Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

RKI-Studie belegt hohe Dunkelziff­er bei Infektione­n

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KUPFERZELL (dpa) - Selbst an Corona-Hotspots infiziert sich zunächst offenbar nur ein vergleichs­weise kleiner Teil der Bevölkerun­g mit dem Virus. Das ist eine Erkenntnis aus einer Antikörper­studie des Robert-KochInstit­uts (RKI) in Kupferzell (Hohenlohek­reis). Dort hatten sich Anfang März bei einem Kirchenkon­zert mehr als 100 Menschen nachweisli­ch mit Sars-CoV-2 infiziert, drei Betroffene starben. Eine Untersuchu­ng des RKI zwischen dem 20. Mai und dem 9. Juni ergab nun, dass von 2203 getesteten Erwachsene­n aus dem Ort 7,7 Prozent Antikörper aufwiesen. Weil bei nachweisli­ch mit Corona infizierte­n Menschen allerdings häufig keine Antikörper nachweisba­r sind, liege der tatsächlic­he Anteil der Menschen, die bereits mit Sars-CoV-2 infiziert waren, wohl merklich höher bei gut zehn Prozent, erklärte RKI-Vizepräsid­ent Lars Schaade.

Selbst ein solcher – im Bundesverg­leich relativ hoher – Wert reiche aber nicht aus, um eine zweite Welle an Corona-Infektione­n im Land zu verhindern, sagte Schaade am Freitag, als er in der 6000-Einwohner-Gemeinde die Ergebnisse der Studie „Corona Monitoring lokal“vorstellte. Für eine sogenannte Herdenimmu­nität seien Werte zwischen 60 und 70 Prozent erforderli­ch.

Die Forscher ermittelte­n in Kupferzell eine hohe Dunkelziff­er nicht über PCR-Tests erfasster Infektione­n, es gab den Antikörper­nachweisen zufolge fast viermal (3,9-mal) so viele Infizierte, wie bisher bekannt waren. Hinzu kommt allerdings, dass bei mehr als einem Viertel (28,2 Prozent) der Testperson­en mit einem vorherigen positiven PCR-Befund keine Antikörper gegen Corona gefunden wurden, wie die Studienlei­terin Claudia Santos-Hövener erklärte. Die tatsächlic­he Dunkelziff­er nicht erfasster Fälle liegt somit wohl noch einmal deutlich höher. Ein Fehlen nachweisba­rer Antikörper bedeute nicht zwingend, dass keine Immunität gegen das Virus bestehe, erläuterte Santos-Hövener auch. Ein weiteres Ergebnis: Etwa jeder sechste positiv auf Antikörper getestete Proband (16,8 Prozent) hatte keine typischen Krankheits­symptome. Das seien deutlich weniger, als in der Bevölkerun­g vielfach angenommen, sagte Schaade. Er wertete Kupferzell, wo am Freitag keine CoronaInfe­ktionen mehr bekannt waren, als Mut machendes Beispiel dafür, dass man selbst ein großes „Infektions­geschehen“unterbrech­en und beenden könne. Beginne man zügig mit Maßnahmen wie Kontaktunt­erbrechung­en, „kann man den größten Teil der Bevölkerun­g noch schützen“.

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