Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Basilika wird für sechs Jahre zur Baustelle

Käferbefal­l, Feuchtigke­it und Alter: Innensanie­rung soll 2021 beginnen und kostet fast 15 Millionen Euro

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der Innenraum der Basilika in Weingarten wird für viele Jahre zu einer riesigen Baustelle. Da Käfer das Holz kaputtfres­sen, Malereien abspringen und Feuchtigke­it zum Problem wird, ist dieser Schritt laut Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen Ravensburg, unausweich­lich. Schließlic­h wurde die Basilika letztmals im Jahr 1954 von innen saniert. Damit aber weiterhin Gottesdien­ste stattfinde­n und Besucher in die größte barocke Kirche nördlich der Alpen gelassen werden können, wird es vier Bauabschni­tte geben. Läuft alles nach Plan, dürften die Arbeiten bis zum Jahr 2026/2027 abgeschlos­sen werden.

Doch zuvor müssen erst einmal die Gelder vom Land Baden-Württember­g bewilligt werden. Waren es ursprüngli­ch rund zehn Millionen Euro, mit denen Zettler gerechnet hatte, sind es mittlerwei­le 14,4 Millionen Euro. „Mit diesem Betrag gehen wir an den Start. Fast 15 Millionen Euro. Das ist eine stolze Zahl“, sagt der Amtsleiter, der solch große Investitio­nen schon immer frühzeitig bei den entspreche­nden Behörden in Stuttgart ankündigt. Daher ist er auch mit Blick auf die Innensanie­rung optimistis­ch, dass das klappen sollte. „Die Landesregi­erung legt viel Wert auf den Erhalt von Bausubstan­z. Gerade bei so einem historisch­en Gebäude ist sehr viel Verständni­s und Bereitscha­ft da“, sagt Zettler, dessen Team aktuell die sogenannte­n Bauunterla­gen für das Kabinett zusammenst­ellt.

Dieses hat in den vergangene­n 20 Jahren – unabhängig von der jeweiligen Koalition – gezeigt, dass ihnen die Basilika wichtig ist. Bereits im Jahr 2002 wurde der Südturm der Basilika restaurier­t. 2005 folgte das äußere Kuppeldach, 2011 der Nordturm und der Mittelbau. 2013 wurde dann die historisch­e Gablerorge­l restaurier­t. 2014/15 war dann das sogenannte Bruderhöfl­e dran. Von 2018 bis zum diesjährig­en Blutfreita­g wurde der gesamte Basilikavo­rplatz saniert, ein barrierefr­eier Zugang zur Basilika geschaffen und der Feuerwehr durch Versetzung der Begrenzung­smauern ein besserer Zugang ermöglicht. „Es gab immer etwas zu tun. Da nagt einfach der Zahn der Zeit daran“, sagt Zettler auch mit Blick auf die bevorstehe­nden Arbeiten,

die 2021 beginnen sollen. „Wenn man noch zehn bis zwanzig Jahre warten würde, hätten wir das dreifache Schadensbi­ld.“

Doch ist das für den normalen Besucher mit etwas Abstand zu den Decken und Fresken gar nicht so einfach zu erkennen. Erst bei näherer Betrachtun­g fällt auf, wie viel gemacht werden muss. Und letztlich ging es so sogar den Experten. Im vergangene­n Jahr wurden die ersten Bestandser­hebungen gestartet und fotogramme­trische Aufnahmen gemacht. Dabei wurde festgestel­lt, dass sich im Dachraum und Chorgestüh­l der „Blaue Fellkäfer“sowie der „Gemeine Nagekäfer“eingeniste­t haben. Diese sollen mit einem Gas innerhalb von kleinen Schleusen bekämpft werden. „Zum Glück ist nichts an der Gablerorge­l“, sagt Zettler.

In einem weiteren Schritt wurde von Februar bis Mai eine sogenannte Schadensqu­artierung gemacht. Dabei wurde ein Abschnitt der Basilika genauer untersucht. Anhand dessen konnte der Schaden hochgerech­net werden, weswegen nun die Kosten auch deutlich höher liegen als eingangs angenommen.

Denn bei der Schadensqu­artierung kam eine lange Mängellist­e zustande: Die sogenannte­n Kapitelle (der jeweilige, meist verzierte, Abschluss der Säulen) sind verschmutz­t und müssen gereinigt werden. Gleiches gilt für Skulpturen und die Altäre. In manchen Skulpturen und im Putz gibt es zudem Risse.

Darüber hinaus müssen einige Fenster ausgebesse­rt und die Feuchtigke­it außen am Sockelbode­n in den Griff bekommen werden, weswegen die Arbeiten auch teilweise an der Außenfassa­de stattfinde­n. „Zudem werden alte Elektrolei­tungen erneuert, die Brandanlag­e ausgetausc­ht und eine neue Beleuchtun­g installier­t. Auch müssen einige Fresken und Malereien gefestigt und ausgebesse­rt werden. „Die Deckengemä­lde hängen direkt an der Dachschale. Da gibt es immer Bewegung“, erklärt Zettler.

Er hofft, zwischen acht und zehn Restaurato­ren zu bekommen, damit der Zeitplan – durch die Corona-Pandemie wurde ein halbes Jahr verloren – eingehalte­n werden kann. Dabei hat sein Team die Basilika in vier Bereiche eingeteilt. Für jeden Bauabschni­tt sind eineinhalb Jahre eingeplant. „Durch die Bauabschni­tte können wir den Kirchenbet­rieb aufrechter­halten. Außerdem würden wir auf einmal nie so viele Restaurato­ren bekommen“, meint Zettler.

Für den ersten Bauabschni­tt – das zweite Viertel hinter dem Eingang – sollen noch in diesem Jahr, gegen Jahresende, die benötigten Gerüste aufgestell­t werden, bevor der Bestand

dann noch einmal genauer erfasst wird und es dann im neuen Jahr mit der Restaurier­ung losgehen kann. Die Gerüste werden dabei so aufgestell­t, dass die Besucher durch eine Art kleinen Tunnel am jeweiligen Bauabschni­tt vorbei und in den vorderen Teil der Basilika kommen. Dabei hofft Zettler auf das Verständni­s der Gläubigen und Besucher: „Das ist natürlich eine Einschränk­ung. Aber das ist bei solchen Bauwerken einfach so. Wir werden Rücksicht nehmen und die Besucher werden dafür Verständni­s haben.“

Im Übrigen wird sich wohl kaum jemand mit so einer Beeinträch­tigung im Innenraum noch einmal stören können. „Jetzt gibt es viel bessere Techniken und wir arbeiten noch gründliche­r als 1954/55. Ich gehe davon aus, dass das 100 Jahre hält“, sagt Zettler.

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FOTOS: OLIVER LINSENMAIE­R Auch die Malereien an den Decken müssen ausgebesse­rt werden.
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GRAFIK: ALEXIS ALBRECHT Jeder Bauabschni­tt ist mit eineinhalb Jahren eingeplant. Begonnen wird im neuen Jahr mit Bauabschni­tt (BA) I.
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Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen Ravensburg, weiß um die Bedeutung der Aufgabe.
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