Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Basilika wird für sechs Jahre zur Baustelle
Käferbefall, Feuchtigkeit und Alter: Innensanierung soll 2021 beginnen und kostet fast 15 Millionen Euro
WEINGARTEN - Der Innenraum der Basilika in Weingarten wird für viele Jahre zu einer riesigen Baustelle. Da Käfer das Holz kaputtfressen, Malereien abspringen und Feuchtigkeit zum Problem wird, ist dieser Schritt laut Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen Ravensburg, unausweichlich. Schließlich wurde die Basilika letztmals im Jahr 1954 von innen saniert. Damit aber weiterhin Gottesdienste stattfinden und Besucher in die größte barocke Kirche nördlich der Alpen gelassen werden können, wird es vier Bauabschnitte geben. Läuft alles nach Plan, dürften die Arbeiten bis zum Jahr 2026/2027 abgeschlossen werden.
Doch zuvor müssen erst einmal die Gelder vom Land Baden-Württemberg bewilligt werden. Waren es ursprünglich rund zehn Millionen Euro, mit denen Zettler gerechnet hatte, sind es mittlerweile 14,4 Millionen Euro. „Mit diesem Betrag gehen wir an den Start. Fast 15 Millionen Euro. Das ist eine stolze Zahl“, sagt der Amtsleiter, der solch große Investitionen schon immer frühzeitig bei den entsprechenden Behörden in Stuttgart ankündigt. Daher ist er auch mit Blick auf die Innensanierung optimistisch, dass das klappen sollte. „Die Landesregierung legt viel Wert auf den Erhalt von Bausubstanz. Gerade bei so einem historischen Gebäude ist sehr viel Verständnis und Bereitschaft da“, sagt Zettler, dessen Team aktuell die sogenannten Bauunterlagen für das Kabinett zusammenstellt.
Dieses hat in den vergangenen 20 Jahren – unabhängig von der jeweiligen Koalition – gezeigt, dass ihnen die Basilika wichtig ist. Bereits im Jahr 2002 wurde der Südturm der Basilika restauriert. 2005 folgte das äußere Kuppeldach, 2011 der Nordturm und der Mittelbau. 2013 wurde dann die historische Gablerorgel restauriert. 2014/15 war dann das sogenannte Bruderhöfle dran. Von 2018 bis zum diesjährigen Blutfreitag wurde der gesamte Basilikavorplatz saniert, ein barrierefreier Zugang zur Basilika geschaffen und der Feuerwehr durch Versetzung der Begrenzungsmauern ein besserer Zugang ermöglicht. „Es gab immer etwas zu tun. Da nagt einfach der Zahn der Zeit daran“, sagt Zettler auch mit Blick auf die bevorstehenden Arbeiten,
die 2021 beginnen sollen. „Wenn man noch zehn bis zwanzig Jahre warten würde, hätten wir das dreifache Schadensbild.“
Doch ist das für den normalen Besucher mit etwas Abstand zu den Decken und Fresken gar nicht so einfach zu erkennen. Erst bei näherer Betrachtung fällt auf, wie viel gemacht werden muss. Und letztlich ging es so sogar den Experten. Im vergangenen Jahr wurden die ersten Bestandserhebungen gestartet und fotogrammetrische Aufnahmen gemacht. Dabei wurde festgestellt, dass sich im Dachraum und Chorgestühl der „Blaue Fellkäfer“sowie der „Gemeine Nagekäfer“eingenistet haben. Diese sollen mit einem Gas innerhalb von kleinen Schleusen bekämpft werden. „Zum Glück ist nichts an der Gablerorgel“, sagt Zettler.
In einem weiteren Schritt wurde von Februar bis Mai eine sogenannte Schadensquartierung gemacht. Dabei wurde ein Abschnitt der Basilika genauer untersucht. Anhand dessen konnte der Schaden hochgerechnet werden, weswegen nun die Kosten auch deutlich höher liegen als eingangs angenommen.
Denn bei der Schadensquartierung kam eine lange Mängelliste zustande: Die sogenannten Kapitelle (der jeweilige, meist verzierte, Abschluss der Säulen) sind verschmutzt und müssen gereinigt werden. Gleiches gilt für Skulpturen und die Altäre. In manchen Skulpturen und im Putz gibt es zudem Risse.
Darüber hinaus müssen einige Fenster ausgebessert und die Feuchtigkeit außen am Sockelboden in den Griff bekommen werden, weswegen die Arbeiten auch teilweise an der Außenfassade stattfinden. „Zudem werden alte Elektroleitungen erneuert, die Brandanlage ausgetauscht und eine neue Beleuchtung installiert. Auch müssen einige Fresken und Malereien gefestigt und ausgebessert werden. „Die Deckengemälde hängen direkt an der Dachschale. Da gibt es immer Bewegung“, erklärt Zettler.
Er hofft, zwischen acht und zehn Restauratoren zu bekommen, damit der Zeitplan – durch die Corona-Pandemie wurde ein halbes Jahr verloren – eingehalten werden kann. Dabei hat sein Team die Basilika in vier Bereiche eingeteilt. Für jeden Bauabschnitt sind eineinhalb Jahre eingeplant. „Durch die Bauabschnitte können wir den Kirchenbetrieb aufrechterhalten. Außerdem würden wir auf einmal nie so viele Restauratoren bekommen“, meint Zettler.
Für den ersten Bauabschnitt – das zweite Viertel hinter dem Eingang – sollen noch in diesem Jahr, gegen Jahresende, die benötigten Gerüste aufgestellt werden, bevor der Bestand
dann noch einmal genauer erfasst wird und es dann im neuen Jahr mit der Restaurierung losgehen kann. Die Gerüste werden dabei so aufgestellt, dass die Besucher durch eine Art kleinen Tunnel am jeweiligen Bauabschnitt vorbei und in den vorderen Teil der Basilika kommen. Dabei hofft Zettler auf das Verständnis der Gläubigen und Besucher: „Das ist natürlich eine Einschränkung. Aber das ist bei solchen Bauwerken einfach so. Wir werden Rücksicht nehmen und die Besucher werden dafür Verständnis haben.“
Im Übrigen wird sich wohl kaum jemand mit so einer Beeinträchtigung im Innenraum noch einmal stören können. „Jetzt gibt es viel bessere Techniken und wir arbeiten noch gründlicher als 1954/55. Ich gehe davon aus, dass das 100 Jahre hält“, sagt Zettler.