Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erst Corona, dann der Sturz
Lindauer Mountainbiker Pirmin Eisenbarth erlebt ein ganz hartes Jahr
LINDAU - Wenn man so will, ist der Gips an seinem linken Arm noch das kleinste Problem von Pirmin Eisenbarth. Bei einem Trainingssturz aus großer Höhe hat sich der Lindauer Profimountainbiker eine Gehirnerschütterung zugezogen und den Daumen gebrochen. Ein Stück Knochen ist abgesplittert, am Montag wurde er operiert. „Jetzt bin ich sicher erst mal fünf bis sechs Wochen außer Gefecht“, sagt der 25-Jährige am Telefon. Trotzdem bleibt er optimistisch. „Mir geht es gut. Ich bin guter Dinge, dass das alles wieder heilt und ich schon bald wieder auf dem Rad sitze.“
Dabei hätte der Lindauer allen Grund, Trübsal zu blasen, schließlich meint es das Schicksal im Jahr 2020 überhaupt nicht gut mit ihm. Nach seinem Wechsel zum Team Texpa Simplon wollte Eisenbarth in diesem Jahr eigentlich den nächsten Schritt in seiner Entwicklung machen. Er startete hoch motiviert in die Saisonvorbereitung, reiste ins Trainingslager auf Mallorca und befand sich in exzellenter Form für die ersten Frühjahrsrennen. Doch dann kam Corona – und traf ihn gleich doppelt. Nicht nur, dass nahezu alle Saisonwettbewerbe innerhalb kürzester Zeit abgesagt wurden, zu allem Überfluss infizierten sich der Lindauer und seine Familie selbst mit dem tückischen Virus.
Einen Monat lang mussten die Eisenbarths in häusliche Quarantäne. „Das war echt hart“, sagt der Mountainbiker, der es liebt und gewohnt ist, draußen in der Natur zu sein. Von der Erkrankung hat er zunächst gar nicht so viel gemerkt. Leichtes Fieber habe er gehabt, sei stets müde gewesen. Erst jedoch, als er nach etwa zwei Wochen wieder vorsichtig ins
Training einsteigen wollte, merkte Pirmin Eisenbarth, wie schwer die Infektion seinen Körper wirklich getroffen hatte. „Ich hatte schon bei der geringsten Belastung einen Puls von 170. Das war echt brutal.“
Es dauerte mehrere Wochen, bis sich sein Körper von der Krankheit erholt hatte. Als der Marathonfahrer merkte, dass die Kräfte zurückkehren, war er umso motivierter, zurück in Form zu finden, um zumindest den Rest der Saison – sollte es denn einen geben – noch erfolgreich zu gestalten. Aus Mangel an Rennen organisierte Eisenbarth gemeinsam mit drei Freunden eine eigene Herausforderung: 500 Kilometer auf dem Rennrad an nur einem Tag. „Wir waren von vier Uhr morgens bis zehn Uhr abends unterwegs. Das war eine krasse Erfahrung.“Und
Mountainbiker Pirmin Eisenbarth über seine schwierige Saison 2020 für ihn ein Beleg, dass er noch immer viel Kraft in den Beinen hat.
Als dann klar wurde, dass im Sommer auch wieder Rennen stattfinden werden, war die Motivation endgültig zurück. Mit seinem Friedrichshafener Teamkollegen Markus Kaufmann, mit dem er befreundet ist, bereitete sich Eisenbarth intensiv auf den Restart vor. „Das war Bombe. Wir haben sensationell trainiert.“Und der Aufwand wurde belohnt: „So glücklich über das Ergebnis beim Saison-Restart“, schrieb er auf Instagram nach seinem 31. Platz beim sehr gut besetzten Engadin Bike Giro. Nur ein Reifenschaden auf der zweiten Etappe verhinderte, dass der Lindauer noch weiter vorne landet.
Eisenbarth war bereit, zumindest den noch verbleibenden Rest der Saison positiv zu gestalten. Doch dann kamen die nächsten Rückschläge. Erst wurde die deutsche Meisterschaft, die bereits von Mai in den September und aus Heuberg nach Singen verlegt worden war, doch noch ganz abgesagt, dann kam der
Sturz im Training – und die erneute Pause. „Das ist natürlich bitter, gerade jetzt, wo es wieder losgeht. Man hat einfach keine Chance, sich zu beweisen.“Dabei war genau das sein Ziel – seinem neuen Team zu zeigen, dass es mit seiner Verpflichtung alles richtig gemacht hat. Immerhin: Auch wenn noch nichts offiziell ist, ist der 25-Jährige nach Gesprächen mit der Teamleitung optimistisch, auch im nächsten Jahr für das Team Texpa Simplon fahren zu dürfen.
Dann will Pirmin Eisenbarth wieder voll angreifen. Die aktuelle Saison hat er hingegen weitgehend abgehakt. Wenn es der Heilungsverlauf und sein Daumen zulassen, möchte er eventuell im Oktober noch bei einem Rennen in Münsingen starten. Statt der sonst üblichen 15 bis 20 im Jahr käme er dann immerhin auf zwei Wettbewerbe im Jahr 2020. „Ansonsten ist jetzt Wandern meine neue Sportart für dieses Jahr“, sagt er. Zurück in den Bergen findet er genug Zeit und Ruhe, um dieses schwierige Jahr zu verarbeiten.
„Ansonsten ist jetzt Wandern meine neue Sportart für dieses Jahr.“