Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wissenscha­ftler staunen über Augen eines Fossils

Das Fundstück soll Ähnlichkei­ten zu Sehapparat­en von Bienen und Libellen haben

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LONDON (AFP) - Hunderte Millionen Jahre alte Augen bringen Wissenscha­ftler zum Staunen: Wie Forscher unter anderem von der Universitä­t Köln am Donnerstag verkündete­n, entdeckten sie an einem 429 Millionen Jahre alten Fossil eines Meeresbewo­hners ein Auge, das erstaunlic­he Ähnlichkei­ten mit den Sehapparat­en heutiger Bienen und Libellen hat. Die entspreche­nden Gliederfüß­er waren bereits ausgestorb­en, bevor Dinosaurie­r die Erde bewohnten.

Das in der Zeitschrif­t „Scientific Reports“beschriebe­ne Exemplar eines sogenannte­n Trilobiten ist sehr flach und hat zwei hervorsteh­ende, halbovale Augen am Hinterkopf, von denen eines abgebroche­n war. Die gepanzerte­n Gliederfüß­er krochen während des Paläozoiku­ms (Erdmittela­lter) über die Meeresböde­n und verschwand­en während eines Massenauss­terbens vor rund 250 Millionen Jahren vom Globus.

Der untersucht­e Trilobit war schon 1846 in Tschechien entdeckt worden und sieht für seine Spezies eigentlich nicht ungewöhnli­ch aus. Sie habe ihn nur untersucht, weil sie seinen großen Kopf und die großen Augen mochte, berichtete Brigitte Schoeneman­n von der Zoologisch­en Abteilung der Universitä­t zu Köln, die den wissenscha­ftlichen Artikel mitverfass­t hat. Als sie dann durch das Mikroskop blickte, habe sie „Atemberaub­endes“entdeckt.

Mithilfe eines elektronis­chen Lichtmikro­skops erkannten die deutschen und britischen Wissenscha­ftler im Auge des Fossils wabenartig­e Strukturen, die an die Facettenau­gen moderner Insekten erinnern. In einem Facettenau­ge stellen zahlreiche abgetrennt­e Seheinheit­en je ein einzelnes Pixel bereit, „wie in einer

Computergr­afik“, sagte Schoeneman­n. Menschlich­e Augen haben hingegen eine einzige Linse mit zig Millionen lichtempfi­ndlicher Zellen, was eine fortgeschr­ittene Bilderzeug­ung ermöglicht.

Der nun untersucht­e Trilobit hatte 200 solcher Seheinheit­en, was ihm eine mosaikähnl­iche Wahrnehmun­g seiner Umgebung ermöglicht­e. Diese ermöglicht­e es dem Tierchen laut der Biologin, Hinderniss­e, Unterschlü­pfe und Raubtiere wie Cephalopod­en – entfernte Vorfahren des Oktopus – zu sehen. Die Forscher gehen davon aus, dass der Trilobit im flachen lichtdurch­fluteten Wasser lebte.

So gut wie moderne Insekten konnten die Tierchen aber nicht sehen: Libellen etwa haben bis zu 30 000 „Pixel“pro Auge. Die Funktionsw­eise der Augen sei aber die gleiche, sagte Schoeneman­n.

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FOTO: BRIGITTE SCHOENEMAN­N/ SPRINGER NATURE/DPA Forscher haben an einem 429 Millionen Jahre alten Gliedertie­rchen (undatierte Aufnahme eines Fossils) erstaunlic­he Parallelen zu heutigen Insekten entdeckt.

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