Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ablenkung und Freude geschenkt
Atalanta Bergamo bekommt nach bitterem Aus gegen Paris viel Lob
LISSABON (dpa/SID) - Atalantas Trainer Gian Piero Gasperini konnte schon wenige Minuten nach dem Last-Minute-K.o. wieder lächeln. „Natürlich tut das weh, wir haben uns schon fast als Sieger gefühlt“, sagte der Trainer nach dem 1:2 im Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain am Mittwochabend. „Aber uns bleibt die Freude darüber, eine großartige Saison gespielt zu haben und gegen die besten Teams Europas angetreten zu sein. Die Leute in Bergamo werden uns feiern, feiern für unser Auftreten. Meine Mannschaft hat alles gegeben.“
Mit famosen Partien hatte Atalanta der von der Corona-Pandemie so heftig heimgesuchten Industriestadt in der Lombardei phasenweise Ablenkung und Freude geschenkt und mit Platz drei in der Serie A und dem Einzug ins Finalturnier der europäischen Fußball-Königsklasse verzückt. Dass es gegen Paris wegen zwei Gegentoren in der 90. Minute und in der Nachspielzeit knapp nicht reichte, war bitter für den Außenseiter mit dem deutschen Mittelfeldspieler Robin Gosens. „Nicht sooo!“, klagte die Zeitung „Gazzetta dello Sport“. Die Norditaliener hatten sich 90 Minuten lang tapfer gegen die individuell deutlich überlegenen Pariser um Superstar Neymar und den eingewechselten Weltmeister Kylian Mbappé gestemmt und waren durch Mario Pasalic sogar in Führung gegangen. Am Ende reicht es nicht.
So darf nun Trainer Thomas Tuchel dank Eric Maxim Choupo-Moting weiter vom Titel in der Champions League träumen. Das späte Tor des ehemaligen Bundesliga-Stürmers brachte PSG ins Halbfinale – die Pariser glauben nun an den maximalen Triumph. In den vergangenen
Jahren war für die mit vielen Millionen Euro zusammengekaufte Mannschaft spätestens im Viertelfinale Schluss. „Das war ein Spiel für den Trophäenschrank. Niemand wird mir ausreden, dass wir es schaffen können“, sagte Neymar, der zwar ohne Treffer blieb, den wichtigen Ausgleich aber vorbereitete und nach einer Glanzvorstellung zum Spieler der Partie gekürt wurde. „Er war echt großartig, einfach extraklasse“, schwärmte Choupo-Moting, der wiederum von der Zuarbeit des französischen Weltmeisters Mbappé profitierte.
Dass ausgerechnet der ehemalige Bundesliga-Spieler Choupo-Moting, der 2018 ablösefrei nach Paris gekommen war, das 400 Millionen Euro schwere Duo in den Schatten stellte, war verblüffend. Unvorhersehbar. Und nur möglich, weil er seinen Ende Juni ausgelaufenen Vertrag für die Dauer des Turniers verlängert hatte
– die erste Wahl, der Uruguayer Edinson Cavani, hatte diese Variante abgelehnt.
Die Sympathien waren am Mittwochabend klar verteilt – viele Fans hätten dem Außenseiter Bergamo den Einzug ins Halbfinale gegönnt. „Es gibt nichts anderes zu sagen, als dass wir stolz sind auf diese Mannschaft“, twitterte Bergamos Bürgermeister Giorgio Gori. Der Verein, in Bergamo ehrfürchtig „Göttin“(La Dea) genannt, wird in der nächsten Saison in sein zweites ChampionsLeague-Abenteuer gehen. Dann hoffen die Verantwortlichen auch wieder auf Heimspiele mit Fans. Dabei galt just das Achtelfinalhinspiel gegen den FC Valencia im Februar in Mailand mit Tausenden Tifosi als eines der Events, das die folgenschwere Verbreitung des Coronavirus provozierte. Mehr als 15 000 Infektionen wurden bislang in der Provinz Bergamo gezählt.