Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einfach überrollt
8:2-Gala – Der FC Bayern lässt dem großen FC Barcelona im Viertelfinale der Königsklasse keine Chance
LISSABON (SID) - Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic lagen sich in den Armen, der schwer geschlagene Weltfußballer Lionel Messi dagegen zog sich nur wenige Meter daneben seine Kapitänsbinde ab und blickte nach einem historischen Abend mit versteinerter Miene in den Nachthimmel über Lissabon. Was für ein Spiel! Der siegeshungrige FC Bayern München demontierte den FC Barcelona im Viertelfinale der Champions League mit 8:2 (4:1) und spielte sich dabei in einen Rausch.
„Wir sind natürlich sehr euphorisch“, sagte Leon Goretzka kurz nach dem Schlusspfiff bei Sky und bekannte: „Das ist was ganz Besonderes, so richtig realisieren kann man das noch nicht.“Die Münchner unterstrichen in einem einseitigen Duell der Giganten eindrucksvoll ihre Ambitionen auf den sechsten Gewinn
des Henkelpotts. „Das Selbstvertrauen ist da, und es wird mit Sicherheit auch nicht weniger. Aber das war erst ein Schritt von dreien“, sagte Goretzka. Im Halbfinale wartet am Mittwoch Manchester City oder Olympique Lyon.
In ihrer derzeitigen Verfassung muss die Mannschaft von Meistermacher Flick, für die Thomas Müller (4./31.), Ivan Perisic (21.), Serge Gnabry (27.), Joshua Kimmich (63.), Robert Lewandowski (82.) und Coutinho (85./89.) trafen, aber keinen keinen Gegner fürchten. Nach dem 19. Pflichtspielsieg stehen die Bayern in Europas Königsklasse zum 13. Mal in der Runde der letzten Vier, bislang fünf Mal haben sie danach das Finale erreicht – und zweimal gewonnen (2010, 2013).
„Schon brutal, schwierig zu begreifen“, sagte Kimmich zum grandiosen Sieg, gegen dessen Ende die
„Tore wie im Rausch fielen“, wie Goretzka ergänzte. Nur in der wilden Anfangsphase sahen die Bayern ein paar Mal nicht so gut aus, vor und nach dem Eigentor von David Alaba zum Ausgleich für Barça (7.) wackelten sie in der Abwehr in einigen Szenen. „Das 1:1 war ein kleiner Dämpfer, aber wir haben uns nicht beirren lassen, das hat den Unterschied gemacht“, so Goretzka. In der Tat.
Trotz des Eigentors und hervorragender, von Torhüter Manuel Neuer aber großartig vereitelter Chancen von Luiz Suarez, dessen Treffer zum zwischenzeitlichen 4:2 (57.) ein Schönheitsfehler blieb, behielten die Münchner die Ruhe. Sie zogen ihr Spiel diszipliniert und mit hohem Einsatz durch. Ihre Wackler in der Abwehr stellten sie weitgehend ab, im Gegensatz zu Barcelona, das bisweilen überfordert wirkte. Tatsächlich hätten noch schlimmer kommen können: Lewandowski aber scheiterte vor seinem Treffer zweimal an ter Stegen.
Nach dem Sieg von RB Leipzig, das nun auf Thomas Tuchel und Paris St. Germain trifft, stehen damit erstmals seit 2013 wieder zwei deutsche Mannschaften in der Runde der letzten Vier: Damals hatten sich der FC Bayern und Borussia Dortmund schließlich im Finale gegenübergestanden, im Londoner Wembleystadion gewannen die Münchner 2:1.
In Flick, Tuchel und Julian Nagelsmann werden erstmals in der Geschichte der Champions League drei Halbfinalisten von Trainern aus demselben Land betreut. Angesichts seiner anhaltenden Erfolgsserie hat Flick nach wie vor beste Chancen, am Ende auch den Henkelpott in die Höhe zu stemmen: Es wäre der sechste für die Münchner, die jetzt seit imposanten 27 Spielen ohne Niederlage
in Pflichtspielen sind. Dennoch weiß auch Hansi Flick: „Natürlich kann man sagen, dass das ein Statement ist, aber auch das nächste Spiel fängt wieder bei Null an.“