Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Steinmeier warnt vor Leichtsinn

Bundespräs­ident sieht Gesundheit der Mehrheit gefährdet – Streit um Demonstrat­ionsrecht

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BERLIN (AFP/dpa) - Die massenhaft­en Verstöße gegen Corona-Regeln bei der Berliner Großkundge­bung am Wochenende haben eine Debatte über die Grenzen des Demonstrat­ionsrechts angestoßen. Das Innenminis­terium regte am Montag an, solche Kundgebung­en gar nicht erst zuzulassen, wenn Verstöße gegen die Auflagen absehbar sind. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier warnte die Bürger in einer Videobotsc­haft davor, im Umgang mit der Pandemie leichtsinn­ig zu werden. „Die Verantwort­ungslosigk­eit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, sagte er. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler.“

Die Bundesregi­erung verurteilt­e die Berliner Kundgebung, Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer nannte sie „inakzeptab­el“und warnte Teilnehmer, sich nicht von Extremiste­n vereinnahm­en zu lassen. Die Bundesregi­erung habe „größtes Verständni­s für die Sorgen der Bürger“und begrüße „sachliche Argumente“, Verstöße gegen die Corona-Auflagen seien aber „nicht hinnehmbar“. Zugleich stellte das Bundesinne­nministeri­um klar, dass das Versammlun­gs

und Demonstrat­ionsrecht auch in Zeiten der Corona-Pandemie geschützt sei. Vorkommnis­se wie in Berlin seien aber „eine Gesundheit­sgefahr für uns alle und in dieser Form nicht akzeptabel“. Denkbar sei es, Kundgebung­en wegen absehbarer Verstöße nicht zuzulassen. Der Chef des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, brachte schärfere Strafen ins Spiel, damit sich „Fehlverhal­ten von Demonstran­ten in solchem Ausmaß“nicht wiederhole.

Bundestags-Vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki (FDP) zeigte derweil Verständni­s. Er sei sich sicher, dass

„eine Menge Leute dabei waren, die für uns nicht verloren sind, die einfach verzweifel­t sind, weil sie nicht mehr wissen, warum diese Maßnahmen umgesetzt werden“.

Bei der Demo, die von der Polizei am Samstag erst nach Stunden aufgelöst wurde, waren die Auflagen bewusst missachtet worden: Der Mindestabs­tand wurde nicht eingehalte­n, kaum jemand der – laut Polizei – 20 000 Teilnehmer trug eine Maske. Neben Corona-Leugnern und Impfgegner­n waren auch viele Teilnehmer mit rechtsgeri­chteten Fahnen in der Menge.

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