Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Als sich Rechtsextreme auf der Veitsburg trafen
Im Sommer 1993 spricht unter anderem der gebürtige Ravensburger Götz Kubitschek – Die Stimmung in der Stadt war aufgeheizt
Der Autor des Leserbriefs „Unzufriedene Minderheit, die gegen alles ist“vom Freitag, 31. Juli, heißt Josef Georg Haag und nicht, wie von uns gedruckt, Josef Georg Haas. (sz)
RAVENSBURG - Götz Kubitschek gilt heute als einer der zentralen Akteure der Neuen Rechten in Deutschland. Vor ziemlich genau 27 Jahren war der gebürtige Ravensburger bei der sogenannten „Sommeruniversität“dabei, einer Tagung, die vom 30. Juli bis zum 3. August 1993 auf der Veitsburg stattfand und die von der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“veranstaltet wurde. Im Mittelpunkt stand Kubitschek damals zwar noch nicht, trotzdem sorgte die Veranstaltung für einigen Aufruhr in der Stadt.
Wenn die damaligen Ortsvorsitzenden der Ravensburger CDU und SPD heute an die Veranstaltung zurückdenken, könnten ihre Aussagen nicht unterschiedlicher sein. Während der heutige CDU-Landtagsabgeordnete August Schuler meint, die Stadtbevölkerung habe „von der Sache auf der Veitsburg nichts mitbekommen“, erinnert sich Gunnar Balkow, damals Ortsvereinsvorsitzender der SPD, daran, dass die Protestbewegung „wie ein Lauffeuer durch die Stadt und durch ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen“gegangen sei. „Man wollte diese Leute in der Stadt nicht haben“, sagt Balkow, der den Demonstrationsaufruf gegen die Tagung damals mitverfasst hatte.
Unterzeichnet hatte den Aufruf auch August Schuler, was ihm allerdings einige Kritik einbrachte. Denn den Eröffnungsvortrag der Tagung hielt der CDU-Bundestagsabgeordnete Claus Jäger. Schuler habe sich von Balkow ein wenig „gelinkt“und unzureichend über die Veranstaltung informiert gefühlt, wie aus der „Schwäbischen Zeitung“vom 7. August 1993 hervorgeht. „Ich falle doch nicht meinem Bundestagsabgeordneten in den Rücken“, sagt Schuler heute und ist sich sicher: „Wäre es dort um Extremismus gegangen, wäre Jäger dort nicht aufgetreten.“
Tatsächlich hatte es sich vonseiten der Jungen Freiheit um den Versuch gehandelt, „Studenten und Jungakademiker aus allen konservativen Lagern zu sammeln.“So heißt es zumindest lapidar im ein Jahr später veröffentlichten Tagungsband. Ganz so einfach scheint es aber nicht gewesen zu sein. Tagungsleiter war der Rechtsextremist Hans-Ulrich Kopp, mitveranstaltet wurde die Tagung von der rechtsextremistischen Münchner Studentenverbindung „Danubia“.
Zu Gast waren unter anderem der damalige baden-württembergische Landeschef der Republikaner Rolf Schlierer oder der ehemalige FPÖEuropaparlamentsabgeordnete Andreas Mölzer. Und eben Götz Kubitschek, damals Student und Redakteur bei der „Jungen Freiheit“, heute einer der Köpfe hinter der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“, Pegida-Redner und Vertrauter von AfD-Politiker Björn Höcke. Er hielt einen Vortrag über den Autor und Rechtsterroristen Ernst von Salomon, der als einer der geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt. Kubitschek dagegen bezeichnet ihn als „politisch motivierten Aktivisten“und „bedingungslosen Rebellen“.
Dass die „Sommeruniversität“damals überhaupt auf der Veitsburg stattfand, begründete Tagungsleiter Kopp gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“mit der „schönen Landschaft, aber auch mit dem geschichtlichen Hintergrund der Veitsburg als Stammsitz der Welfen“. Eine Rolle dürfte außerdem gespielt haben, dass neben Kubitschek und einem weiteren Teilnehmer auch Roland Bubik aus Ravensburg kam, der häufig als intellektueller Kopf der „Jungen Freiheit“bezeichnet wurde.
Trotz Heimvorteil und vermeintlicher Idylle endete die Tagung auf der Veitsburg einen Tag früher als geplant. In der Nacht von Montag auf Dienstag hatte es gegenseitige Provokationen zwischen Tagungsteilnehmern und Demonstranten (laut Pressemeldung der Jungen Freiheit engagiert von der „Schwäbischen Zeitung“) gegeben und das Auto von Tagungsleiter Kopp verkratzt. Daraufhin wurde die Veranstaltung für den letzten Tag kurzfristig nach Konstanz verlegt.