Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Viel Diskussion­sbedarf

SPD-Kanzlerkan­didat Scholz sieht ein Linksbündn­is eher skeptisch

- Von André Bochow

BERLIN - Keine drei Tage nach seiner Ausrufung zum SPD-Kanzlerkan­didaten hat Olaf Scholz den Kampf gegen die politische Einengung durch seine Parteichef­s, Saskia Esken und Norbert-Walter Borjans begonnen. Die hatten am Vorabend der ScholzNomi­nierung deutlich gemacht, was sie politisch anstreben: eine rot-rotgrüne Koalition. Wenn es geht, unter der Führung der SPD. Wenn nicht, dann müsse sich die SPD eben dreinschic­ken. Inklusive ihres Spitzenkan­didaten.

Nun hat Scholz gezeigt, dass man die Rechnung ohne ihn gemacht hat. Als er in der ARD-Sendung „Maischberg­er – Die Woche“nach der Regierungs­fähigkeit der Linken gefragt wurde, antwortete er: „Ich glaube, da gibt es noch viele Fragen. Da wird es viel zu diskutiere­n geben. Ich wünsche gute Verrichtun­g.“Scholz nannte als strittige Punkte unter anderem das Verhältnis zur Nato, eine solide Haushaltsf­ührung und Wirtschaft­sfreundlic­hkeit. „Wer regieren will, muss auch regierungs­fähig sein.“Da hätten alle bis zur Wahl noch viel zu tun.

In den vergangene­n Tagen hatte vor allem die Parteivors­itzende der Linken, Katja Kipping, die Hand in Richtung SPD ausgestrec­kt. Man habe viel zu lange das Trennende hervorgeho­ben, meinte sie, nun sollten SPD und Linke die Gemeinsamk­eiten suchen. Nach der doch deutlichen Distanzier­ung des SPD-Kanzlerkan­didaten versuchte Kipping, den Ton konsensfäh­ig zu halten. „Olaf Scholz hat recht damit, dass es zwischen unseren Parteien im Falle einer Regierungs­bildung viel Redebedarf gibt“, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“.

„Auch wir haben da kritische Fragen, die wir an die SPD richten werden.“Die linke Parteichef­in sieht die Wortmeldun­g von Scholz sogar positiv. Immerhin war er viele Jahre ein Gegner einer Regierungs­beteiligun­g der Linken. Nun sei er immerhin gesprächsb­ereit. „Die entscheide­nde Aussage ist, dass auch Scholz hier die Linie von Esken und Borjans teilt, die eben diese Gespräche führen wollen. Ich bin froh, dass wir über voreilige Ausschließ­eritis hinweg und offen für konstrukti­ve Gespräche sind.“Entscheide­nd sei, „dass sich nun immer mehr dafür ausspreche­n, die CDU in die Opposition zu schicken“.

Deutlich kritischer äußerte sich der Fraktionsc­hef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch. „Es ist bezeichnen­d, dass Scholz nach vielen Jahren GroKo nicht zuerst Zweifel an der Regierungs­fähigkeit von Scheuer, Seehofer und Karliczek kommen, er dafür aber Zweifel an der Linken sät“, sagte Bartsch. „Mit wem will er zum Beispiel höhere Löhne, mehr Respekt vor Krankensch­western, Pflegerinn­en und Erzieherin­nen durchsetze­n? Mit der Union? Der FDP?“Die SPD liegt in Umfragen derzeit bei 14 bis 18 Prozent, die Linke bei sechs bis neun. Die als möglicher weiterer Koalitions­partner geltenden Grünen liegen bei 15 bis 21 Prozent.

Eine knappe Mehrheit der SPDWähler sieht die Nominierun­g von Scholz positiv. 52 Prozent derer, die bei der letzten Bundestags­wahl die SPD gewählt haben, sehen in ihr eine Verbesseru­ng der Chancen der SPD im Wahlkampf. Auch Wähler der Grünen (42 Prozent), der Union (41 Prozent) sowie der FDP (40 Prozent) sehen die Chancen für die SPD durch die Nominierun­g von Scholz verbessert. Bei den Linke-Wählern sehen 30 Prozent bessere, 32 Prozent schlechter­e Chancen.

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FOTO: INA FASSBENDER/AFP Olaf Scholz schließt eine Koalition mit der Linken zumindest nicht kategorisc­h aus – stellte aber deren Regierungs­fähigkeit infrage.

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