Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vorhangstange mit Bambusspitze bringt die Lösung
Versuchter Raub im Welfenpalais: Kuriose Spur führt Kriminalpolizei zu 29-Jährigem – der gesteht die Tat
Die Stadt Weingarten geht in Sachen Digitalisierung wieder einmal voran. So können sich nun alle Nutzer der Friedhofs-App Frieda auf den beiden Weingartener Friedhöfen die gesuchten Gräber anzeigen lassen. Die Idee der Stadtverwaltung dabei: Die App soll den Besuchern die Orientierung erleichtern. Doch in der Praxis läuft das mal wieder komplett anders als eigentlich gedacht.
WEINGARTEN - Fahndungserfolg für die Kriminalpolizei in Friedrichshafen: Der mutmaßliche Täter, der vor zwei Wochen versucht hat, ein Lebensmittelgeschäft im Welfenpalais in Weingarten zu überfallen, ist überführt worden. Das teilt die Polizei in einer Pressemitteilung mit. Dabei half den Beamten kein konkreter Hinweis oder eine andere Spur. Vielmehr war das Glück auf ihrer Seite – und eine gute Täterbeschreibung. Denn eigentlich wurde der 29 Jahre alte Mann wegen anderer Delikte kontrolliert. Dabei stießen die Beamten auf die Tatwaffe – eine gusseiserne Vorhangstange mit aufgesetzter Bambusspitze.
Doch der Reihe nach: Am Samstag, 18. Juli, betrat der nun ermittelte Mann einen Lebensmittelladen in der Weingartener WilhelmBraun-Straße. Maskiert mit einem schwarzen Schlauchschaal bedrohte er die Verkäuferin mit einem langen Gegenstand. Die Polizei ging damals von einem Skistock aus, wie sie in der Pressemitteilung seinerzeit schrieb. Demzufolge forderte der Mann die Verkäuferin in akzentfreiem Deutsch auf, ihm mehrere 50-Euro-Scheine zu geben. Doch ging der Plan nicht auf. Die Verkäuferin weigerte sich gleich mehrfach, dem Mann das Geld auszuhändigen. Daraufhin gab der Räuber auf und entschied sich, ohne Beute zu fliehen.
Die Polizei leitete direkt eine Fahndung ein, konnte den Mann aber nicht erwischen. Daher startete die Polizei einen Zeugenaufruf, der offensichtlich ebenfalls nur bedingt erfolgreich verlief. Die Pressestelle der Polizei konnte am Freitagnachmittag keine weiteren Auskünfte geben und verwies an die Ravensburger Staatsanwaltschaft, die allerdings nicht zu erreichen war. Und so ist bislang noch nicht bekannt, ob der Mann bereits vorbestraft ist und ob er auch in Weingarten lebt. Doch gerade der
Wohnort führte letztlich zur Überführung des Täters.
Denn die Kriminalpolizei Friedrichshafen, die in diesem Fall des versuchten Raubes ermittelt hatte, war wegen anderer Delikte auf den 29 Jahre alten Mann aufmerksam geworden. Er sollte wegen Ladendiebstahls,
Farbschmierereien und wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz überprüft werden. Also fuhren Kripo-Beamte am Donnerstag zu seiner Wohnung – auch weil die Personenbeschreibung vom versuchten Raubüberfall zu dem Mann passte. Bei der Überprüfung trafen die Beamten
nicht nur den 29-Jährigen an. Sie fanden in der Wohnung auch die Tatwaffe. Auch wenn sich dabei herausstellte, dass es sich nicht um einen Skistock, sondern um eine gusseiserne Vorhangstange mit aufgesetzter Bambusspitze – alles schwarz lackiert – handelte.
Daraufhin konfrontierten die Ermittler den 29-Jährigen mit dem Raubüberfall, woraufhin er die Tat zugab. Allerdings wurde der Mann nicht festgenommen, da es laut Polizeibericht keine Gründe für eine Inhaftierung gab. Das wird grundsätzlich vom zuständigen Haftrichter am Ravensburger Amtsgericht bestimmt. Faktoren wie Fluchtgefahr oder Wiederholung ähnlicher Taten spielen dabei eine Rolle. Doch das war in diesem Fall offensichtlich nicht gegeben. Deshalb kam der 29 Jahre alte Mann nach Abschluss der erforderlichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß, muss sich für seine Taten aber vor Gericht verantworten.