Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Jetzt stechen sie wieder

In diesem Sommer gibt es offenbar mehr Wespen als zuletzt – Rotes Kreuz hat viele Einsätze wegen „allergisch­er Reaktionen durch Tier“

- Von Kristina Staab

RAVENSBURG - Wer sich im Sommer gerne zum Essen nach draußen setzt, der kennt sie gut: die Wespe, die sich sofort todesmutig in die Apfelsafts­chorle stürzt. Ihr folgen immer mehr ihrer Brüder und Schwestern, sie krabbeln zwischen das Grillgut, schlürfen an Soßen oder Eis – kurzum sie lassen sich genau dort nieder, wo es besonders lästig ist.

Schmerzhaf­t und für Allergiker bisweilen gefährlich wird es, wenn Wespen zustechen. Und zu solchen Einsätzen musste das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Bodensee-Oberschwab­en nach eigenen Angaben diesen Monat oft ausrücken. Bisher 65-mal rief jemand den Rettungsdi­enst wegen einer „allergisch­en Reaktion durch Tier“.

Eine außergewöh­nliche Situation: „Die Menge ist bereits deutlich größer als im letzten Jahr im ganzen August“, berichtet DRK-Geschäftsf­ührer Volker Geier. Damals seien es im ganzen Monat 44 Einsätze gewesen. Laut Naturschüt­zern war 2019 zwar ein recht wespenarme­s Jahr. Doch auch im Vergleich zum August 2018 (83 Einsätze) wären es dieses Jahr – auf den Monat hochgerech­net – rund 50 Prozent mehr Notrufe.

Von „so vielen Wespen wie lange nicht“spricht der Schädlings­bekämpfer Achim Vogt aus Langenarge­n. Rund zehn ihrer Nester entferne er täglich – und das gehe schon seit zwei Wochen so. „Im vergangene­n Jahr waren es im ganzen Sommer vielleicht zehn“, sagt Achim Vogt. Im Einsatz ist er im östlichen Bodenseekr­eis – von Tettnang über Lindau bis Wangen im Allgäu.

Auch die Mitarbeite­rin des NABUBodens­eezentrums Lisa Maier trifft bei ihren Feldforsch­ungen besonders oft auf die Tiere. „Uns ist in der Region aufgefalle­n, dass es deutlich mehr Wespen gibt als in den Jahren zuvor.“Die Daten aus der Zählung „NABU-Insektenso­mmer“durch Ehrenamtli­che in Baden-Württember­g bestätigen den Eindruck: 2019 haben die Helfer in der vorgegeben­en Zeit rund 5000 Wespen gezählt – dieses Jahr waren es fast 25 000. 2018 stehen rund 8000 gezählte Wespen in der Tabelle.

Ob es viele oder wenige Wespen in einem Jahr gibt, hängt weitgehend von der Witterung ab. „Dieses Jahr war der Frühling sehr trocken, der ganze April war sonnig – das hat ihnen getaugt“, erklärt Lisa Maier. Wenn dazu der Winter mild war, also Königinnen gute Überlebens­chancen hatten, dann schlüpfen im Hochsommer besonders viele Wespen. Das ist aus Sicht der Naturschüt­zer nichts Schlechtes: „Die Wespen haben eine Funktion im Naturhaush­alt – sie regulieren als Jäger etwa Blattläuse und andere Insekten“, sagt Maier. Wespen seien sehr jahresabhä­ngig – daher sei nicht zwingend zu befürchten, dass 2021 noch mehr der Tiere schlüpfen werden. Außer natürlich: Der Winter wird mild und das Frühjahr trocken.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Lassen sich nieder, wo es lästig ist: Wespen.

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