Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Grüne pochen auf härtere Strafen für Raser
Verkehrsminister lehnen Entschärfung neuer Regeln ab – Wolf hat rechtliche Zweifel
STUTTGART - Die Grünen bleiben dabei: Sie fordern härtere Strafen für Temposünder. Den Vorstoß von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), entsprechende Pläne zu entschärfen, lehnen die fünf GrünenVerkehrsminister der Länder ab. Ihre Haltung haben die Ressortchefs von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen in einem Papier festgehalten. Südwest-Minister Winfried Hermann (Grüne) stellte es am Freitag vor. „Es geht uns nicht darum, Autofahrer zu ärgern. Es geht uns um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer“, sagte er.
Hintergrund des Streits ist eine Novelle der Straßenverkehrsordnung. Sie trat im April 2020 in Kraft und sah unter anderem härtere Sanktionen vor. So sollte den Führerschein bereits verlieren, wer innerorts mehr als 20 Kilometer und außerorts mehr als 26 Kilometer in der Stunde zu schnell unterwegs ist. Doch das Bundesverkehrsministerium übersah einen Formfehler, die Regeln wurden außer Kraft gesetzt.
Scheuer will nun nicht nur den Formfehler korrigieren, sondern auch die Strafen nicht wie geplant verschärfen. Das lehnen die GrünenMinister jedoch vehement ab. „Wir wollen, dass das, was im Bundesrat schon mal mit großer Mehrheit beschlossen worden ist, rechtskonform wiederhergestellt wird“, betonte Hermann. Dass Scheuer den Rechtsfehler nutze, um inhaltliche Korrekturen durchzusetzen, sei „an Dreistigkeit
nicht zu überbieten“. Es gehe vor allem um die Sicherheit von Fußgängern, Kindern und Senioren. Die fünf Verkehrsminister wollen nun Mitte September einen Vorschlag in den Bundesrat einbringen: Es soll nur der Rechtsfehler korrigiert werden, die Strafen sollen wie vorgesehen verschärft werden.
Doch dagegen regt sich Widerstand. Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) sagte am Montag, er halte die geplanten Sanktionen für verfassungswidrig. „Gesetzliche Voraussetzung für ein Fahrverbot ist eine grobe oder beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers. Dass bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 Kilometern in der Stunde der typische Fall einer groben Pflichtverletzung sein soll, erscheint äußerst zweifelhaft. Nicht jeder, der einmal zu schnell fährt, ist ein Raser, der sofort für einen Monat aus dem Verkehr gezogen werden muss.“Wolf verwies auf mehrere Gerichtsurteile zu dem Thema. Viele Bürger seien auf den Führerschein angewiesen, sagt Wolf: „Es ist sehr zweifelhaft, dass die Härte der Sanktion in einem Verhältnis zum Verstoß steht. Sanktionen müssen aber verhältnismäßig sein – das schreibt unsere Verfassung vor.“
Der Vorstoß der fünf Minister braucht im Bundesrat eine Mehrheit. Ob die zustande kommt, ist offen, gerade angesichts der Ablehnung aus Teilen der CDU. Außerdem könnte auch der Bundesverkehrsminister noch sein Veto einlegen.
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