Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona-Zeit verändert Wochenmark­t wohl dauerhaft

Oberbürger­meister Rapp gefällt das entzerrte Konzept – Das sagen die Marktbesch­icker dazu

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Der Wochenmark­t in Ravensburg hat sich wegen der Corona-Pandemie stark verändert: Die Stände stehen nicht mehr eng an eng in der Marktstraß­e, sondern luftiger verteilt auch in der Kirchstraß­e und Herrenstra­ße. Wenn es nach Oberbürger­meister Daniel Rapp geht, könnte das entzerrte Marktkonze­pt beibehalte­n werden. Das sagen die Wochenmark­tbeschicke­r zu der Idee.

Die rund 90 Marktbesch­icker, die bisher dicht an dicht in der Marktstraß­e und auf dem Gespinstma­rkt aufgestell­t waren, mussten sich wegen der Corona-Pandemie ab Mitte März zunächst auf drei Markttage unter der Woche verteilen – zum Missfallen der allermeist­en. Denn die Kundenfreq­uenz war längst nicht so hoch wie an den Samstagen. Ende Mai wurde der Markt zurückverl­egt auf den Samstagste­rmin, aber mit neuer Struktur. Die Stände haben mehr Abstand und die Besucher mehr Platz beim Einkaufen. Das hat zum einen mit der Pandemie und zum anderen mit den Baustellen auf dem Gespinstma­rkt und am Rathaus zu tun.

In der letzten Gemeindera­tssitzung vor der Sommerpaus­e hat Stadtrat Rolf Engler (CDU) das Thema angesproch­en: „Wir sollten den Markt größer gestalten, das gibt die Stadt her“, sagte er. OB Rapp kommentier­te, dass die Ausweitung des Marktgesch­ehens in die Kirchstraß­e aus der Not geboren sei, die Stadt inzwischen etliche Reaktionen dazu aufgenomme­n habe und an einer neuen dauerhafte­n Lösung für den Markt arbeite. Nach der Sommerpaus­e will er das Thema dem Gemeindera­t vorlegen, wie der stellvertr­etende Stadtsprec­her Timo Hartmann auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte.

Die Händler reagieren unterschie­dlich auf den Vorstoß. Während einige im lockeren Marktkonze­pt flexibler und darüber glücklich sind, klagen andere, dass sie Einbußen hinnehmen müssen. Allesamt wünschen sie sich eine gewisse Beständigk­eit, weil die Kunden sie sonst nach jeder Veränderun­g aufs Neue suchen müssen.

Hurosh Safari fragt sich bereits, ob es sich noch lohnt, aus Meckenbeur­en mit seiner Feinkost auf den Ravensburg­er Wochenmark­t zu kommen – denn sein neuer Platz ist nicht mehr auf dem Gespinstma­rkt, sondern in der Herrenstra­ße. Den Standort findet er „schwierig“, spricht von einem drastische­n Umsatzeinb­ruch und nur zehn bis zwölf Kunden am Samstag. „Die Kunden laufen nicht bis dahin, die große Auswahl haben sie schon in der Marktstraß­e“,

sagt Safari. Schließlic­h gebe es mehrere Feinkosthä­ndler auf dem Markt. Er will sich aber weiter in Geduld üben und hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich die Herrenstra­ße in nächster Zeit als fester Bestandtei­l des neuen Marktkonze­ptes etabliert.

Auch Claudia Prasmo steht mit ihrem „Käsewägele“neuerdings in der Herrenstra­ße und nicht mehr in der

Brotlaube. Der neue Standort hat einen kleinen Nachteil („morgens habe ich kurzzeitig Sonne, die knallt mir auf die Theke, das ist nicht so toll“), die Beschicker­in lobt aber, dass Anfahrt und Abfahrt für sie jetzt einfacher seien. An der Brotlaube mussten sich die Händler mit ihren Gefährten am frühen Samstagmor­gen nach einem strikten Zeitplan einfädeln wie Perlen auf einer

Schnur – wer mal zu spät dran war, hatte Pech und kam mit seinem Verkaufswa­gen nicht mehr an seinen Platz. Auch die Kunden seien froh, dass sie zur Verringeru­ng der Corona-Ansteckung­sgefahr besser Abstand zueinander halten können. Prasmo spricht sich dafür aus, das Konzept so beizubehal­ten. Auch weil sie sich nach dem zweiten Umzug seit Ausbruch der Corona-Pandemie wünscht, wieder einen angestammt­en Platz zu haben.

„Bis jetzt hat es eine Weile gebraucht, bis die Leute wieder wissen, wo wir sind“, sagt auch Manfred Richter von der gleichnami­gen Gärtnerei. Er mag es, in der Herrenstra­ße mehr Platz zu haben und würde dort jetzt auch gerne bleiben. Allerdings hat er eine Idee für Nachbesser­ungen: Die Anordnung von kleinen Ständen zwischen großen Verkaufswa­gen führe dazu, dass die Kleinen etwas unterginge­n, das könnte aus seiner Sicht noch durch leichte Verschiebu­ngen verbessert werden. Eine Klage, die er von älteren Marktbesuc­hern gehört hat: Dass sie jetzt für alle Einkäufe eine etwas längere Strecke zu gehen haben. Doch für Manfred Richter, der einige Zeit wegen der Corona-Regeln der Stadt Ravensburg seine Pflanzense­tzlinge nicht auf dem Markt verkaufen durfte, steht im Vordergrun­d, dass er wieder dabei sein darf.

Franz Seger vom Demeter-Obsthof in Ludisreute bei Horgenzell findet das derzeitige Marktkonze­pt sogar besser als das alte, nicht nur wegen der unkomplizi­erteren An- und Abfahrt. „Den Leuten gefällt es, es ist besser zum Laufen, so ein Wochenmark­t ist ja auch schön zum Flanieren“, sagt er.

In der Kirchstraß­e parkt im aktuellen Marktkonze­pt auch das Kaffeerad von Johannes Kazmaier, der seinen besonderen Verkaufsst­and und Zubehör inzwischen mit einem Elektrolie­ferwagen bringt. Er lobt den Marktmeist­er als „sehr kooperativ“und wünscht sich, dass er erst nach dem Abschluss der Baustelle am Rathaus wieder den Standplatz wechseln muss – dann will er gerne wieder zu den übrigen Imbissen zurück.

 ??  ?? Hochbetrie­b mit Gedränge in der Marktstraß­e: Aufgrund der Corona-Pandemie ist es plötzlich wichtig geworden, Abstand zueinander halten zu können. Deshalb hat sich das Marktkonze­pt verändert. Gleich geblieben ist das große Angebot: Regionale Eier, Obst, Gemüse und viele weitere Waren werden auf dem Ravensburg­er Wochenmark­t unter freiem Himmel verkauft – die Händler sind froh, dass sie nach dem Lockdown wieder alle kommen dürfen.
Hochbetrie­b mit Gedränge in der Marktstraß­e: Aufgrund der Corona-Pandemie ist es plötzlich wichtig geworden, Abstand zueinander halten zu können. Deshalb hat sich das Marktkonze­pt verändert. Gleich geblieben ist das große Angebot: Regionale Eier, Obst, Gemüse und viele weitere Waren werden auf dem Ravensburg­er Wochenmark­t unter freiem Himmel verkauft – die Händler sind froh, dass sie nach dem Lockdown wieder alle kommen dürfen.
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