Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Corona verstärkt den Boom beim Radtourismus
Auftakt zur neuen SZ-Radserie: Warum vor allem die Region zu den Gewinnern der Pandemie zählt
REGION - Radfahren boomt. Schon seit Längerem, aber noch mehr während der Pandemie, wegen der viele ihren Urlaub im eigenen Land verbringen wollen oder sogar müssen. Diese neue Lust aufs Radeln, mit der sich auch eine neue SZ-Serie beschäftigt, bekommen in diesen Wochen und Monaten die hiesigen Beherbergungsbetriebe positiv zu spüren – viele sind sehr gut oder sogar ausgebucht. Für Fachleute zählt deshalb der heimische Tourismus allgemein, und der Radtourismus im Speziellen, zu den Corona-Gewinnern.
Man kann jetzt wirklich nicht behaupten, dass das Radfahren von den hiesigen Tourismus-Verantwortlichen bislang vernachlässigt worden ist. Seit vielen Jahren schon wirbt die Region Oberschwaben/Allgäu vehement um Radtouristen, von denen deshalb immer mehr in der Gegend unterwegs sind. Die hat in dieser Hinsicht bekanntlich einiges zu bieten: Beliebte Fernwege wie DonauBodensee-, Oberschwaben/Allgäuoder Bäder-Radweg führen mitten durch oder streifen die Region. Seit einigen Jahren gibt es zudem die Radrunde Allgäu, die mittlerweile auf eine Gesamtlänge von 475 Kilometern angewachsen ist und bald zu den wenigen Fünf-SterneRadwegen im Land zählen könnte. „Wir schöpfen beim Thema Rad wirklich
Die neue Lust aufs Radeln aus dem Vollen“, sagt Belinda Unger.
Das aktuelle Großprojekt der Geschäftsführerin des Zweckverbands Tourismus Württembergisches Allgäu, schon seit Längerem einer der Rad-Projektpartner der Allgäu GmbH, ist die „Radreiseregion“. 13 thematische Rundtouren ersetzen hierbei das frühere Klein-Klein bei den lokalen Radrunden. Die Beschilderung läuft derzeit, die Zertifizierung des Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Clubs (ADFC) soll noch in diesem Jahr abgeschlossen sein. Zeitgleich befindet sich das Mountainbike-Projekt der Allgäu GmbH auf der Zielgeraden, hier bildet die Region Wangen mit einer Rundtour den westlichen Abschluss. Das Angebot in der reizvollen hügeligen Landschaft ist für Radtouristen also riesig. Die Radrunde Allgäu und der E-BikeBoom der letzten Jahre hätten der Tourismusregion jeweils einen unheimlichen Schub gegeben, sagt Belinda
Unger. Und: „Es hört einfach nicht auf.“
Corona setzt jetzt noch eins drauf. Die absolute Zahl der Radtouristen sei in den letzten Wochen mehr geworden, vor allem im Tagestourismus habe es eine deutliche Steigerung gegeben, weiß die Wangener Gästeamtsleiterin und berichtet von einer Stadt, die „jeden Tag voll ist“. Besonders beliebt bei den Unterkünften seien die Ferienwohnungen, viele Touristen hätten während der Pandemie
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„einfach ein Bedürfnis nach Sicherheit“. Dieses Bedürfnis könne die Region voll erfüllen, so Unger, denn: „Wir haben nicht das Problem anderer touristischer Hotspots wie Oberstaufen oder Neuschwanstein, dass es zu viele Leute sind, die sich zudem unvernünftig verhalten.“
Profitieren würde die Region zudem davon, dass sich das Urlaubsverhalten der Menschen derzeit auch generell verändere: hin zu einer gewissen Sehnsucht nach bleibenden Erlebnissen, nach Zeit für sich und in der Natur, nach angstfreiem Reisen. „Wir sind eigentlich prädestiniert für diese Wünsche“, sagt Unger. Und sie ist überzeugt, dass der durch Corona verstärkte Boom beim (Rad-)Tourismus eine langfristige Wirkung hat. „Für die nächsten Jahre wird uns dies einen weiteren Schub geben“, so die Geschäftsführerin des Zweckverbands und zählt auch die heimische Tourismusregion zu den „Corona-Gewinnern“: „Weil viele quasi gezwungen werden, Urlaub in heimischen Gefilden zu machen, haben vielleicht auch viele hier ihr Aha-Erlebnis und kommen bei uns auf den Geschmack.“Das Radfahren in der Gegend dürfte also auf unbestimmte Zeit weiter boomen.