Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Im Vorgarten steckt noch viel Potenzial
Neuerdings wird die Gestaltung von Vorgärten in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Anstoß dazu gibt die Belegung dieser Fläche am Haus mit Zierschotter. Über deren (Un-)Sinn und den Geschmack unserer Mitmenschen lässt sich ja bekanntlich gut streiten. Nüchtern betrachtet hat der Platz vor dem Haus zunächst mal eine rein technische Funktion und wird oft als Auto- oder Mülltonnenabstellplatz genutzt. Darüber hinaus wird er für die meisten Hausbewohner noch als Repräsentationsfläche gesehen. Ich finde es allerdings schade, den Vorgarten als reine Nutz- und Dekorationsfläche zu gebrauchen.
Früher war dieser Platz oftmals ein Ort für vielerlei soziale Kontakte. Auf der Sitzbank vor dem Haus ließ es sich gut, wie in einem halb öffentlichen Raum, am Leben auf der Straße teilnehmen. Übrigens ist es ein ähnliches Feeling, das wir beim Straßencafé so mögen, wo das Motto „Sehen und gesehen werden“lautet.
Der Vorgarten kann für drei Generationen eines Hauses interessant sein. Unter dem Schatten eines kleinkronigen Baumes oder vor einer begrünten Hausfassade lässt es sich im heißen Sommer gut aushalten. Kleine Kinder oder Haustiere sind hinter einem offen gehaltenen Zaun sicher aufgehoben und können das Alltagsleben mitverfolgen. Für Jugendliche und ältere Semester reicht dagegen eine barrierefreie und farblich gestaltete Markierung von Wegplatten als Abgrenzung zur Straße. Das Gespräch vom Vorgarten aus bietet eine zwanglose Kontaktmöglichkeit zu den Mitmenschen, ohne sie aufwendig ins Haus bitten zu müssen.
Ich finde daher, das Potenzial unserer Vorgärten ist in dieser Hinsicht noch nicht voll ausgeschöpft. Und wer weiß, vielleicht erfährt dieses Fleckchen am Haus bald wieder eine kleine Renaissance für unser Zusammenleben.