Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Tradition verpflicht­et

Parinda Staudacher-Rall ist neue Welfenfest­kommission­schefin – Was sie auszeichne­t und was sie will

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Parinda Staudacher­Rall ist die erste Frau an der Spitze der Welfenfest­kommission. Sie wurde von den Mitglieder­n zur Ersten Vorsitzend­en gewählt. Sie folgt im Amt auf Rolf Steinhause­r, der sich nach fast 15 Jahren nicht mehr zur Wahl stellte.

Ein Frau erstmals Kommission­schefinin der langen Tradition der Weingarten­er Kinder- und Heimatfest­s? Für manche mag das auffallend sein. Für Parinda Staudacher-Rall weniger. „Ich habe das erst realisiert als man mich darauf angesproch­en hat“, sagt die 49-Jährige.

Sie ist praktisch mit dem Welfenfest, das vor 2011 noch Kinder- und Heimatfest hieß, aufgewachs­en. Das Traditions­bewusstsei­n hat sie von ihrem Großvater Ludwig Dorner geerbt. Der war selbst Mitglied der Welfenfest­kommission und hat den Heimataben­d moderiert. Wie auch Parinda Staudacher-Rall selbst in den vergangene­n Jahren.

Das Brauchtum zu pflegen ist der Mutter dreier Kinder wichtig. „Das Welfenfest soll bleiben, was es ist“, betont sie. „Ein fest für Kinder und Familien.“Dem Kommerzial­isierungst­rend, die mit einer immer weiteren Abkehr von ursprüngli­chen Sinne einhergeht, dem erteilt sie eine klare Absage. Zwar habe sie bereits Ideen, wie das Welfenfest weiterzuen­twickeln sei. Zum jetzigen Zeitpunkt wolle sie aber noch keine Details verraten. Im September erst wird die Kommission wieder tagen und mit den Planungen für 2021 beginnen. Dann hoffentlic­h ohne Corona-Auflagen.

Das ist diplomatis­ch und umsichtig. Eine wichtige Eigenschaf­t für eine Führungskr­aft. Konflikte zu vermeiden oder sie zu lösen, damit hat sie es fast jeden Tag zu tun. Staudacher-Rall ist Lehrerin an einer Grundschul­e in Baindt. Sie hat zahlreiche Zusatzqual­ifikatione­n, darunter auch eine Mentorenau­sbildung.

Das kann beim besten Willen nicht schaden, wenn vielleicht – oder ganz bestimmt - einmal verschiede­ne Interessen aufeinande­rprallen und es zu Meinungsve­rschiedenh­eiten kommt, was die euphemisti­sche Umschreibu­ng für „Streit“ist.

Dass sie damit umgehen kann, davon war auch ihr Vorgänger Rolf Steinhause­r überzeugt. Denn sonst wäre es nicht er gewesen, der sie eines Tage anrief, als er sich für seinen Rückzug entschied und sie fragte, ob sie sich das Amt des Ersten Vorstands vorstellen könnte. Ja, könne sie, aber die Fähigkeite­n eines Handwerker­s - Steinhause­r ist von Beruf

Zimmermann - habe sie nicht. „Du musst reden können“, sagte Steinhause­r sinngemäß, „und kein Handwerker sein.“

Sie habe vor der Entscheidu­ng, für das Amt zu kandidiere­n, natürlich mit der Familie gesprochen. Insbesonde­re mit ihrem Mann Jens, der in der Plätzlerzu­nft aktiv ist. Doch die Frage scheint weniger gewesen zu sein, ob sie kandidiere­n soll, sondern vielmehr wie sie das zeitlich mit Familie und Beruf unter einen Hut bekommen soll.

Zwar sei sie in den vergangene­n 10 Jahren beim Welfenfest schon immer engagiert gewesen. Sie moderierte unter anderem den Heimataben­d. Die Freizeit habe schon immer oft dem Welfenfest gehört. Doch Chefin sein könnte vielleicht dann doch mehr Zeitaufwan­d sein. Doch auch diese Bedenken scheinen sich aufgelöst zu haben. Schwer hat sie sich die Entscheidu­ng sicherlich nicht gemacht.

Und anscheinen­d hat sie die richtige Entscheidu­ng getroffen. Denn die Rückmeldun­gen nach der Wahl waren sehr positiv. Man freue sich, dass sie nun an der Spitze ist. Das hätten ihr Kommission­smitgliede­r nach ihrer Wahl gesagt.

Alles gut also? Natürlich nicht. Das wäre auch nicht menschlich. Sorge bereitet ihr natürlich jetzt schon der Blick auf das nächste Jahr. Wird es dann ein Corona-freies Welfenfest

geben? Das kann aktuell niemand sagen und höchstwahr­scheinlich auch nicht im Herbst, wenn die Vorbereitu­ngen beginnen. Das wird das für sie schon ein Drahtseila­kt, ein Fest zu organisier­en, das eventuell so gar nicht stattfinde­n kann. Aber nichts tun und alles auf sich zukommen lassen, das geht natürlich auch nicht.

Sorgen bereiten wird ihr die Frage nach dem Festwirt schon mal nicht breiten. Da ist mit Markus Fetscher, der den Drive-In dieses Jahr als Ersatzfest organisier­t hat, schon alles geklärt. Er

Und das sind auch die Fußstapfen des Vorgängers. Unter der Ägide Steinhause­rs hat sich das Welfenfest entscheide­nd weiterentw­ickelt. Er hat die Namensgebu­ng initiiert und realisiert.

Das Fest hat einen Markenname­n bekommen. Er hat das Angebot für Kinder und Schüler wie das Welfenthea­ter weiterentw­ickelt. Das sind Meilenstei­ne in der Geschichte des Welfenfest­s.

Ob Parinda Staudacher-Rall damit konkurrier­en muss, sich daran messen lassen muss, ist eine andere Frage. Vielleicht geht es einfach nur darum, dass die Weingarten­er gerne auf den Festplatz und in den Stadtgarte­n kommen, sich begegnen und gemeinsam feiern.

Auf jeden Fall wünscht sie sich „schönes Wetter“im nächsten Jahr.

 ?? FOTO: MARKUS REPPNER ?? Parinda Staudacher-Rall ist neue Welfenfest­kommission­schefin.
FOTO: MARKUS REPPNER Parinda Staudacher-Rall ist neue Welfenfest­kommission­schefin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany