Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
3,5-Tonnen-Grenze ist für Wohnmobilbauer eine Hürde
Hymer-Verantwortliche fordern Anpassung im Führerschein – So sieht der neue Corona-Alltag im Bad Waldseer Betrieb aus
BAD WALDSEE - Wer einen Führerschein (Klasse B) besitzt, darf Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen fahren. Der Bad Waldseer Reisemobilhersteller Hymer fordert hier eine Anhebung auf 4,5 Tonnen ein, wie die Verantwortlichen bei einer Stippvisite des Europa-Abgeordneten Norbert Lins betonten. Auch Corona und die Auswirkungen auf den Arbeitsalltag wurden bei dem Treffen thematisiert.
Autofahrer, die vor 1999 den Führerschein bestanden haben, dürfen Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren. Bei der jüngeren Generation, und damit dem Wohnmobilnachwuchs, beginnt die Grenze bei 3,5 Tonnen, und das stellt die Branche zunehmend vor eine Herausforderung, wie Christian Bauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hymer GmbH & Co. KG, und Hermann Pfaff, Präsident des
Caravaning Verbandes, am Mittwochmorgen erklärten. „90 Prozent der verkauften Fahrzeuge sind bis 3,5Tonnen schwer. Die Hersteller bekommen damit aber Probleme, weil sich beispielsweise über die ChassisBauweise, Euro 6 und AdBlue, das Gewicht um 50 Kilogramm erhöht hat, und das muss irgendwie kompensiert werden“, so Pfaff, und weiter: „Es wäre an der Zeit, im privaten Bereich zumindest auf 4,25 Tonnen anzupassen.“Bei Gespannen gebe es die erhöhte Tonnen-Beschränkung auch. Lins bot sich als „Türöffner“in Brüssel an und versprach, das Thema an geeigneten Stellen vorzubringen. „Wenn man diese Hürde kippen könnte, würde das dem Markt und der gesamten Branche helfen“, fügte Bauer hinzu.
Mit Rückblick auf die vergangenen von Corona geprägten Monate konnte Bauer ein positives Fazit ziehen. Auf den dreiwöchigen Produktionsstopp
im April folgten zwei starke Verkaufsmonate. „Die Zulassungszahlen in Deutschland sind sensationell“, sagte Bauer bezogen auf die Gesamtbranche. Deutschlandweit wurden allein im Juni 12 726
Freizeitfahrzeuge zugelassen. Laut dem Kraftfahrtbundesamt legten die Reisemobil-Zulassungen im Vergleich zum Vorjahresmonat damit um 65,4 Prozent zu. Wie sich die Situation bei Hymer exakt darstellt, dazu konnte Bauer mit Verweis auf den börsennotierten Betrieb keine Auskunft geben. Nur so viel war zu erfahren: „Die Camper Vans liegen im Trend. Es ist das Segment mit den meisten Steigerungen.“Auf Lins’ Nachfrage, warum die ausgebauten Kastenwagen so beliebt sind, gab Bauer zu verstehen, dass sie kompakt, „quasi wie ein Automobil – nur höher“sind.
Aufgrund des Coronavirus hat es auch in der Produktion und der Verwaltung Veränderungen im Arbeitsalltag gegeben. Während für die Produktionsmitarbeiter Laufwege definiert wurden, arbeiten die Mitarbeiter in der Verwaltung abwechselnd im Homeoffice. Im Gebäude wurden außerdem spezielle, selbst gefertigte Türgriffe angebracht, die ein Öffnen mit dem Unterarm ermöglichen und den Kontakt zur Handfläche vermeiden. „Was die Corona-Fälle angeht, sind wir bisher gut davongekommen. Unsere Mitarbeiter sind sehr diszipliniert“, beschreibt Bauer die Situation im Unternehmen. Videokonferenzen hätten zudem Einzug in den Arbeitsalltag gehalten.
Während einer Betriebsbesichtigung erfuhr Lins außerdem, dass die gezeigte Produktionshalle gut drei Fußballfelder groß ist und an fünf Bändern Reisemobile, Camper Vans und Wohnwagen in Handarbeit gefertigt werden. „Alle neun Minuten entsteht eine komplette Möbelgarnitur für ein Fahrzeug“, ließ Bauer wissen, ehe er mit Blick auf die Bundesstraße 30 noch verdeutlichte, dass die Anbindung an die B 30 verbesserungswürdig ist.