Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Chefarzt Suckel muss seinen Posten räumen
„Standortgefährdende Entwicklung“in Bad Waldsee eingebremst – Zwingmann übernimmt mit sofortiger Wirkung
BAD WALDSEE (hey) - Erneuter Paukenschlag am Krankenhaus Bad Waldsee: Andreas Suckel wurde mit sofortiger Wirkung von seinem Amt entbunden und ist nicht mehr länger Chefarzt am Standort der Oberschwabenklinik (OSK). Suckel wird zukünftig als Belegarzt im Westallgäu-Klinikum Wangen tätig sein. Darauf haben sich die OSK-Verantwortlichen und Suckel einvernehmlich verständigt, wie der neue Geschäftsführer Oliver Adolph der „Schwäbischen Zeitung“erklärt.
Nach gerade einmal eineinhalb Jahren ist Schluss. Der Chefarzt der Chirurgie und Leiter der Gelenkklinik muss seinen Posten räumen. Dabei hatte im Herbst 2018 alles so gut angefangen. Mit Unterstützung des „Senior-Operateurs“Karl Utz übernahm er die Leitung und weckte Hoffnungen auf eine Erweiterung des Portfolios und neue Impulse für den Standort. „Es schien für Waldsee ein zukunftsfähiges Projekt zu werden“, beschreibt Adolph die damalige Ausgangssituation. Doch schon im März 2019 mussten die ersten Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen in der Abteilung intern aufgearbeitet werden. Auch die erhoffte, ja erwartete, Verbesserung der wirtschaftlichen Situation blieb aus.
Zum Jahresende 2019 war den OSK-Verantwortlichen klar, „Bad Waldsee hat sein Potential nicht voll ausgeschöpft“, wie es Adolph benennt und ergänzt: „Und, die internen Konflikte lähmen die Abteilung.“Sowohl gegenüber der Belegschaft als auch im Austausch mit Utz schien Suckel nicht immer die passenden Worte gefunden zu haben. Wie Insider der SZ berichten, eckte er mit seiner forschen Art immer wieder an. Die abteilungsinternen Querelen gipfelten in Utz’ Rücktritt. Der langjährige Chefarzt und „Senior-Operateur“schied ein halbes Jahr vor Ablauf seines Arbeitsvertrages aus den Diensten der OSK aus. Der Grund für seine Kündigung ließ damals aufhorchen. Wie er der „Schwäbischen Zeitung“erklärte, sei „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Chefarzt Andreas Suckel nicht mehr möglich“.
Und nachdem zuletzt auch noch die Corona-Krise auf die Arbeit im Waldseer Krankenhaus einwirkte, war für die OSK-Verantwortlichen klar, „wenn wir noch lange zusehen, dann kann das standortgefährend sein“, so Adolph. Zuletzt habe es zudem große Schwierigkeiten gegeben, die Kapazitäten auszulasten. Und so sah sich der neue Geschäftsführer nach nur 23 Tagen im Amt bereits zum Handeln gezwungen und suchte das Gespräch mit Suckel. Gemeinsam einigten sie sich auf die Versetzung. Diesem Vorgehen stimmte der Aufsichtsrat der Oberschwabenklinik am Freitag zu.
Mit den Mitarbeitern in Bad Waldsee wurde die Personalangelegenheit am Dienstagabend besprochen. In der Kurstadt hatte sich zu diesem Zeitpunkt
gerade das hartnäckige Gerücht verbreitet, dass Suckels Büro in seiner Abwesenheit geräumt worden sei. Wie Adolph erklärt, sei das Gespräch über die Versetzung am Donnerstag vergangener Woche geführt worden und damit einen Tag vor Suckels dreiwöchigem Urlaubsbeginn.
Suckels Nachfolge übernimmt Jörn Zwingmann, der erst kürzlich als Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am St. ElisabethKrankenhaus in Ravensburg eingesetzt wurde. Damit wird nun schon die zweite hochrangige Position von Ravensburg aus mitverantwortet. Bekanntlich ist Andreas Straub in Ravensburg Chefarzt der Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin und hat diese Leitungsaufgabe standortübergreifend für das St. Elisabethen-Krankenhaus sowie das Krankenhaus Bad Waldsee übernommen. Mit Suckels Wechsel innerhalb der OSK und Zwingmanns Doppelfunktion sieht Adolph „eine tragfähige Lösung für den Standort Bad Waldsee“gefunden. Alle Sorgen sind damit aber noch nicht vom Tisch. Viele Waldseer sind ob der jüngsten Ereignisse beunruhigt und äußerten gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“ihre Angst vor einer Schließung. „Diese Sorgen sind berechtigt“, sagt Adolph unumwunden. Die Abhängigkeit von der Orthopädie sei am Bad Waldseer OSK-Standort sehr groß. „Die Innere Medizin alleine kann das Festhalten am Standort nicht begründen. Aber wir wollen den Standort behalten und alle Energie dafür aufwenden“, versichert Adolph und gibt damit ein klares Bekenntnis ab. Mit Zwingmann übernehme außerdem ein Mediziner, der einer neuen Generation der Chefärzte angehöre und nicht mehr hierarchisch, sondern standortübergreifend denke.
Indes sehen Insider einen Zusammenhang zwischen Suckels Versetzung und einer anderen Personalie der jüngsten Vergangenheit – der
Entlassung des OSK-Geschäftsführer Sebastian Wolf. Dieser musste seinen Posten nach einem Beschluss des Aufsichtsrates im Juni überraschend räumen. Wolf habe die Hand stets schützend über Suckels Führungsstil gehalten, wie Insider es gesehen haben wollen. Dem entgegnet OSKPressesprecher Winfried Leiprecht, dass Beschwerden Ernst genommen worden seien, „nichts ins Leere gelaufen ist“und es auch Gespräche mit den Beteiligten gegeben habe. Der ein oder andere Mitarbeiter und Patient wünscht sich nun bereits Karl Utz zurück. Und tatsächlich hat Adolph bereits bei Utz angerufen. Er verweist diesbezüglich gleichwohl auf zwei Faktoren. Erstens: Über die Personalaufstellung entscheidet der zukünftige Chefarzt Zwingmann. Zweitens: Utz selbst muss für eine Rückkehr bereit sein. „Das sind alles Dinge, die wir in den nächsten Tagen entscheiden und auf Herrn Utz zugehen werden“, so Adolph.