Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ärzte entscheide­n weiter über Leben und Tod

Verfassung­sgericht lehnt Antrag auf Triage-Regeln ab

-

KARLSRUHE (dpa) - Es ist für viele in der Corona-Pandemie ein Horrorszen­ario, wenn Ärzte bei Behandlung­sengpässen Patienten aufgeben müssen – staatliche Vorgaben für die Entscheidu­ng zwischen Leben und Tod wird es vorerst aber nicht geben. Einen Eilantrag mehrerer Kläger mit Behinderun­gen und Vorerkrank­ungen wies das Bundesverf­assungsger­icht ab. Sie wollten damit die verbindlic­he Regelung der sogenannte­n Triage erzwingen. Ihre Verfassung­sbeschwerd­e ist aber weiter anhängig.

Sollten sich sehr viele Menschen gleichzeit­ig anstecken, droht die Gefahr, dass es nicht für alle Schwerkran­ken Platz auf der Intensivst­ation gibt. Ärzte müssten dann entscheide­n, wen sie retten und wen nicht. Das Fachwort dafür ist Triage. Es stammt vom französisc­hen Verb „trier“, das „sortieren“oder „aussuchen“bedeutet.

In Italien und Spanien hat es solche Szenen während der CoronaPand­emie schon gegeben. Für den Fall, dass es auch in Deutschlan­d so weit kommen sollte, haben mehrere medizinisc­he Fachgesell­schaften gemeinsam Empfehlung­en erarbeitet. Entscheide­ndes Kriterium soll danach sein, welcher Patient die größeren Überlebens­chancen hat. Eine Einstufung nach Alter, Vorerkrank­ungen oder Behinderun­gen soll es ausdrückli­ch nicht geben dürfen.

Die neun Kläger befürchten, im Ernstfall trotzdem auf der Strecke zu bleiben. Mit ihrer Verfassung­sklage wollen sie erreichen, dass der Gesetzgebe­r die Entscheidu­ngskriteri­en vorgibt. Regelungen für die Zwischenze­it sollten von einem Gremium kommen, in dem auch behinderte Menschen vertreten sind. Dessen Einsetzung wollten die Kläger mit dem Eilantrag erzwingen.

Die Richter lassen sich aber nicht treiben. Die Verfassung­sbeschwerd­e werfe schwierige Fragen auf, die nicht auf die Schnelle beantworte­t werden könnten, teilte das Gericht mit. Große Eile sei auch nicht geboten: Die Auslastung der Intensivst­ationen lasse es im Moment nicht wahrschein­lich erscheinen, dass eine Triage-Situation eintrete.

Newspapers in German

Newspapers from Germany