Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ein Tropfen auf den heißen Stein“
CHG-Meridian spendet Weingartens Schulen 60 Laptops – doch das reicht bei Weitem nicht
WEINGARTEN - Das Informationstechnologie-Unternehmen CHGMeridian hat den Weingartener Schulen 60 Laptops gespendet. Der Aufsichtsratsvorsitzende der CHG, Jürgen Mossakowski, übergab die Geräte an den Leiter der Talschule, Frank-Ulrich Widmaier, der als Geschäftsführer der Schulleitung die Spende entgegennahm.
Oberbürgermeister Markus Ewald sagte, die Laptops seien ein „großes Glück“für die Schulen, denn gerade bei der Ausstattung der Schulen gebe es einen großen Bedarf, um allen Schülern die gleichen Chancen zu bieten. Ewald räumte aber gleichzeitig ein, dass die 60 Laptops bei Weitem nicht ausreichen.
Die Laptops stammen aus dem Vermietpark der CHG-Meridian. Dort kommen permanent Notebooks zurück, die in ein großes Lager gehen. Dort werden die Geräte aufbereitet und wieder auf den Markt gebracht. Die Laptops sind zwei bis drei Jahre alt, sind voll funktionsfähig und gut ausgestattet.
Mossakowski, der außerdem im Vorstand der Bürgerstiftung Kreis Ravensburg ist, sprach gar von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Doch es sei besser als nichts. Der Unterricht
habe sich durch die CoronaPandemie wesentlich verändert. Man müsse die Bildungsabstinenz so gering wie möglich halten. „Wir müssen den Laden am Laufen halten“, sagte Mossakowski. Doch nicht nur bei den Schülern sei ein großer Bedarf festzustellen. Auch den Lehrern müsse man die entsprechende Technologie zur Verfügung stellen. Dort sei viel Engagement und Eigenleistung in den vergangenen Monaten geschehen.
Computer könnten zwar den persönlichen Kontakt zwischen Lehrern und Schülern nicht ersetzen. Es gebe aber kein Entweder-oder. Digitale Medien seien, richtig eingesetzt und im richtigen Umgang, eine Bereicherung für den Unterricht. „Ein Tablet in der Hand eines Schülers muss die gleiche Wertigkeit haben wie ein Schulbuch“, sagte Widmaier. „Das ist das Ziel.“
Insgesamt habe die Corona-Pandemie und ihre Folgen laut Widmaier gezeigt, in welchem katastrophalen Zustand sich der Bildungssektor bei der Digitalisierung befindet. „Das gilt nicht nur für die Weingartener Schulen“, sagte Widmaier. „Das zeigt sich in ganz Deutschland. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern müssen wir feststellen, dass wir uns da nicht in der Champions-League befinden, um es diplomatisch auszudrücken.“Endgeräte seien nur ein Mosaikstein. Die ganze Art und Weise, wie man heute in Echtzeit miteinander kommuniziere, funktioniere in den Schulen kaum. „Corona hat uns schonungslos gezeigt, dass wir da noch Hausaufgaben zu machen haben“, sagte Widmaier.
Das Projekt Digitalisierung müsse zur Chefsache werden, und zwar bei der Landesregierung in Stuttgart. Es reiche nicht, wenn sich einzelne Schulen darum kümmerten oder mal eine Spende ankomme. „Wir müssen uns die Digitalisierung als das zentrale Thema für Baden-Württemberg auf die Agenda nehmen“, sagte Widmaier.
Auch aus Sicht der Städte als Träger der Schulen müsse das Land hier Verantwortung übernehmen, sagte OB Ewald. „Es kann nicht sein, dass Bildung davon abhängt, wie reich eine Stadt ist und über entsprechende Mittel verfüge, die Schulen so auszustatten, wie es nötig ist, um auch wirklich allen Schülern die gleichen Chancen zu bieten.“
An welche Schüler genau die Computer gehen, steht allerdings noch nicht fest. Man müsse nun zuerst bei den rund 2300 Weingartener Schülern ermittelt, wer welchen Bedarf habe, sagte Widmaier. Zunächst werde man schauen, wer überhaupt kein Endgerät habe. „Das gibt es tatsächlich in allen Schulen“, sagte Widmaier. Der Bedarf werde auch im Hinblick auf einen möglichen zweiten Lockdown ermittelt, in dem es wieder Fernunterricht geben könnte. Natürlich werde man auch beachten, welche Familien eine hohe Bedürftigkeit hätten.
Unabhängig davon haben die städtischen Schulen gemeinsam mit den Schulsozialarbeitern aktuell einen Bedarf von mindestens 140 Endgeräten ermittelt, wie in der vergangenen Sitzung des Gemeinderats bekannt wurde. Abzüglich der 60 Spendengeräte müsste die Stadt also zusätzlich 80 mobile Endgeräte dazukaufen.
Diesem Kauf hat der Rat zugestimmt. Im Rahmen des Sofortausstattungsprogramms von Bund und Ländern für den Fernunterricht stehen der Stadt dafür knapp 175 000 Euro zur Verfügung.
Darüber hinaus wird die Stadt neue Rechner für den Fernunterricht im Schulzentrum beschaffen. Die aktuellen Geräte stammen aus dem Jahr 2015, seien abgeschrieben und der Support für Windows 7 sei eingestellt. Damit verfügten sie nicht mehr über die notwendigen technischen Anforderungen. Für Realschule und das Gymnasium werden deshalb 120 Computer inklusive Bildschirme und 164 Notebooks gekauft. Kostenpunkt insgesamt knapp 210 000 Euro.
Zum Hintergrund der Spende: Die Bürgerstiftung Kreis Ravensburg und die CHG-Meridian haben mit dem Lockdown einen Topf mit 200 000 Euro ins Leben gerufen. „Damit wollen wir Soforthilfe leisten“, sagte Mossakowski. Der Staat tue zwar eine Menge, aber man müsse auch sehen, dass die Wege, bis staatliche Gelder ankommen, träge seien. „Als Bürgerstiftung können wir da unkompliziert einspringen, wo jetzt Hilfe benötigt wird“, sagte Mossakowski. Zuerst habe man die Tafeln und das Frauenhaus unterstützt. Und nun seien die Schulen dran.