Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kita-Schließung als allerletztes Mittel
Familienministerin Giffey rät Ländern zu Hygienekonzepten – Investitionsprogramm für mehr Betreuungsplätze
BERLIN (dpa/AFP) - Bundesfamilienministerin Franziska Giffey will erneute coronabedingte Schließungen von Kitas unbedingt vermeiden. „Die komplette Schließung ist das allerletzte Mittel“, sagte die SPD-Politikerin am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dafür müssten jedoch alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden. Die Ministerin gab dazu am Montag in Berlin Empfehlungen ab. Vorschriften machen kann sie nicht, da Kitas wie auch Schulen in der Zuständigkeit der Bundesländer liegen. Giffey kündigte zudem an, die Rolle von Kindern und Kitas in der Pandemie stärker zu erforschen und den bundesweiten Informationsaustausch dazu zu verbessern.
„Hygiene ist das A und O, Lüftungsverhalten ist ganz wichtig“, sagte die Ministerin. Zudem solle es möglichst feste Gruppen geben – ist das nicht möglich, sollen die Kitas zumindest sicherstellen, dass das Infektionsgeschehen im Zweifelsfall nachvollzogen werden kann. Masken für Kinder in der Kita hält Giffey nicht für praktikabel. Von größeren Veranstaltungen wie Sommerfesten „mit vielen externen“Gästen rate man ab. Die SPD-Politikerin forderte zudem – wie in einigen Bundesländern auch bereits umgesetzt – in ganz Deutschland kostenlose Corona-Tests
für Erzieherinnen und Erzieher. Bundesweit verstärkt werden sollen die Bemühungen zur Erforschung der Rolle von Kitas und Kindern in der Corona-Pandemie.
Giffey kündigte am Montag in Berlin die Einberufung eines „Corona-Kita-Rates“für den 31. August an. Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Gewerkschaften, Eltern und Kindertagespflege sollen sich in dem Gremium einmal im Monat über Erfahrungen
und Konzepte in den Kitas austauschen.
An diesem Dienstag soll zudem ein bundesweites „Kita-Register“online gehen. Kitas und Tagesmütter sollen auf der Internetplattform regelmäßig unter anderem Informationen zum Infektionsgeschehen und den Kapazitäten in ihrer Einrichtung eintragen können. „Wir hoffen auf eine hohe Beteiligung, die uns einen guten Überblick über die bundesweite Situation in der Kindertagesbetreuung verschafft“, sagte der Direktor des Deutschen Jugendinstituts, Thomas Rauschenbach. Mit dem Kita-Register soll die seit der stufenweisen Wiederöffnung der Kitas laufende „Corona-Kita-Studie“unterstützt werden. Diese wird vom Familien- und Gesundheitsministerium finanziert und vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und dem Robert-Koch-Institut umgesetzt. Die Studie erforscht die Rolle von Kindern im Infektionsgeschehen. Laut Giffey gibt es bereits mehr als 5000 Registrierungen. DJI-Direktor Thomas Rauschenbach sagte, es seien zehntausend Anmeldungen für aussagekräftige Ergebnisse notwendig. Die Befragungen für die Studie sollen bereits am Dienstag beginnen. „Mit dem Kita-Register bauen wir eine einmalige bundesweite Datenbasis auf“, erklärte Rauschenbach.
Giffey verwies zudem auf ein Investitionsprogramm des Bundes in Höhe von einer Milliarde Euro zum Ausbau der Kitaplätze in 2020 und 2021, mit dem auch Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise finanziert werden können. Als Beispiele nannte sie unter anderem den Umbau von Schlafräumen zur besseren Belüftung oder die Anschaffung von Desinfektionsspendern.