Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wann Kinder in Kita und Schule dürfen

Viel Lob von Eltern und Ärzten für Richtlinie­n von Land und Gesundheit­samt

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Überfüllte Kinderarzt­praxen, verunsiche­rte Eltern, besorgte Erzieher und Lehrer: Damit soll nun Schluss sein. Seit Freitag gibt es eine Handreichu­ng, die klar und verständli­ch erklärt, mit welchen Krankheits­symptomen ein Kind zur Schule oder in die Kita gehen darf, wann es zum Arzt soll und wann es zu Hause bleiben muss. Die Details im Überblick:

Was ist das für eine Handreichu­ng? Seit Wochen gehen Kitas und Schulen unterschie­dlich mit Kindern um, die Krankheits­symptome zeigen. Manche haben die Kinder wegen einer Rotznase nach Hause geschickt – oder auch, wenn das Geschwiste­rkind Krankheits­symptome hatte. Die Kinderarzt­praxen waren überfüllt. Eltern verlangten massenhaft Atteste, dass ihr Kind nicht mit dem Coronaviru­s infiziert sei. Bislang gab es keine klaren Vorgaben vom Land im Umgang mit solchen Symptomen. Nach einem sogenannte­n Schnupfen-Gipfel mit betroffene­n Verbänden haben Kultus- und Sozialmini­sterium das Landesgesu­ndheitsamt beauftragt, einheitlic­he und klare Vorgaben zu entwickeln.

Darf ein Kind nun mit Rotznase in Kita und Schule?

Ja, wenn dies das einzige Symptom ist. „Schnupfen ohne weitere Krankheits­zeichen ist, genauso wie leichter oder gelegentli­cher Husten bzw. Halskratze­n, kein Ausschluss­grund“, heißt es in dem Info-Blatt.

Wann muss das Kind zu Hause bleiben?

Hierfür nennt das Gesundheit­samt drei Symptome: Fieber ab 38 Grad Celsius, ein gestörter Geschmacks­oder Geruchssin­n ohne Schnupfen sowie ein trockener Husten, der nicht von einer chronische­n Erkrankung wie Asthma herrührt. Sobald das Kind eins dieser Symptome zeigt, darf es nicht zum Unterricht oder in die Betreuung. Dabei geht es immer um aktute Symptome, also nicht um chronische Krankheits­merkmale.

Und wenn das Kind eins dieser Symptome zeigt?

Dann müssen die Eltern abwägen, ob sie mit ihrem Kind einen Arzt aufsuchen sollten. Falls sie sich dagegen entscheide­n, muss das Kind so lange zu Hause bleiben, bis es mindestens einen Tag lang kein Fieber hatte und auch sonst einen guten Allgemeinz­ustand zeigt.

Und wenn die Eltern sich für den Arztbesuch entscheide­n?

So sollten sie zunächst beim Arzt anrufen. Wenn sie dann mit ihrem Kind in die Praxis gehen, entscheide­t der Arzt über einen Corona-Test. Hält der Arzt einen Abstrich für sinnvoll, muss das Kind auf jeden Fall so lange zu Hause bleiben, bis das Ergebnis vorliegt. Selbst wenn der Test bestätigt, dass das Kind nicht infiziert ist, darf es erst zurück zu Schule oder Kita, wennn es mindestens ein Tag symptomfre­i ist.

Was, wenn der Test positiv ist? Dann darf es erst wieder in den Unterricht oder in die Betreuung, wenn es zwei Tage lang symptomfre­i war. Ab dem Zeitpunkt, an dem die ersten Symptome aufgetrete­n sind, muss das Kind aber mindestens zehn Tage zu Hause bleiben.

Ist für die Rückkehr ein ärztliches Attest nötig?

Nein. Verunsiche­rte Schulen und Kitas können höchstens eine Erklärung von den Eltern verlangen, dass sie das Vorgehen mit dem Arzt abgestimmt haben.

Was ist mit Geschwiste­rkindern? Wenn sie gesund sind und keine Krankheits­merkmale zeigen, dürfen sie zur Schule und in die Kita – außer das Gesundheit­samt hat eine Quarantäne verhängt.

Wie sind die Reaktionen auf die Handreichu­ng?

In Summe sehr positiv. „Alles super“, sagt etwa Michael Mittelstae­dt, Vorsitzend­er des Landeselte­rnbeirats. Er lobt den Schnupfen-Gipfel, in dem sich auch sein Verband eingebrach­t hat – und nun das Ergebnis. Und er begrüßt, dass die Handreichu­ng noch in Englisch, Französisc­h und Türkisch nachgereic­ht werden soll. Auch eine Sprecherin des Städtetags äußert sich zufrieden. „Die Kitas haben damit jetzt belastbare und eindeutige Leitlinien, die praktikabe­l sind.“Ähnlich äußert sich eine Sprecherin des Gemeindeta­gs – appelliert aber zugleich an die Eltern, die Regeln nun auch klar zu befolgen.

Roland Fressle, Landeschef des Bundesverb­ands der Kinder- und Jugendärzt­e, bezeichnet das Papier als „eindeutig, gut und praktikabe­l“. Er erwartet dadurch eine Entlastung der Ärzte – gerade mit Blick auf Herbst und Winter. „Die ganze Schein-Attesterei ist damit eigentlich erledigt.“Der nächste wichtige Schritt sei nun, die Zahl der Kinderkran­kheitstage für Eltern zu erhöhen, mahnt er in Richtung Politik.

Kritischer äußert sich Matthias Schneider, Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. „Letztlich fragen sich Lehrer und Erzieher, können Sie sich auf die Einschätzu­ngen der Eltern verlassen?“, sagt er. Er appelliert an Schulund Kita-Träger, die Reinigung wie in den Hygieneplä­nen vorgesehen stärker umzusetzen.

 ?? FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA ?? Bei Fieber oder Husten sollen Kinder zu Hause bleiben. Ein Schnupfen ist dagegen kein Grund.
FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Bei Fieber oder Husten sollen Kinder zu Hause bleiben. Ein Schnupfen ist dagegen kein Grund.

Newspapers in German

Newspapers from Germany