita-Träger, die Reinigung wie in den Hygieneplänen vorgesehen stärker umzusetzen.