Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Wertschätzung der Natur wächst weiter
Umweltministerin Schulze sieht im deutschen Naturbewusstsein einen Auftrag – und stichelt gegen Klöckner
BERLIN - Beim Naturschutz sind sich die Deutschen einig wie wohl noch nie zuvor. Das ist das Ergebnis der aktuellen „Naturbewusstseinsstudie 2019“, die SPD-Umweltministerin Svenja Schulze am Freitag in Berlin vorstellte. Demnach ärgern sich 91 Prozent über den sorglosen Umgang anderer Menschen mit der Natur. Ein „fast sozialistischer Wert“, kommentierte Bundesnaturschutzamtspräsidentin Beate Jessel.
Mit solchen Werten wartet die repräsentative Studie in vielen Bereichen auf: 93 Prozent der Befragten halten Naturschutz für notwendig, um dem Klimawandel zu begegnen. Genauso viele Befragte halten Schutzgebiete für wichtig, um Kindern und Enkeln Natur zu bewahren, immerhin 77 Prozent sehen in Schutzgebieten einen wichtigen Teil der Heimat.
Gegenüber vorherigen Erhebungen sind alle zentralen Pro-NaturWerte zur Freude der zuständigen Fachministerin gestiegen. So fanden 2019 drei Viertel der Befragten „wilde Natur“ohne menschliche Eingriffe gut, 2015 waren es nur 54 Prozent.
Und dass die Natur der Wirtschaft nicht im Weg stehen soll, fand 2019 nur noch jeder vierte Befragte, 2017 war es noch jeder dritte.
Schulze sprach von Mut machenden Werten und einem Auftrag für die Politik. Kein Wunder, stärken die Zahlen doch auch ihr Ressort: „Das Naturbewusstsein in der Bevölkerung in Deutschland steigt, insbesondere die Wertschätzung für die Natur. Eine große Mehrheit möchte sich auch aktiv für den Schutz der Natur einsetzen“, sagte sie. Das betreffe vor allem die Schutzgebiete.
Bei Befürwortern des unter viel Krach zustande gekommenen Nationalparks Schwarzwald dürfte das runtergehen wie Öl. Auch die Forderung nach einem Investitionsprogramm für mehr Ranger und Führungen dürfte sie erfreuen.
Nach Schulzes Beobachtung hat das Coronavirus die Wertschätzung für die Natur vor der eigenen Haustür noch weiter wachsen lassen. Der Chef des Verbands Nationale Naturlandschaften, Peter Südbeck, assistierte der Ministerin: Gerade in der Krise erfüllten Schutzgebiete eine
Sehnsuchtsfunktion in schwieriger Zeit. Die Zahlen scheinen das zu bestätigen. Die Mehrheit der Deutschen will demnach mehr über die heimische Natur wissen: Fast zwei Drittel der Befragten interessieren sich demnach für Führungen.
Klassische Zielkonflikte bleiben aber auch deutlich, insbesondere in Sachen erneuerbare Energien: 60 Prozent der Befragten begrüßen zwar die Energiewende, doch Solaranlagen sehen sie am liebsten auf Gebäuden und Windräder auf hoher See. Etwa jeder dritte Befragte lehnt mehr Windräder an Land, mehr Biogasanlagen oder mehr Solarparks auf Wiesen und Feldern ab. 61 Prozent sind gegen neue Hochspannungsleitungen, 75 Prozent gegen mehr Holzeinschlag im Wald.
Die breite Mehrheit der Befragten spricht sich auch gegen Gentechnik im Freiland aus, wozu Schulze auch neue Techniken wie die Genschere Crispr/Cas zählt, für deren Einsatz sich ihre Agrarkollegin Julia Klöckner (CDU) einsetzt. Im Streit um das umstrittene Pestizid Glyphosat bemängelt Schulze zudem, dass das Agrarministerium noch immer keinen Ausstiegstermin vorgelegt habe.
Wissenschaftler aus San Francisco forschen an einem Nasenspray, das vor einer Coronavirus-Infektion schützen soll. Lässt sich damit die Zeit bis zu einem Impfstoff überbrücken?
Das ist eine spannende Geschichte. Vor etwa 30 Jahren hat man entdeckt, dass bestimmte, ganz unterschiedliche Tiere (zum Beispiel Alpakas und Haifische), immunologische Abwehrstoffe bilden, die man sich als „sehr kleine Antikörper“vorstellen kann. Daher auch die Bezeichnung „Nanokörper“. Solche kleinen Eiweißmoleküle können spezifisch an Virusrezeptoren binden und damit eine Infektion von Zellen verhindern. Solche kleinen Moleküle kann man heute recht leicht mit molekularbiologischen Methoden künstlich im Labor herstellen. Die Wissenschaftler haben solche Moleküle hergestellt, die im Labortest Sars-CoV-2 sehr gut neutralisieren können. Sie haben auch schon ein Verfahren entwickelt, wie man diese Nanokörper als AerosolSpray anwenden kann. Gelingt es, diese Nanokörper zum richtigen Zeitpunkt in die Lunge zu bringen, könnten sie dort das Virus neutralisieren, bevor es Zellen infizieren kann. Ob sich diese interessante Vorstellung in der Klinik erfolgreich anwenden lässt, muss noch erforscht werden.