Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baden-Württemberg holt bei der Bildung auf
Südwesten hat sich beim Bildungsmonitor wieder nach vorne gearbeitet – Ganztagsbetreuung bleibt ein Problem
STUTTGART (lsw) - Baden-Württemberg hat bei der Bildung im Ländervergleich laut einer neuen Studie wieder etwas an Boden gewonnen. Rang fünf belegt das Land in diesem Jahr beim Bildungsmonitor der arbeitgebernahen „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“(INSM) – und rückte somit um einen Platz nach vorne. Die Studie wird vom Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Initiative erstellt und wurde am Freitag in Berlin vorgestellt. In dem Länderranking ist Sachsen der Spitzenreiter vor Bayern und Thüringen. Auf den letzten Plätzen liegen Sachsen-Anhalt, Bremen und Brandenburg.
Insgesamt hat Baden-Württemberg etwas aufgeholt. Aber im Vergleich zu den Vorjahren besteht noch viel Potenzial für Verbesserungen. Der Südwesten liegt zum zweiten Mal seit Beginn der jährlichen Auswertung 2004 nicht auf einem der ersten vier Plätze. Zu den Problemen in Baden-Württemberg gehörte eine unterdurchschnittliche Ganztagsbetreuung für Kindergarten- und Grundschulkinder.
Ganztagsbetreuung: Beim Anteil der Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren in einer Ganztagsbetreuung kam der Südwesten 2019 mit 25,1 Prozent auf den niedrigsten Wert im Bundesgebiet und lag damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 46,9 Prozent. Auch bei den Grundschulkindern lag der Anteil der Ganztagsschüler im Jahr 2018 mit 18,9 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 42 Prozent. Bei den Schülern der fünften bis zehnten Klassen lag der Anteil ebenfalls unter dem Durchschnitt.
Südwestmetall-Geschäftsführer Stefan Küpper sagte: „Dass BadenWürttemberg weiterhin Schlusslicht bei der Ganztagsinfrastruktur ist, verschlechtert die Chancengerechtigkeit zusätzlich und erhöht die Bildungsarmut.“
Das schlechte Abschneiden bei der Ganztagsbetreuung führt Kultusministerin
Susanne Eisenmann (CDU) auf eine lückenhafte Erfassung in der Studie zurück. „Wir setzen in Baden-Württemberg ganz bewusst auf verschiedene Angebote, die oft aber nicht erfasst werden, weil nur der klassische Ganztag in den Blick genommen wird“, teilte sie am Freitag mit.
Dass Baden-Württemberg bei der Ganztagsquote vermeintlich schlechter abschneide, verwundere insofern nicht. Man biete auf der einen Seite mit der Ganztagsgrundschule ein gutes und durchdachtes Ganztagskonzept, hinzu kämen aber auch flexible kommunale Betreuungsangebote, die sich viele Eltern wünschten. „Leider werden sie bei einer strikten Ganztagsdefinition oft nicht erfasst, das entspricht dann aber nicht der Realität“, erklärte Eisenmann.
Integration: Die Schulabbrecherquote unter den ausländischen Jugendlichen wurde mit 18,5 Prozent angegeben. Sie ist also etwas höher als im bundesdeutschen Durchschnitt mit 18,2 Prozent. Deutlich schlechter hingegen sieht es bei der Studienberechtigungsquote von jungen Leuten mit ausländischen Wurzeln an allgemeinbildenden Schulen aus. Hier komme das Land auf eine Quote von 6,3 Prozent. Im Bundesdurchschnitt liege sie bei 9,2 Prozent, so die Autoren.
Die Stärken: Trotz der Probleme bescheinigen die Autoren der Studie dem Land überwiegend eine gute Bildungsqualität. So blieben im Südwesten kaum Jugendliche ohne einen Ausbildungsplatz, und der Anteil erfolgreich abgeschlossener Ausbildungen sei vergleichsweise hoch. Es gebe viele Hochschulabsolventen, auch aus dualen Studiengängen und den Ingenieurwissenschaften.
Corona-Krise: Positiv wird bewertet, dass sich das Land auf unterschiedliche Varianten des Unterrichts vorbereitet – sowohl auf den Regelbetrieb in der Schule als auch auf Fernunterricht. Wichtig sei dabei die Digitalisierung. Hier gebe es aber unterschiedliche Voraussetzungen. Die Planungen für den Unterricht in der Schule seien aber im Vergleich zu anderen Bundesländern besser möglich, da nur ein vergleichsweiser geringer Anteil der Lehrer älter als 60 Jahre sei.
Die Autoren der Studie heben positiv hervor, dass die grün-schwarze Landesregierung 300 000 Tablets und PCs anschaffen will, um sie Schülern auszuleihen, die keine haben.
Anhand von 93 Indikatoren in zwölf Handlungsfeldern bewertet der Monitor die Bildungsqualität je Bundesland. Dabei greifen die Autoren auch auf die Daten anderer Studien zurück. Diese können aus verschiedenen Jahren stammen, sind laut INSM aber auf dem aktuellsten verfügbaren Stand.