Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bußgeld für Maskenverweigerer steigt
Kontrollen werden ausgeweitet – Regierung will Städte in die Pflicht nehmen
STUTTGART/AALEN - Der Regen prasselt. Am Zentralen Busbahnhof in Aalen drängen sich am Donnerstagnachmittag die Wartenden unter Dächer. Immer wieder sprechen Polizisten diejenigen an, die keine Maske tragen. Es ist eine der ersten Schwerpunktkontrollen der Polizei in Baden-Württemberg, um die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr durchzusetzen. „Das größte Problem ist, dass viele nicht wissen, dass sie auch auf den Busund Bahnsteigen die Maskenpflicht gilt“, sagt ein Sprecher des Aalener Polizeipräsidiums. Die meisten der Angesprochenen entschuldigen sich und setzen sogleich ihre Maske auf.
Mehr Kontrollen, höheres Bußgeld: Baden-Württemberg verschärft seinen Umgang mit Masken-Muffeln. Die Verbreitung des Coronavirus hat wieder Fahrt aufgenommen. Mit 1226 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden zählten die Gesundheitsämter bundesweit so viele wie zuletzt Anfang Mai. Obwohl auch in BadenWürttemberg die Infektionszahlen wieder steigen, werde die Maskenpflicht immer weniger ernst genommen, erklärt Innenminister Thomas Strobl (CDU). Auch das Verkehrsministerium spricht von steigenden Zahlen. Dabei ist sich die Wissenschaft weitgehend einig, dass Masken die Übertragung des Virus eindämmen – gerade auf engem Raum wie in Bussen und Bahnen.
Die grün-schwarze Landesregierung zieht nun andere Saiten auf. Wer bewusst keine Maske im ÖPNV trägt und erwischt wird, muss künftig mindestens 100 statt bisher 25 Euro Bußgeld zahlen. So hat es der CoronaLenkungskreis der Landesregierung am Mittwochabend beschlossen. Wer das Masketragen schlicht vergessen hat, muss aber nur die Hälfte zahlen. Der maximale Betrag von 250 Euro bleibt bestehen.
Zudem will das Land künftig stärker überprüfen, ob sich die Menschen in Bussen und Bahnen an die Maskenpflicht halten. „Einzelne weigern sich oder gehen sorglos mit der Tragepflicht um, daher wird die Polizei in nächster Zeit gezielt im Öffentlichen Personennahverkehr kontrollieren“, hatte Strobl am Mittwoch angekündigt und am Donnerstag Taten folgen lassen. Erstmals hat die Polizei in den Kreisen Ostalb, Rems-Murr und Schwäbisch Hall Schwerpunktkontrollen durchgeführt. Ergebnisse liegen laut Innenministerium erst am Freitagmorgen vor. Weitere Kontrollen dieser Art sollen folgen. Zudem plant das Land, die Ortspolizeibehörden
der Kommunen anzuweisen, auch Schwerpunktkontrollen im ÖPNV vorzunehmen. Das bestätigt Regierungssprecher Rudi Hoogvliet der „Schwäbischen Zeitung“. Solche Kontrollen „sind vorgesehen und werden von der Landesregierung angeordnet“.
Sebastian Ritter, Dezernent des Städtetags, lobt die verschäften Kontrollen und sagt: „Es ist sicher hilfreich, wenn Polizeivollzugsdienst und Ortspolizeibehörde ähnlich vorgehen. Es ist wichtig bei den CoronaMaßnahmen, dass man in eine Richtung marschiert.“Schon jetzt machten sich die Städte Gedanken, wie sie die Maskenpflicht stärker durchsetzen könnten. Denn: „Auch meine Wahrnehmung ist, dass es bei den Menschen eher in den Hintergrund gerät.“Die Änderungen beim Bußgeld und verstärkte Kontrollen hält er für den richtigen Weg, um den Trend umzukehren – und eine Sensibilisierung der Menschen, wie wichtig das Masketragen ist. Ein Problem der Kontrollen im ÖPNV ist: Weder Zugbegleiter noch Busfahrer können die Maskenpflicht wirklich durchsetzen.
Sie dürfen keine Bußgelder verhängen, wie Yvonne Hüneburg betont. Und das sollen sie auch, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO). „Wir wissen, es gibt Menschen, denen die Maskenpflicht egal ist und die dann aggressiv werden. Diesem Risiko wollen wir die Fahrer nicht aussetzen.“
Häufigere Kontrollen begrüßt Hüneburg. „Keine Maske zu tragen in Bussen ist inakzeptabel“, sagt sie. „Es müsste eine andere Präsenz des Polizeivollzugsdiensts her. Das würde dem Verkehrsmitteln gut tun in diesen Zeiten und den Gesundheitsschutz stärken.“Dann würde der ÖPNV auch wieder attraktiver für Menschen, die ihn aus Angst vor einer Infektion mieden.
Das unterstreicht auch Jürgen Löffler, Geschäftsführer des Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbunds (bodo). Diesem gehören neben den Landkreisen Ravensburg, Bodensee und Lindau rund 20 Busund Bahnunternehmen an. Die Fahrgastzahlen seien seit Beginn der Corona-Pandemie
massiv zurückgegangen. „Unser Geschäftsmodell ist eingebrochen“, sagt Löffler. Laut aktuellen Prognosen rechnet er mit zehn Millionen Euro weniger durch ausbleibende Fahrgäste bis Ende des Jahres – ein Einbruch um ein Viertel. „Wenn man das Thema gesundheitliche Gefährdung in den Griff kriegt, und wenn es nur durch Masketragen ist, ist schon viel gewonnen.“
Als Dilemma bezeichnet Löffler den Umgang mit Fahrgästen, die von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen befreit sind. Zugbegleiter kontrollierten bereits heute die Maskenpflicht. Allerdings sei das Personal nicht in allen Zügen präsent und könne nicht mehr als mahnen. Um die Pflicht durchzusetzen, müsse im Zweifel die Polizei gerufen werden. Für alle anderen Fahrgäste bedeute dies Stillstand, bis die Beamten da sind. „Ich appelliere an die Leute: Das ist öffentlicher Verkehr, da müsst Ihr Euer Ego etwas zurückstellen!“, so Löffler. In den kommenden Wochen soll eine Kampagne die Fahrgäste zu mehr Achtsamkeit und Respekt voreinander ermahnen.