Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Strafzölle für Marmelade
Nadelstich statt Eskalation: USA verzichten auf eine angedachte Verschärfung ihrer Zollpolitik
WASHINGTON/BRÜSSEL (dpa) - Die USA haben überraschend auf eine angedachte Verschärfung ihrer Strafzölle auf Produkte aus Deutschland und anderen EU-Staaten verzichtet. Nach einer Mitteilung des US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer werden vom 1. September an lediglich auch auf Marmeladen aus Deutschland und Frankreich bei der Einfuhr Sonderabgaben in Höhe von 25 Prozent erhoben. Zusatzzölle auf griechischen Käse und Kekse aus Großbritannien fallen dafür weg.
Ein im Juni veröffentlichter Vorschlag Lighthizers hatte eigentlich vorgesehen, wegen des anhalten Streits um Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus Produkte wie Bier, Schokolade, Oliven und Gin mit zusätzlichen Zöllen von bis zu 100 Prozent zu belegen. Die ausgewählten Waren hatten demnach im Jahr 2018 einen Importwert von 3,1 Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro).
Letztlich werden nun aber lediglich neue Zölle auf Marmeladen-Importe im Wert von etwa 43 Millionen US-Dollar erhoben – und Zölle auf Kekse und Käse in etwa gleicher Höhe gestrichen. Zudem wird die Höhe der bereits seit Monaten geltenden Zölle nicht wie angedroht angehoben.
Grundlage der Strafzölle der USA ist ein WTO-Urteil wegen jahrelanger rechtswidriger Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus. Es ermöglicht es Washington, Zusatzabgaben von bis zu 100 Prozent auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben. Bereits im vergangenen Oktober waren von den USA deswegen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf zahlreiche Produkte aus Europa erlassen worden. Betroffen sind zum Beispiel
Wein aus Deutschland und Frankreich, Parmesan aus Italien und Olivenöl aus Spanien. Auf Flugzeugimporte gibt es eine Sonderabgabe in Höhe von 15 Prozent.
Die EU reagierte am Donnerstag erleichtert auf die ausgebliebene Verschärfung der Strafzoll-Politik und appellierte an Washington, die Bemühungen um eine Verhandlungslösung des Konflikts voranzutreiben.
Sollte dies nicht gelingen, will die EU im Gegenzug neue Strafzölle auf US-Produkte verhängen. Basis soll sein, dass WTO-Schlichter auch rechtswidrige Subventionen für den Airbus-Konkurrenten Boeing festgestellt haben. Die EU rechnet deswegen im Herbst auch mit der Genehmigung von Strafmaßnahmen in Milliardenhöhe.
„Die derzeitige wirtschaftliche Abkühlung und insbesondere ihre Auswirkungen auf den Flugverkehr und die Luftfahrtsektor machen es besonders dringend, den Streit beizulegen“, kommentierte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag. EUHandelskommissar Phil Hogan kündigte an, seine Bemühungen noch einmal intensivieren zu wollen.
Ähnlich hatte sich kurz zuvor auch Lighthizer geäußert und vom „Start eines neuen Prozesses“gesprochen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die bislang von Seiten der EU-Staaten und Airbus gemachten Zugeständnisse unzureichend sind.
Diese hatten jüngst Änderungen an den Verträgen über die rückzahlbare Startinvestition für den Langstreckenflieger A350 angekündigt und die Auffassung vertreten, dass nun alle WTO-Regeln eingehalten werden.